Für demokratische Rechte und Sozialismus!
Am 17. März 2021 sah sich die HDP (Demokratische Partei der Völker) einer doppelten Bedrohung durch Erdogans Regierung gegenüber. Zunächst wurde dem HDP-Abgeordneten Omer Faruk Gergerlioglu mitten in der Plenarsitzung des Parlaments sein Abgeordnetenmandat entzogen.
Von Genoss*innen der Revolutionären Linken (CWI-Sektion in Frankreich)
Diese Entscheidung kam, nachdem der Abgeordnete einen Link zu einem Presseartikel geteilt hatte, der den Aufruf der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zum Frieden auf Twitter weitergab. In den frühen Morgenstunden des 21. März wurde der Abgeordnete in den Büros seiner Partei im Parlament verhaftet, wo er die letzten Nächte verbracht hatte, um gegen den Verlust seines Status als Abgeordneter zu protestieren. Offensichtlich unterstützten ihn nur seine HDP-Kolleg*innen und die Abgeordneten der TIP (Türkische Arbeiterpartei). Die CHP, eine republikanische kemalistische Partei, die behauptet, pro-demokratisch und anti-Erdogan zu sein, hat über die Situation geschwiegen.
Am selben Tag wurde der HDP mit dem vollständigen Verbot gedroht, nachdem ein Staatsanwalt vor dem türkischen Verfassungsgericht eine Klage eingereicht hatte, in der die HDP, die wichtigste Oppositionspartei zur AKP-Regierung (Erdogans konservative und kapitalistische Partei), erneut des Terrorismus beschuldigt wurde.
Das Verbot einer Partei ist kein Novum in der türkischen politischen Geschichte, sobald es sich um Parteien handelt, die die Rechte von Minderheiten, insbesondere der Kurd*innen, verteidigen. Erinnern wir uns an das Verbot der DTP durch das türkische Verfassungsgericht im Jahr 2009.
Erdogans repressive Politik
Dieses Verbot ist auch eine Fortsetzung der Repressionen gegen die HDP und jede andere Form der Opposition gegen Erdogans halbdiktatorisches Regime seit dem 2016 verhängten Ausnahmezustand. Tatsächlich wurden in jenem Jahr die HDP-Ko-Vorsitzenden Figen Yuksekdag und Selahattin Demirtas zusammen mit Tausenden von Parteimitgliedern verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Im Jahr 2019 wurden alle Rathäuser, die die HDP bei den Wahlen demokratisch gewonnen hatte, unter die Kontrolle von AKP-nahen Gouverneuren gestellt.
Erdogans repressive Politik koordiniert sich auf breiter Front, da die Türkei nach diesen Ankündigungen eines HDP-Verbots per Präsidialdekret aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt von 2011 ausgetreten ist. Dies alles nach einer Großdemonstration am Internationalen Tag der Frauenrechte, dem 8. März 2021.
All diese Entscheidungen kommen in einer kritischen sozio-ökonomischen Situation, mit Massenarbeitslosigkeit, wachsender Prekarität und zunehmend unterdrückten Minderheiten. Die soziale Wut steigt weiter an, und in vielen Betrieben wird gestreikt, um bessere Löhne zu fordern oder einfach nur, um die Gehälter zu erhalten. Aber Erdogan, der seine Zeit damit verbringt, zu behaupten, gegen die europäischen Mächte zu sein, will die türkischen, europäischen oder amerikanischen kapitalistischen Gruppen nicht stören.
Die Verteidigung der HDP
Lasst uns dieses Verbot bekämpfen! Eine internationale Solidaritätskampagne mit der HDP ist notwendig. Es gibt bereits Proteste von France Insoumise oder der Partei DIE LINKE, aber es muss noch mehr getan werden. Jeder und jede muss die HDP angesichts dieser Bedrohung unterstützen, denn die HDP zu bedrohen, bedeutet, die demokratischen Rechte in der gesamten türkischen Gesellschaft zu bedrohen: die Rechte der Arbeiter*innen, die Rechte der Frauen und die Rechte der unterdrückten Minderheiten.
Wir brauchen auch eine Unterstützungskampagne in der ganzen Türkei, unter jungen Menschen, Arbeiter*innen, Gewerkschafter*innen… Das muss eine Gelegenheit sein, eine breite Opposition gegen Erdogan aufzubauen, aber auch das Programm zu diskutieren, das dafür nötig ist. Die HDP hat viele kämpferische Aktivist*innen, aber zu viele ihrer Führer*innen geben sich oft damit zufrieden, zu sagen, dass ihr Projekt darin besteht, die “Demokratie” in der Türkei zu stärken als ob die Politik der AKP nur ein wenig zu übertrieben wäre. Wenn die AKP aber Erdogans kriegerische Aktionen in Syrien und gegen die Kurden so sehr unterstützt, wenn sie die Rechte von Minderheiten und Frauen so sehr ablehnt, dann soll sie die türkische Gesellschaft zerschlagen und ihre Revolte verhindern, dann soll sie den türkischen und ausländischen Kapitalismus, seine Großunternehmen und damit die Ausbeutung der Arbeiter*innen verteidigen.
Die HDP kann nur dann wirklich eine Oppositionspartei sein, wenn sie sich an die Arbeiter*innenklasse wendet, unabhängig von der Kultur ihrer unterschiedlichen Teile, und ein Programm des Kampfes gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus verteidigt. Auf diese Weise könnte sie im Proletariat der ganzen Türkei eine mächtige Unterstützung finden, die Erdogans Manöver brechen könnte.
Die Revolutionäre Linke und die Aktivist*innenen des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale in der Türkei geben der HDP und ihren inhaftierten Aktivist*innen sowie den Arbeiter*innen, die gegen die Ausbeutung in der Türkei kämpfen, ihre volle Unterstützung.