Gemeinsam kämpfen! Gegen kapitalistische Ausbeutung, Sozialabbau, Umweltzerstörung und Diskriminierung

Foto: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c7/Wagenknecht%2C_Sahra%2C_2013.JPG von Wolkenkratzer [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], vom Wikimedia Commons

Warum Sahra Wagenknecht viele falsche Antworten gibt

Sahra Wagenknecht ist Spitzenkandidatin der LINKEN in Nordrhein-Westfalen zu den Bundestagswahlen und seit längerer Zeit die populärste LINKE-Politikerin. Ihre politischen Positionen, die sich in vielen Fragen von den Beschlüssen der LINKEN unterscheiden, sind in der Partei jedoch zunehmend umstritten. Viele Aktive der Antirassismus-, Umwelt-, Frauen- und LGBTQI-Bewegungen sehen in den von ihr vertretenen Thesen einen Widerspruch zu den Zielen und Positionen dieser Bewegungen. Nicht wenige haben erklärt, dass DIE LINKE aufgrund der Kandidatur Wagenknechts für sie nicht mehr wählbar ist. Mit Protesten von Gruppen aus diesen Bewegungen bei Kundgebungen von Sahra Wagenknecht ist zu rechnen. Gleichzeitig finden sich viele Lohnabhängige in ihren sozial- und arbeitsmarktpolitischen Positionen wieder, die sich richtigerweise gegen Niedriglöhne, Leiharbeit, Hartz IV etc. aussprechen.

Hat Wagenknecht Recht?

Mit ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ hat Wagenknecht eine scharfe Kritik der gesellschaftlichen Linken und der Partei DIE LINKE und ein „Gegenprogramm“ vorgelegt. Mit der Bewegung „Aufstehen“ hatte sie versucht eine eigene politische Kraft neben der Linkspartei ins Leben zu rufen. Sie beteiligt sich kaum an den Debatten und Meinungsbildungsprozessen in der LINKEN und verwendet einen großen Teil ihrer großen medialen Präsenz darauf, DIE LINKE anzugreifen. Für viele ist klar: Sahra Wagenknecht hat sich innerlich von der Partei schon verabschiedet und es ist nur eine Frage der Zeit, dass sie eine neue Partei oder ein neues politisches Projekt ins Leben ruft. Doch die entscheidende Frage ist: hat sie Recht?

Wir denken: Nein. Im Gegenteil hat sie wichtige linke und sozialistische Prinzipien verlassen, was dem Kampf für die Rechte der Arbeiter*innen und für eine bessere Gesellschaft nur schaden kann. Denn:

1. Wagenknecht lenkt von den wahren Verantwortlichen für soziale Missstände ab, wenn sie immer wieder migrationsfeindliche Positionen vertritt. So erweckt sie den Eindruck, Einwanderung sei ursächlich für Niedriglöhne verantwortlich, während es in Wirklichkeit die Politik der Regierenden und die Entscheidungen der Unternehmer*innen ist. Die Spaltung in einheimische und zugewanderte Lohnabhängige hilft nur den Kapitalist*innen. Nur wenn diese Spaltung überwunden wird, können durch gemeinsame und starke Proteste und Streiks die gemeinsamen sozialen Interessen aller Lohnabhängigen und erwerbslosen nach guten Löhnen, niedrigen Mieten, menschenwürdigen Sozialleistungen etc. erkämpft werden.

2. Wagenknecht konstruiert Widersprüche zwischen dem Kampf gegen Diskriminierung von Frauen und Minderheiten und dem Kampf für die sozialen Rechte der Mehrheit der Bevölkerung. Diesen Widerspruch gibt es nicht. Man kann das eine machen ohne das andere zu lassen. Dabei malt sie ein völlig falsches Bild von den Prioritäten der LINKEN, wenn sie behauptet diese würde sich vor allem um Gendersprache und „skurille Minderheiten“ kümmern – gleichzeitig wertet sie damit den Kampf gegen Diskriminierung ab. Die Arbeiter*innenklasse wird jedoch umso stärker sein, je vereinter sie Kämpfe führt. Das beinhaltet auch, sich gegen die Diskriminierung von Teilen dieser Klasse auszusprechen und Solidarität zu üben. Dabei ist Wagenknechts Kritik an der so genannten „Identitätspolitik“ nicht gänzlich falsch. Auch wir sehen in diesem politischen Ansatz eine Gefahr, die zu mehr Spaltung statt Einheit der arbeitenden Menschen führen kann. Wagenknechts pauschalisiert ihre Kritik an Identitätspolitik aber so weitgehend, dass sie zur Kritik am Kampf gegen Diskriminierung wird.

3. Wagenknecht träumt von einem sozialen, friedlichen und ökologisch nachhaltigen Kapitalismus. Sie vertritt nicht mehr sozialistische und marxistische Ideen, die davon ausgehen, dass es einen Interessengegensatz zwischen Kapitalist*innen und Lohnabhängigen gibt, sondern marktwirtschaftliche Ideen, die die Profitlogik in der Wirtschaft und das Privateigentum an Unternehmen nicht in Frage stellen. Profitlogik und Privateigentum bedeuten jedoch zwangsläufig Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Und die kapitalistische Wirtschaftsweise führt zu katastrophalen Krisen unter denen immer die Masse der Bevölkerung leidet. Wagenknecht vertritt keine wirksame Alternative zum Kapitalismus.

4. Wagenknecht steht für Stellvertreter*innenpolitik. Die von ihr viel benannten Arbeiter*innen sind Objekte und keine Subjekte, die ihr Schicksal und ihr Leben selbst in die Hände nehmen sollen – durch Selbstorganisation, Gewerkschaften, Streiks und Revolution. Sie spricht und schreibt nur über Arbeiter*innen, hat selbst aber nichts mit diesen zu tun. Im Gegenteil: sie ist Millionärin, lebt in einer schicken Villa und geht auf die Geburtstagsparty von CSU-Politiker Gauweiler und feiert dort mit Markus Söder und AfD-Unterstützern.

5. Wagenknecht hat begonnen sich in einigen Positionen und in ihrer Rhetorik der AfD anzupassen in der Hoffnung, so AfD-Wähler*innen zu gewinnen. Dass sie in diesen Kreisen auch eine gewisse Unterstützung genießt, zeigen die Kommentarspalten auf ihrer facebook-Seite. Dort heißt es oft: „Gute Frau, nur leider in der falschen Partei“. Auch wir sind davon überzeugt, dass die Linke um einen Teil der AfD-Wähler*innen aus der Arbeiter*innenklasse kämpfen muss. Aber nicht, indem man migrationsfeindlichen und nationalistischen Positionen der AfD nachgibt, sondern indem man erklärt und vormacht, dass nur der gemeinsame Kampf von deutschen und nichtdeutschen Lohnabhängigen Verbesserungen erreichen kann und jede Form von Rassismus diesem Kampf schadet.

Gegen eine Anpassung der LINKEN an SPD und Grüne

Aus all diesen Gründen sind wir Kritiker*innen von Sahra Wagenknecht und haben ihre Kandidatur auf dem Spitzenplatz der Liste zur Bundestagswahl nicht unterstützt.

Das bedeutet aber nicht, die Politik der Linkspartei in allen Fragen und den Kurs der Parteiführung und vor allem der Fraktionen in Bundestag und Landtagen und der Minister*innen in den Landesregierungen in Bremen, Berlin und Thüringen zu verteidigen. Die reale, praktische Politik insbesondere in den Landesregierungen ist keine linke Politik, weil Abbau von Krankenhausbetten (Bremen), Privatisierung der S-Bahn (Berlin), Zusammenarbeit mit der CDU (Thüringen) und Exekution von Abschiebungen (in allen drei Ländern) weder links noch internationalistisch ist. Die Ausrichtung aller wesentlichen Teile der Parteiführung auf Regierungskoalitionen mit den pro-kapitalistischen Parteien SPD und Grünen ist ein schwerer Fehler und kann nur dazu führen, dass DIE LINKE ihre eigenen Positionen aufgibt.

Das jedoch kritisiert Sahra Wagenknecht gar nicht. Sie hat in der Vergangenheit sogar explizit zur Unterstützung von Koalitionen mit SPD und Grünen, also pro-kapitalistischen Sozialabbau-Parteien, aufgerufen. Sie kritisiert bestimmte tatsächlich existierende Phänomene, wie die mangelnde Verankerung der LINKEN unter Arbeiter*innen, weist diesen aber Ursachen zu, die nicht zutreffen, wie die Haltung der LINKEN zu Einwanderung oder Unterstützung für antirassistische und antisexistische Bewegungen. Dass es aber gerade die Beteiligung an unsozialer und arbeiter*innenfeindlicher Politik, das Auftreten als Regierungspartei im Wartestand, die Wahrnehmung als der linke Teil des pro-kapitalistischen Establishments statt als Anti-Establishment-Kraft sind, die verhindern, dass DIE LINKE zur Hoffnungsträgerin von mehr Arbeiter*innen und sozial Benachteiligten wird, ist nicht Wagenknechts Sichtweise.

Für kämpferische, sozialistische Politik

Wir rufen dazu auf, DIE LINKE zu wählen, egal ob Sahra Wagenknecht auf dem Wahlzettel steht oder jemand anders. DIE LINKE ist die einzige Partei, die Sozialabbau, Privatisierungen, Verschlechterungen von Arbeiter*innenrechten, rassistischen Gesetzen etc. im Bundestag immer abgelehnt hat. Sie hat den Anspruch als antikapitalistische Partei für eine sozialistische Veränderung einzutreten. Daran setzen wir an und rufen alle auf, nicht nur DIE LINKE zu wählen, sondern selbst aktiv zu werden – in Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und mit der Sol gemeinsam in der LINKEN, um in dieser für kämpferische und sozialistische Politik zu kämpfen.