Vom Betriebsratsvorsitzenden zum Personalchef
Der langjährige Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG, Bernd Osterloh, vergoldet seine Karriere und wechselt die Seiten. Nun wird er die Drecksarbeit für die Kapitalseite erledigen
Von Torsten Sting, Rostock
Für die bürgerlichen Medien war es eine Sensation. Nach über dreißig Jahren Mitgliedschaft im wohl mächtigsten Betriebsratsgremium der Republik, heuert Osterloh nun bei der VW-Tochter Traton an: als Personalchef!
Aufstieg an die Spitze
Schaut man sich den Werdegang des geborenen Braunschweigers an, ist diese Entwicklung kein Zufall. Nach der Ausbildung zum Industriekaufmann und späterer Arbeit am Band, wurde er 1990 Mitglied des Betriebsrates und arbeitete sich nach oben. Nachdem der damalige Chef des Gremiums, Klaus Volkerts, infolge einer Korruptionsaffäre, zurücktreten musste, übernahm Osterloh das Amt. Er ist zudem Mitglied im Aufsichtsrats des VW-Konzerns und verfügt über viel Einfluss im Apparat der IG Metall.
VW-Konzern
Der Betriebsrat und die Gewerkschaft verfügen über viel Macht im Konzern. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist selbst für den hohen Standard in der Autoindustrie außergewöhnlich. Im Wolfsburger Stammwerk liegt er wohl bei über neunzig Prozent. Wie selbstverständlich es ist, Mitglied der IGM zu sein, zeigt die Tatsache, dass der Mitgliedsbeitrag mit der Gehaltsabrechnung direkt an die Gewerkschaft überwiesen wird. Die potentielle Kampfkraft bei einem der größten Autohersteller ist also riesig, wird aber von der Gewerkschaftsführung kaum eingesetzt. Das ist die Ursache für die Tatsache, dass die Gehälter und Sozialstandards zu den Besten in der deutschen Industrie zählen
Co-Management
Die Verbindungen zwischen Betriebsrat und IGM auf der einen, sowie der Kapitalseite auf der anderen Seite, sind bei VW besonders eng. Osterloh und Co. sehen ihre Rolle darin, weitsichtiger und effektiver als die Kapitalisten zu agieren. Sie sehen sich an deren Seite, wollen die Wettbewerbsfähigkeit „ihres Konzerns“ steigern, um gegenüber den anderen Konzernen erfolgreich zu sein. Das Handelsblatt sprach daher in diesem Zusammenhang zu recht von einem „neuen Typ des Arbeitnehmer-Managers“. Entsprechend wurde Osterloh auch bislang schon fürstlich besoldet: bis zu 750.000 Euro bekam er pro Jahr.
Wechsel zu Traton
Der Wechsel ins Management der VW-Tochter ist für Osterloh, mit einer kräftigen Gehaltserhöhung verbunden, satte zwei Millionen Euro kassiert er nun ab. Dafür wird nun von ihm verlangt, dass er bei der LKW-Sparte, zu der u.a. Scania und MAN gehören, die Drecksarbeit erledigt.
Widerstand
Die VW-Spitze will mit dem Wechsel von Osterloh den Widerstand gegen den geplanten Stellenabbau, der sich speziell im Werk von MAN in Speyr (siehe unten) entwickelt, brechen. Durch internationale Solidarität von unten muss dem entgegengewirkt werden. Zudem muss dieser neuerliche Seitenwechsel eines Spitzengewerkschafters Anlass genug sein, die Privilegien und die Politik der Bürokratie radikal zu hinterfragen.
Sol-Mitglieder treten dafür ein, dass Funktionär*innen in den Gewerkschaften und Betriebs- und Personalrät*innen nicht mehr als den durchschnittlichen Tariflohn ihrer Branche verdienen dürfen und dass sie jederzeit wähl- und abwählbar sein müssen.
Flugblatt der Sozialistischen Offensive (Sol-Schwesterorganisation in Österreich) zum Kampf gegen die Schließung des MAN-Werks in Steyr:
MAN: Mit Streik Schließung und Erpressung zurückschlagen!
Die Ankündigung der Drosselung der Produktion ab ab Mai und die Kündigung von Leiharbeiter/innen sind wie die Aussperrung von Erich Schwarz ein weiterer Versuch die Kolleg/innen bei MAN einzuschüchtern und zu erpressen. Gewerkschaft und Betriebsrat sollten so bald wie möglich eine Betriebsversammlung einberufen, bei der die Belegschaft weitere Schritte diskutieren kann – es gibt einen aufrechten Streikbeschluss, diesen sollte man auch einsetzen um diese Einschüchterung zurück zu schlagen. Ein Streik könnte auch Druck aufbauen um den Vorschlag einer Übernahme des Betriebes durch die öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung Nachdruck zu verleihen. Kurz lässt sich nicht durch Bitten beeindrucken – Kampfaktionen sind wesentlich wirksamer. Ein Streik müsste aber demokratisch ablaufen und die Kolleg/innen durch Aktionskomitees mit Vertreter/innen aus allen Teams und Abteilungen einbeziehen. Wenn die Schließung konkret wird, sollte der Betrieb besetzt werden um Abtransport der Maschinen etc. zu verhindern.
Kampf international führen
Die Gewerkschaft sollte sich an die IG Metall Mitglieder in Deutschland für Solidarität wenden – denn wenn diese Einschüchterungstaktik durchgeht wird VW/MAN sie auch in Deutschland einsetzen wo ja auch Werke von Schließung und Personalabbau bedroht sind. Die IG Metall Führung hatte die Kolleg/innen in Steyr, Plauen und Wittlich de facto im Regen stehen lassen, als sie den Deal mit dem MAN-Management ausgehandelt hatte. Der Kampf gegen Schließungen, Personalabbau und Standortverlagerung muss international geführt werden. Wenn Werke nach Polen verlagert werden sollen müssen die Löhne der Kolleg/innen in Polen angehoben werden, damit sich Standortverlagerung für das Management nicht auszahlt.
Übernahme in die öffentliche Hand und Umstellung der Produktion
MAN droht nach der Abstimmung mit einer Schließung des Werks in Steyr um die Kolleg/innen doch zu einer Annahme von Wolfs Angebot zu drängen. Aber die Alternative kann nicht sein Schließung oder Job- und Lohnverluste im Zuge eines Verkaufs an private Investoren. Die Alternative muss eine vollständige Übernahme durch die öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung sein. Die Forderung der SPÖ nach einer 20%igen Staatsbeteiligung ist nicht genug – es wäre nur eine kurzfristige Subvention für die Eigentümer und garantiert an sich keine Jobs. Nötig ist eine volle Verstaatlichung. Die Belegschaft und die arbeitende Bevölkerung sollten im Betrieb das Sagen haben, nicht irgendwelche Manager. Es sollte Jobgarantien für alle geben – Leiharbeiter/innen und Stammbelegschaft. Gemeinsam kann dann ein Plan zu einer Umstellung der Produktion erstellt werden, der sowohl die Bedürfnisse der Menschen wie auch des Planeten berücksichtigt. Mit einem alternativen Plan den die Belegschaft erarbeitet könnte eine Alternative zu Schließung und Jobabbau aufgezeigt werden, die breite Unterstützung bekommen könnte. Wir können uns nicht auf die etablierten Parteien verlassen – es braucht eine Partei die konsequent die Interessen von Arbeitnehmer/innen vertritt und in der sie selbst entscheiden.
- Weder Schließung noch Kündigungen oder Lohnverzicht!
- Für einen 24-stündigen Warnstreik um die Drohungen zurückzuschlagen als Schritt hin zu ausgedehnteren Kampfmaßnahmen um die Schließung abzuwenden
- Für Aktionskomitees im Betrieb und in der Region aller direkt oder indirekt Betroffenen
- Für eine nochmalige Demonstration, die die Bevölkerung in der gesamten Region und auch anderer betroffener Betriebe (z.B. Zulieferbetriebe die von MAN abhängig sind) einbezieht
- Gemeinsamer Kampf dagegen dass die Krise auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird
- Öffnung der Bücher von MAN/VW für eine öffentliche Prüfung durch die Beschäftigten
- Überführung des Betriebes in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung um den Standort zu erhalten
- Demokratischer Plan durch die Beschäftigten für eine Umstellung der Produktion die die Skills der Menschen, die technischen Möglichkeiten vor Ort, sowie die Bedürfnisse der Gesellschaft und des Planeten berücksichtigt
- Für einen gemeinsamen Kampf der Beschäftigten in der Auto Industrie international, in VW und anderen betroffenen Betrieben. Der internationale Kampf ist auch nötig um Lohndruck und Wettlauf nach unten durch Standortverlagerungen zu verhindern!
Ein weiterer Artikel der Sozialistischen Offensive zum Kampf bei MAN findet sich hier.
Eine Solidaritätserklärung der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) aus Deutschland findet sich hier.