Für den Erhalt aller Arbeitsplätze
Die Insolvenz des Reiseanbieters Thomas Cook droht auch die Fluglinie Condor mit in den Abgrund zu reisen. Die geforderten Übergangskredite nutzt Condor nun als Wettbewerbsvorteil.
von Steve Hollasky, Dresden
„Wir sind nicht mit Air Berlin zu vergleichen“, mit diesen schon trotzig wirkenden Worten lässt sich Ralf Teckentrup vom Management der Fluglinie Condor am Samstag, den 05.10.19 in der Online-Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ zitieren. Die Abgrenzung von der einst zweitgrößten und inzwischen insolventen Fluglinie Deutschlands ist mehr als nötig, fliegen die Maschinen von Condor doch durch dunkle Zeiten. Mit der Pleite des Reiseanbieters Thomas Cook hat Condor zwanzig Prozent der Aufträge verloren. Schnell geriet das Unternehmen ins Trudeln.
Das Management bemüht sich seither um verbale Schadensbegrenzung. Andere Reiseanbieter hätten mehr gekauft und die Verluste durch die Thomas-Cook-Pleite somit zumindest teilweise ausgeglichen. Das allein schien jedoch nicht zu helfen. Schnell rief Condor den Bund und das Land Hessen um einen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro um Hilfe. Sechs Monate soll das Darlehen laufen und der Fluglinie über die klammen Zeiten helfen.
LINKE
Eine gute Idee, scheint zumindest die Partei DIE LINKE zu glauben. Während die Europäische Union das Ansinnen der Fluglinie noch prüfte, forderte Pascal Meiser, LINKE-Bundestagsabgeordneter, bereits der klammen Fluggesellschaft mit einer Finanzspritze aus der Patsche zu helfen.
Dabei solle man die Fehler, die man bei der Zahlung eines ähnlichen Darlehens an Air Berlin gemacht habe „nicht wiederholen“, wie Meiser in einer Presseerklärung am 24. September festhielt. Der dienstleistungspolitische Sprecher der LINKE-Fraktion forderte damit an genau dem Tag, an dem Condor eine Zusage für eine Kreditierung durch den Bund erhielt, „klare Bedingungen“ für diese Liquiditätshilfe.
So solle es laut Meiser ein „tragfähiges Konzept für die Zukunft der Arbeitsplätze bei Condor geben“. Darin sollten auch „die Rechte der Beschäftigten verbindlich abgesichert werden“, so Meiser weiter. Dies solle auch bei einer Übernahme durch Dritte gelten. Zukünftig brauche es eine „Insolvenzversicherungspflicht für alle Flugreisen“, wie Meiser in derselben Presseerklärung darlegt.
Meisers Forderungen stehen damit im Widerspruch zu den Äußerungen des LINKE-Vorsitzenden Bernd Riexinger, der im Juli unter großer medialer Aufmerksamkeit die Verstaatlichung der Fluglininen gefordert hatte, weil der Konkurrenzkampf am Himmel „zum Nachteil der Beschäftigten und zulasten des Klimas“ gehe, so der LINKE-Chef.
Zweifelsohne trifft diese Beschreibung – zumal in der aktuellen Situation – auch auf Condor zu. Nur scheint DIE LINKE in genau der Situation, in der die Forderung nach Verstaatlichung nur allzu logisch erscheinen würde, von ihrer eigenen Forderung nicht mehr viel wissen zu wollen.
Stattdessen gibt man grundsätzlich dem Condor-Management und dessen Forderung nach Staatsgeld Recht. Wie Condor damit umgeht, hat am Freitag, den 04.10.19 das Magazin „Der Spiegel“ recherchiert. Mit sogenannten „Schnell-mal-in-die-Sonne“-Angeboten lockt die staatlich finanzierte Fluglinie mit Angeboten, die weit unterhalb der üblichen Preise liegen: So kann man mit Condor-Maschinen für 30 Euro von Hamburg nach Mallorca und für 160 Euro von Frankfurt nach Kuba fliegen, so der Spiegelbericht weiter. Condor erklärte auf Presseanfragen, die Rabattaktion sei schon lange geplant und nicht mehr abzusagen gewesen.
Demokratische Kontrolle und Verwaltung
Dass Condor den Überbrückungskredit nun scheinbar dafür verwendet, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, macht deutlich, dass diese Art der Rettungsaktionen im Interesse der Konzernchefs sind. Staatliche Gelder werden genutzt, um das Kapital vor Verlusten zu schützen, aber Arbeitsplätze und Löhne sind damit noch lange nicht gesichert. Gerade deshalb ist die Forderung nach Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten, Vertreter*innen und Vertreter*innen aus Gewerkschaften sowie der Umweltbewegung mehr als notwendig. So könnte man die Geschäftsbücher öffnen und sehr genau prüfen, wie es um die finanzielle Lage des Unternehmens wirklich bestellt ist. Zudem könnte ein Plan ausgearbeitet werden, wie Arbeitsplätze erhalten werden, die Arbeitszeiten ohne Lohnverzicht verkürzt werden, und wo nötig, eine Umstellung auf andere Transportmittel stattfinden kann, ohne eine einzige Kollegin oder Kollegen zu entlassen.
Eine Verstaatlichung von Condor wäre ein erster Schritt auf dem Weg, Fluglinien dem privatkapitalistischen Betrieb zu entziehen, wie es Riexinger gefordert hatte, und den Einsatz der Verkehrsmittel zum Wohle der Gesellschaft – ökologisch und sozial – demokratisch zu planen. Das wäre weitaus sinnvoller als Kredite an marode Unternehmen, die an Bedingungen geknüpft werden, deren Einhaltung ohnehin kaum zu kontrollieren sind.