Kampf gegen Arbeitsplatzvernichtung führen
Der deutsche Industriegigant Thyssen-Krupp steht 2021 vor einem Schicksalsjahr. Während die Wirtschaftskrise und zahlreiche riskante Entscheidungen der Führungsetage dazu führten, dass bei der Hauptversammlung im Februar keine Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet wurden und weiter tausende Jobs in Deutschland auf der Kippe stehen, versucht die Konzernspitze, den Laden durch Ausverkauf zu retten.
Von Marius Sackers, Bochum
Das vergangene Jahr brachte für viele Mitarbeiter*innen von Thyssen-Krupp schlechte Nachrichten. Weltweit sind tausende Stellen in Gefahr, viele davon in Deutschland. Erst vor kurzem wurde klar, dass auch in der Engineering-Sparte 800 Stellen abgebaut werden, 500 davon in Deutschland.
Chefin Martina Merz möchte dieses Jahr den „Turnaround“ schaffen. Konkret soll das bedeuten, „schwarze Schafe“ innerhalb des Konzerns abzustoßen und andere Branchen wieder konkurrenzfähig zu machen. Denn in Wirtschaftskreisen gilt aktuell keine Branche innerhalb der Traditionsfirma als abgesichert für die kommenden Jahre.
Verkäufe
Um die Aktionäre zu befrieden, wird an allen Enden gekürzt und abgebaut. Die Stahlbranche, der Kern des Unternehmens, sollte nun eigentlich an „Liberty Steel“ verkauft werden. Dagegen hatten letztes Jahr tausende Mitarbeiter protestiert, weil sie Lohndrückerei und Jobverluste befürchtet hatten. Nun gibt es Gerüchte, dass der Verkauf doch gekippt wird und die Stahlbranche separat an die Börse gebracht werden soll. Der Konkurrenzdruck unter den börsennotierten Unternehmen würde die Situation der betroffenen Mitarbeiter*innen jedoch nicht verbessern. Sicher abgestoßen werden sollen der Zementanlagenbau und das Bergbaugeschäft, wobei bei ersterem der Verkauf vorerst gescheitert ist.
Laut der Ratingagentur S&P werden in den kommenden zwei Jahren Kosten in Höhe von circa 1,5 Milliarden Euro nötig sein, um den Konzern so zu sanieren, damit er wieder konkurrenzfähig wird. Wo das Geld herkommen soll, ist nach den letzten Niederlagen im Ausverkauf unklar. Klar ist aber, dass die Umstrukturierung nur auf die Frage ausgerichtet sein wird, wie der Konzern seine Profite ins Trockene bringen kann.
Verstaatlichung
Dabei wäre ein Durchbrechen der kapitalistischen Verwertungslogik gerade jetzt dringend notwendig. Die IG Metall hat im letzten Jahr einen richtigen Teilschritt gemacht, indem sie einen Staatseinstieg für den angeschlagenen Konzern gefordert hat. Doch wie erwartet ist die Gewerkschaftsführung dabei stehen geblieben und hat der Kampfbereitschaft der Belegschaft nicht durch entsprechende Kampagnen Ausdruck verliehen. Zudem verbindet die IG Metall-Führung damit nicht eine langfristige Überführung in Gemeineigentum, sondern begnügt sich mit der Forderung nach staatlicher Beteiligung.
Dieses Konzept läuft darauf hinaus, dass letztlich Verluste sozialisiert werden, während Gewinne privatisiert bleiben. Nötig wäre stattdessen die Verstaatlichung von Thyssen-Krupp, um auf dieser Grundlage die Produktion gesellschaftlich sinnvoll umzustellen und demokratisch zu planen. Für den dringend notwendigen Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge ist zum Beispiel die Stahlproduktion, genau so wie das verarbeitende Gewerbe generell, unerlässlich. Die Pandemie hat gezeigt, wie unzulänglich beispielsweise Krankenhäuser und Kitas ausgebaut sind und wie dramatisch der Mangel an ausreichendem Schulraum ist.
Auf dem kapitalistischen Markt hat Thyssen-Krupp keine sichere Zukunft und die Mitarbeiter*innen dementsprechend keine sicheren Jobs. Auf der Grundlage von Gemeineigentum an den Produktionsmitteln und unter Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung wäre es möglich, Jobs zu retten und durch die Umstellung auf klimaneutrale Produktion neue Jobs zu schaffen.