Schlechte Aussichten für Azubis

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Corona und Kapitalismus verschärfen vorhandene Probleme

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaftskrise vertieft, eingesetzt hatte diese jedoch bereits zuvor. Auszubildende, Schüler*innen und Studierende sind besonders betroffen.

von Arthur Gubar, Lemgo 

Wer dieses Jahr Schule oder Studium abgeschlossen hat, findet schlechte Bedingungen für den Berufseinstieg vor. In vielen Firmen wurden Ausbildungsplätze gekürzt oder es wurde gar ein genereller Einstellungsstopp verhängt. Für zahlreiche Auszubildende, die dieses oder nächstes Jahr ihre Ausbildung abschließen, ist die Übernahme in den Betrieb ungewiss. Es sind oft die jüngsten Beschäftigten, die befristete Arbeitsverträge haben und bei Entlassungswellen als erste ihren Arbeitsplatz verlieren. Jugendliche sind mit die Ersten, die in der Krise vor Arbeitslosigkeit, Geldmangel und Existenzängsten stehen.

Die Folge ist, dass im September mehr als 292.000 und damit 5,6 Prozent der Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren arbeitslos waren. Dies ist ein Anstieg um fast vierzig Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit ist Deutschland zwar bisher noch weit entfernt von der Massenjugendarbeitslosigkeit wie in Griechenland oder Spanien, die mit Werten von über vierzig Prozent die traurigen Spitzenreiter von Europa sind. Dennoch führt das sprunghafte Wachstum dazu, dass unter Jugendlichen in Deutschland die Sorge vor Arbeitslosigkeit zunimmt. Des Weiteren muss man davon ausgehen, dass mit dem Wiedereinsetzen der Insolvenzpflicht und dem Auslaufen der Corona-Hilfspakete spätestens im nächsten Jahr tausende Unternehmen schlagartig zahlungsunfähig werden. Die darauffolgenden Entlassungswellen bis hin zu Betriebsschließungen werden die Situation der Jugend weiterhin zuspitzen.

Berufsschulen als potenzielle Infektionsherde

Doch neben der Unsicherheit, seinen Arbeitsplatz in der Zukunft halten zu können, stellt der erneute Anstieg der Corona-Infektionszahlen Auszubildende vor akute Probleme. Mit den steigenden Infektionszahlen, insbesondere unter jungen Menschen, geht die erhöhte Gefahr einer Infektion in Berufsschulen einher. Ausbrüche in Schulen nach Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen konnten in den letzten Monaten bereits in zunehmendem Ausmaß beobachtet werden. 

Die wichtigste Maßnahme zur Reduzierung der Infektionsgefahr und Gewährleistung der Weiterbildung ist die Reduzierung der Klassengrößen. Deren Umsetzung wird jedoch durch die neoliberale Sparpolitik im Bildungssystem behindert: Da die bürgerlichen Parteien an der Ausbildung von Lehrkräften und der Bereitstellung von genügend Räumlichkeiten gespart haben, sind diese nun im Corona-Notfall nicht verfügbar. Insbesondere an Berufsschulen ist die Folge ein struktureller Lehrermangel, der die Aufrechterhaltung des Unterrichts erschwert. 

Was tun?

Doch statt endlich in ausreichendem Umfang in mehr Personal und bessere Ausstattung von Schulen zu investieren, werden Jugendliche und Lehrkräfte allein gelassen. Gleichzeitig versuchen die bürgerlichen Parteien die Profite einer kleinen Minderheit zu retten – auf dem Rücken der Jugend und der Arbeiter*innenklasse. So gingen von der Bundesregierung bedingungslos 600 Milliarden Euro zur Stützung der Profite von Großkonzernen, während zum Beispiel nur 500 Millionen Euro in die Sicherung von Ausbildungsplätzen gesteckt wurden. Der Kapitalismus wird durch Massenarbeitslosigkeit die Perspektiven von Jugendlichen klauen. Aber nur wenn man ihm nichts entgegensetzt. Denn Jugendliche und Beschäftigte können sich organisieren und für eine Gesellschaft kämpfen, die allen Menschen ein gutes Leben garantieren kann.

Wir als Sol setzen uns in der LINKEN und den Gewerkschaften für einen kämpferischen Kurs ein: gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf die arbeitende Bevölkerung und für die Verteidigung jeden Arbeitsplatzes! LINKE und Gewerkschaften sollten den Aufbau einer politischen Massenbewegung im Betrieb und auf der Straße beginnen, welche die geplanten Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse und die Jugend zurückschlägt und einen Weg aus der Krise zeigt.

Wir kämpfen für eine Ausbildungsquote von mindestens 10 Prozent in jedem Unternehmen, ein garantiertes Recht auf einen wohnortnahen Ausbildungsplatz, die Übernahme im erlernten Beruf, eine drastische Erhöhung der Ausbildungsvergütung und ein öffentliches Investitionsprogramm in den Bereichen Soziales, Bildung, Gesundheit und Umwelt zur Schaffung sicherer und tarifgebundener Arbeits- und Ausbildungsplätze – finanziert durch die Profite der Banken und Konzerne. 

Wir stehen für eine sozialistische Alternative zum kapitalistischen Wahnsinn. Denn zur Durchsetzung dieser Ziele muss dieser Kampf verbunden werden mit der grundsätzlichen Forderung nach Enteignung und Überführung der Banken und Konzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung. Ausbildungsplätze würden so nicht mehr dem Profitstreben und Ermessen der Konzernbosse unterliegen, sondern könnten durch die Gesellschaft demokratisch im Interesse der Mehrheit geregelt werden. 

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Lage von Studierenden

Auch für Studierende (vor allem aus Arbeiterfamilien) verschärft sich die soziale Lage durch die Pandemie. Infolge der Wirtschaftskrise haben 40 Prozent aller Studierenden ihren Nebenjob verloren; unter Umständen fällt für Viele durch Kurzarbeit der Eltern zusätzliche finanzielle Unterstützung weg. 

Das Bafög hat die Lage nicht entschärfen können, denn es ist an bürokratische Hürden und die oft nicht machbare „Regelstudienzeit“ geknüpft. Jährlich bleiben mittlerweile trotz des Bedarfs mehr als zwei Drittel des Bafög-Topfs ungenutzt. Der Vorschlag von Bildungsministerin Karliczek zur Verbesserung der Lage ist nicht die naheliegende, unbürokratische Auszahlung der bereit liegenden Fördermittel, sondern Studienkredite. Für viele betroffene Studierende bedeutet das im Klartext: Entweder das Studium abbrechen oder überschuldet ins Berufsleben einsteigen.