Dokumentiert: Stellungnahme der linksjugend[‘solid] Nordrhein-Westfalen
Wir dokumentieren hier die Stellungnahme der linksjugend[‘solid] NRW zur Stimmabgabe Bodo Ramelows für einen AfD-Kandidaten bei der Wahl zum Landtags-Vizepräsidenten in Thüringen.
Eine staatstragende LINKE macht sich überflüssig! Sozialistischer Kurswechsel nötig!
Bodo Ramelow, der gestern nach seiner Wiederwahl zum Ministerpräsidenten Thüringens noch dafür gefeiert wurde, dass er dem Faschisten Björn Höcke nicht die Hand gegeben hat, wählte noch am selben Abend den Thüringer AfD-Abgeordneten Michael Kaufmann zum Vizepräsidenten des Landtags. Das ist selbst für einen so durch und durch staatstragenden und angepassten „Linken“ wie Ramelow ein Dammbruch und muss von der Partei aufs Schärfste zurückgewiesen werden.
Viele Menschen, die in den letzten Wochen gegen die Kooperation von FDP und CDU mit der AfD in Thüringen auf die Straße gegangen sind, die sich über die Wiederwahl eines LINKE-Ministerpräsidenten angesichts der Ereignisse der letzten Wochen gefreut haben, werden fassungslos sein. Der Schaden für DIE LINKE ist riesig – es ist ein Schlag ins Gesicht für alle antirassistischen Aktivist*innen und die, die auf die Partei ihre Hoffnungen setzen, die AfD zurückzudrängen. Diese Wahl schadet der LINKEN hundert mal mehr als die bürgerliche Hetzkampagne nach der richtigen Feststellung von Bernd Riexinger, dass Reiche nach einer Revolution sich nützlich machen sollten. An dieser Kampagne der Springer-Presse beteiligte sich Bodo Ramelow selbst noch unermüdlich und twitterte, dass das nicht seinem „Wertekanon“ entspräche. Wenn die Wahl von AfD-Abgeordneten in parlamentarische Positionen seinem „Wertekanon“ hingegen nicht widerspricht, möchten wir ihn fragen, ob er in einer linken Partei richtig aufgehoben ist. Mit linker Politik hat das jedenfalls nichts zu tun.
Ramelow begründet seine Stimmabgabe damit, dass er die „Parlamentsregeln achte“: „Ich habe mich sehr grundsätzlich entschieden, auch mit meiner Stimme den Weg frei zu machen für die parlamentarische Teilhabe, die jeder Fraktion zugebilligt werden muss!“ Das offenbart leider, wie tief er sich im parlamentarischen Sumpf mit seinen ach so demokratischen Spielregeln beheimatet fühlt. Vielleicht will er damit auch zeigen, dass er zu wirklich allem bereit ist, um seine Loyalität zum bürgerlichen Establishment zu beweisen und die LINKE um jeden Preis „regierungsfähig“ machen will. Damit treibt er allerdings nur eine Tendenz auf die Spitze, die von einem großen Teil der LINKEN – gerade auch in Thüringen – leider mitgemacht wird. Während dieser Schritt sicher auch in der Thüringischen LINKEN vielen zu weit geht, war die lokale Parteiführung zuletzt sogar bereit eine Übergangsregierung unter Führung der CDU-Politikerin Christine Lieberknecht vorzuschlagen.
Eine sozialistische Partei sollte es sich zur Aufgabe machen soziale Kämpfe von Beschäftigten und sozial Benachteiligten gegen die Politik der Herrschenden voranzutreiben und ihnen im Parlament eine Stimme zu geben. Mit einem Wahlergebnis wie in Thüringen hätte man als stärkste Partei ein sozialistisches Regierungsprogramm, d.h. zum Beispiel die Enteignung der Immobilienkonzerne, die Einführung eines kostenlosen ÖPNVs, massive Investitionen ins Gesundheitssystem, den Neubau kommunaler Wohnungen, usw zur Abstimmung stellen können. Gestützt auf Mobilisierungen der Arbeiterklasse hätte man den Konflikt mit den bürgerlichen Parteien eingehen die AfD als arbeiterfeindlich entlarven können. Ein LINKE-Ministerpräsident hat das Adjektiv „links“ hingegen nicht verdient, wenn er einen Rechtspopulisten in ein parlamentarisches Amt mithievt. DIE LINKE muss stattdessen einen Weg aufzeigen, wie die AfD zurückgedrängt und wie der kapitalistische Nährboden für Rassismus und Faschismus überwunden werden kann. Dafür braucht es keine parlamentarischen Spiele, sondern die Einheit auf der Straße mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen im Kampf für höhere Löhne, bezahlbare Mieten, gegen Rassismus und Ausgrenzung. DIE LINKE muss sich unmissverständlich abgrenzen von allen pro-kapitalistischen Parteien, nicht nur der AfD, sondern auch von CDU, FDP, SPD oder Grüne, die mit ihrer Politik für die Banken und Konzerne den Boden für Rassismus bereiten.