Graz: Kommunist*innen stärkste Partei

Was bedeutet der sensationelle Wahlerfolg der KPÖ bei den Kommunalwahlen?

Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) wurde bei den Grazer Gemeinderatswahlen mit 29 Prozent der Stimmen (ca. 34.000 Stimmen) stärkste Partei. Das ist ein Resultat ihrer konsequenten örtlichen Arbeit über viele Jahre. Sie konnte sich seit den frühen 2000er Jahren (vor allem im Bereich Wohnen) als Partei profilieren, die anders ist als die anderen und an der Seite der “einfachen Leute” steht.  „Manche Leute machen ein paar Wochen vor der Wahl Versprechungen. Wir sind seit Jahren jeden Tag für die Menschen da, vor allem für die Ärmsten”, so die KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr.

von Laura Rafetseder, Sozialistische Offensive (CWI in Österreich)

Die Gemeinderäte der KPÖ zahlen seit Jahren zwei Drittel ihrer Gehälter in einen Fonds ein, der für Sozialprogramme verwendet wird. In ihrem Wahlprogramm fordert die KPÖ unter anderem einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde, eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch öffentliche Investitionen. Dadurch heben sie sich von den etablierten Parteien ab. Die KPÖ Graz gewann bei diesen Wahlen Stimmen von allen Parteien, vor allem aber von Nichtwähler*innen.

Allerdings ist die KPÖ in Graz vor allem eine parlamentarische “Kümmererpartei”, die eher stellvertretend für die arbeitende Bevölkerung handelt, als diese systematisch zur Selbstorganisation und Gegenwehr mobilisiert, wobei die Organisierung  einer Demonstration von Pflegepersonal für mehr Lohn und Personal im Oktober ein Schritt in die richtige Richtung war. 

Sie nutzt ihre Stärke auch nicht zur Propagierung einer Systemalternative und verbindet Forderungen nach sozialen Verbesserungen nicht mit der Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaftsveränderung. Ohne eine solche sind aber die sozialpolitischen Forderungen der KPÖ dauerhaft nicht durchzusetzen. Der Verzicht darauf birgt die Gefahr, dass die Partei sich, wie viele andere linke Parteien vor ihr, den so genannten kapitalistischen Sachzwängen anpasst.

Wie weiter in Graz …

Das gilt umso mehr, sollte Elke Kahr in einem Bündnis mit SPÖ und Grünen Bürgermeisterin werden. SPÖ und Grüne sind prokapitalistische Parteien, mit denen eine konsequente linke Politik nicht umgesetzt werden kann. Die KPÖ sollte deutlich machen, dass sie den Wahlsieg als Auftrag zur Umsetzung ihres Programms sieht und SPÖ und Grüne öffentlich auffordern für die entsprechenden Maßnahmen zu stimmen. Sie sollte zu Demonstrationen zur Unterstützung für die konkreten Forderungen aufrufen und so den Druck auf SPÖ und Grüne erhöhen. Sie sollte sich nicht in Geiselhaft nehmen lassen von den Führungen dieser Parteien und faule Kompromisse mit ihnen eingehen. Sonst besteht die Gefahr, dass, spätestens wenn die wirtschaftlichen Spielräume schwinden, progressive (Sozial-)Politik nicht aufrechterhalten werden kann – außer die KPÖ mobilisiert ihre Wähler*innen um Druck auf die Bundesregierung aufzubauen um genügend Geld zur Verfügung zu stellen . 

… und bundesweit?

Das Wahlergebnis in Graz, wie auch der Achtungserfolg der neuen Partei LINKS in Wien zeigen, dass es ein Potenzial links von SPÖ und Grünen gibt und Schritte in Richtung einer neuen Arbeiter*innenpartei ergriffen werden können. Gleichzeitig gab es im Oktober Demonstrationen der Kindergartenpädagog*innen für mehr Personal und bessere Bedingungen und der Lehrer*innen und Eltern der Volksschulen gegen Kürzungen. Bei den Lohnrunden könnte es aufgrund der anhaltenden Inflation zu Kämpfen kommen. 

KPÖ, LINKS und aktive Gewerkschafter*innen sollten zu einer Aktivist*innenkonferenz aufrufen, um über die Möglichkeiten eines (Wahl-)Bündnisses zu diskutieren, aus dem eine neue Partei entstehen kann. dabei müssen die Lehren aus den vergangenen gescheiterten Projekten dieser Art, wie Aufbruch im Jahr 2016, gezogen werden.  Um all diejenigen, die links aktiv sind, links gewählt haben und in sich an gewerkschaftlichen Kämpfen beteiligt haben, zusammenzubringen, muss eine solche Initiative offen und demokratisch sein und darf nicht von oben herab organisiert werden. Sie braucht einen klaren Forderungskatalog im Interesse der Arbeiter*innenklasse und sozial Benachteiligten als Ausgangspunkt für die Diskussion über ein Programm. Sie darf sich aber nicht nur an die “linke Blase” wenden, sondern muss in Sprache, Auftreten und innerer Verfasstheit einladend sein für diejenigen Teile der Arbeiter*innenklasse, die bisher nicht aktiv waren, aber den Wunsch nach einer politischen Vertretung spüren.