Dank GEZ: Teuer, aber unabhängig?

Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: ungerecht finanziert und undemokratisch

„Ist euch klar, wie unsozial dieser Beitrag ist?“ Diese Worte habe ich 2016 in ein Frageformular auf der Seite des Rundfunkbeitrages eingegeben. Ich war gerade in eine 22-Quadratmeter-Wohnung eingezogen, mehr war mit meinem Azubigehalt nicht drin. Nun sollte ich den gleichen Beitrag zahlen wie mein Chef. 

Von Aleksandra Setsumei, Aachen

17 Euro und 50 Cent pro Monat muss jede Wohnung zahlen – unabhängig davon, wie viele Menschen dort wohnen oder wie hoch das Haushaltseinkommen ist. Damit ist die GEZ-Gebühr eine der ungerechtesten in Deutschland. Während sie einige gut Verdienende gut wegstecken können, ist sie eine hohe Belastung für Niedrigverdienende, Rentner*innen, Azubis und Studierende. Es ist nicht verwunderlich, dass der Beitrag verhasst ist. 

Deshalb freuten sich viele Menschen, dass Sachsen-Anhalt die geplante Erhöhung der Gebühr um 86 Cent abgelehnt hatte. Nur geht es CDU und AfD, die die Erhöhung verhindert haben, nicht um Entlastung der Beitragszahler*innen, sondern um Einschnitte und Kürzungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR). 

Öffentliche Medien: unabhängig?

Die Begründung für die GEZ-Gebühr ist die Behauptung, dass der Rundfunk so unabhängig vom Staat und von Werbeeinnahmen sei. Und es gibt im ÖRR tatsächlich gute und kritische Sendungen, wie zum Beispiel „Die Anstalt“.

Aber dennoch sind die öffentlichen Medien nicht unparteiisch. Im Großen und Ganzen vertreten und verbreiten sie Positionen des deutschen Establishments und unterstützen damit das kapitalistische System. Dabei scheuen auch die „seriösen“ Medien keine Falschdarstellungen oder tendenziöse Berichterstattung. Die Manipulationen bestehen nicht nur in Lügen oder Verstellungen, sondern auch in Auslassungen und Verschweigen.

Wessen Positionen verbreitet werden, lässt sich anhand der Sendezeit nachvollziehen: In politischen Talkshows des ÖRR machen Vertretungen der Parteien und Medien zwei Drittel der Gäste aus, während weniger als drei Prozent aus der „organisierten Zivilgesellschaft“ kommen. Bei wirtschaftlichen Themen ist das Verhältnis besonders dramatisch: Vertretung von Unternehmen Branchenverbänden und Arbeitgeberverbänden machen mehr als 80 Prozent der Einladungen aus – während jeweils acht Prozent der Gäste die Beschäftigten oder Verbraucherorganisationen repräsentieren. Diese Einladungspraxis – nämlich die Reichen und Einflussreichen sprechen zu lassen – führt dazu, dass vorrangig ihre Sicht präsentiert wird. Dies zeigt deutlich, wie wenig neutral auch der öffentliche Rundfunk ist. * (Studie 2020: „Die Talkshowgesellschaft)

Wer bestimmt über den ÖRR?

Öffentliche Medien werden durch Intendanten (Geschäftsführer der Sender) verwaltet. Zusätzlich gibt es die Rundfunkräte, die die Intendanten ernennen und seine Arbeit kontrollieren. Diese Räte werden nicht gewählt. „Gesellschaftlich relevante“ Organisationen wie Parteien, Kirchen und Vereine entsenden Vertreter*innen. Beitragszahler*innen haben darauf keinen Einfluss.

Angeblich sollen die Räte den „Querschnitt der Bevölkerung“ repräsentieren, doch ein Blick auf ihre Zusammensetzung ergibt ein anderes Bild: Der ZDF-Fernsehrat besteht aus 60 Menschen, unter denen sich Geschäftsführer aber keine Arbeitslosen, Staatssekretäre aber keine Pflegekräfte, Professoren aber keine Lehrer*innen, und Vorstandsmitglieder aber keine Handwerker*innen befinden. Wie sollen diese Menschen, deren Alltag, Sorgen und Probleme sich so diametral von der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland unterscheidet, diese Bevölkerung repräsentieren? 

Für demokratische Kontrolle

Öffentliche Medien können den Zugang zu Informationen, Bildung, Kunst und Unterhaltung für die breite Bevölkerung bereitstellen. Deshalb stellt sich die Sol gegen rechte und neoliberale Versuche, den ÖRR zu privatisieren oder gar abzuschaffen. Stattdessen treten wir für die Abschaffung des GEZ-Beitrages und eine steuerliche Finanzierung des ÖRR ein. Zusätzlich muss als Sofortmaßnahme zur Kostensenkung die Begrenzung der absurd hohen Gehälter von einigen Geschäftsführern und leitenden Angestellten durchgeführt werden.

Doch ein guter öffentlicher Rundfunk kann nur dann aufgebaut werden, wenn seine leitenden Stellen demokratisch bestimmt werden. Deshalb tritt die Sol für Wahl der Rundfunkräte durch die arbeitende Bevölkerung und ihre aktive Einbeziehung in die Programmgestaltung ein. Doch selbst im Falle dieser gesellschaftlichen Kontrolle, wird der Druck des Staatsapparates, der im großen Maße nicht demokratisch gewählt ist, auf die öffentlichen Medien wirken. Deshalb ist es weiterhin notwendig, unabhängige Arbeiterzeitungen, wie die Solidarität, aufzubauen, die Aufklärung und Informationsweitergabe im Interesse der Arbeiterklasse gewährleisten.