Heldenhafter Volksaufstand bringt die Diktatur ins Wanken

CC BY-SA 4.0 Esetok, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2022_Kazakhstan_protests_%E2%80%94_Aqtobe,_January_4_(01).jpg

Campaign Kazakhstan-Sekretär Mick Whale über die Massenproteste in Kasachstan

Vorbemerkung auf www.socialistworld.net: Campaign Kazakhstan (Kampagne für demokratische, soziale und Arbeiter*innen-Rechte in Kasachstan, Anm. d. R.) wurde in Großbritannien und Europa ins Leben gerufen, um die Arbeiter*innenbewegung in Kasachstan zu unterstützen und sich den repressiven Maßnahmen der Nasarbajew-Diktatur entgegenzustellen. Mick Whale, Sekretär der Kampagne, besuchte Kasachstan bei zwei Gelegenheiten. Bei seinem zweiten Besuch besuchte Mick Whale Schangaösen, wo er mit Überlebenden des Massakers von 2011, welches von den Sicherheitskräften an streikenden Ölarbeitern verübt wurde. Er konnte den geschädigten und verletzten Ölarbeitern und ihren Familien finanzielle Unterstützung überbringen, die von Gewerkschaftern und Sozialist*innen in Großbritannien gesammelt wurde. Im Folgenden spricht Mick über die brisanten Entwicklungen in Kasachstan.

Ob es nun Bilder von Arbeiter*innen auf der Straße sind, die sich den staatlichen Kräften entgegenstellen; der Anblick von Polizist*innen, die ihre Einsatzkleidung ablegen und sich den Demonstrant*innen anschließen; oder der Anblick von Demonstrant*innen, die eine Statue des verhassten ehemaligen Präsidenten Nasarbajew niederreißen – Arbeiter*innen auf der ganzen Welt werden durch den heldenhaften Aufstand der kasachischen Arbeiter*innen gegen die herrschende Elite inspiriert sein. Diktator*innen auf der ganzen Welt sollten zittern; ihre Zeit wird kommen!

Dieser großartige Kampf der Arbeiter*innen in ganz Kasachstan ist ein wunderbarer Start in das neue Jahr. Auch wenn der jetzige Aufstand wie aus heiterem Himmel zu kommen scheint, so ist er in Wirklichkeit die Folge einer Reihe von Streiks in der letzten Zeit, insbesondere in der Provinz Mangistau im Südwesten des Landes. Mangistau ist das Zentrum der Erdölförderung des Landes und hier liegt auch die Stadt Schangaösen. Vor zehn Jahren streikten dort Ölarbeiter gegen die Privatisierung des kasachischen Öls und dessen Verkauf an chinesische Firmen und wurden auf dem Hauptplatz der Stadt von staatlichen Kräften brutal niedergeschossen. Offiziellen Berichten zufolge wurden 14 Arbeiter*innen getötet, aber Kolleg*innen, mit denen ich in der Stadt sprach, sind überzeugt, dass es eher 80 waren.

Es ist daher kein Zufall, dass die Ölarbeiter*innen in Schangaösen, die gegen die Verdoppelung der Flüssiggaspreise streikten, den Auslöser für die diesjährige massive Revolte bildeten. Unterstützt wurden sie dabei von ihren Familien und der breiten Öffentlichkeit. Mangistau ist ein Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit und die Preiserhöhungen waren ein verheerender Angriff auf die Lebensgrundlage aller. Sie folgen auf eine Zeit allgemeiner Preiserhöhungen und steigender Arbeitslosigkeit. Innerhalb weniger Stunden begannen auch in anderen Städten des Landes Proteste, so dass sich die Revolte zu einem landesweiten Aufstand ausweitete.

Die Behauptung, die Demonstrationen seien von Terroristen und Agitatoren von außen angezettelt worden, ist ein lächerliches Stück Propaganda, mit dem die Diktatur ihr Gesicht wahren will, und ein Zeichen dafür, wie verzweifelt die Regierung ist.

Während Preiserhöhungen und zunehmende Sparmaßnahmen der Auslöser für die Demonstrationen waren, reicht die allgemeine Unzufriedenheit mit der korrupten Regierung von Nasarbajew und seinem Marionettenersatz – Kassym-Schomart Tokajew – mehr als drei Jahrzehnte zurück und spiegelt sich in den Forderungen der Demonstrant*innen wider. Für die Mehrheit der kasachischen Beschäftigten hat sich der Lebensstandard allgemein verschlechtert, was durch die recht strengen Einschränkungen während der Pandemie noch verschärft wurde, während die herrschende Elite ihren Reichtum immer weiter ausbauen konnte.

Nasarbajew: korrupter Diktator

Ein großer Teil dieses Reichtums ist durch die Privatisierung kasachischer Staatsgüter entstanden, die an westliche oder chinesische Unternehmen verkauft wurden. In der Vergangenheit, als Kasachstan Teil der “Sowjetunion” war, befand sich die Öl- und Gasindustrie in Staatsbesitz. Es stimmt natürlich, dass die herrschende Clique den Reichtum aus der verstaatlichten Wirtschaft abschöpfte, um ihren verschwenderischen Lebensstil zu finanzieren. Dennoch wurde ein beträchtlicher Teil des geschaffenen Reichtums dazu verwendet, den Zustand der Wirtschaft insgesamt zu verbessern. Seit die staatliche Planwirtschaft der Sowjetstaaten in eine kapitalistische Wirtschaft umgewandelt wurde, haben Nasarbajew und seine Freunde den Reichtum des Staates verkauft, um die eigenen Taschen zu füllen. Nicht weniger als 70 Prozent der Öl- und Gasvorkommen wurden in den letzten 25 Jahren veräußert.

Nursultan Nasarbajew war bereits Vorsitzender der “kommunistischen” Partei und Staatschef, als Kasachstan noch Teil der Sowjetunion war. Er behielt die Kontrolle über Kasachstan nach dem Zusammenbruch der UdSSR Ende 1991 und überwachte die Einführung der Marktwirtschaft in den 1990er Jahren. Die privilegierte Stellung, die er im Stalinismus genoss, blieb bestehen, und seine Familie und Freunde waren die Hauptnutznießer seiner Herrschaft. Die meisten Mitglieder von Nasarbajews Familie haben Geld und Ressourcen im Westen gebunkert, unter anderem in Banken und Immobilien im Vereinigten Königreich. Seine Tochter und sein Enkel besitzen allein in London Immobilien im Wert von 80 Millionen Pfund.

Es sagt viel über das Regime in Kasachstan aus, dass es (Sir) Tony Blairs Beratungsfirma “Tony Blair Associates” 13 Millionen Dollar gezahlt hat, um Ratschläge zu erhalten, wie man sich gegenüber westlichen “Demokratien” “respektabel” präsentieren kann. Auch Blair’s Anwaltsgattin Cherie Blair unterstützte das. Ein weiterer Freund der Diktatur ist Prinz Andrew, der oft in Kasachstan Urlaub machte, um zu “jagen, zu fischen und zu Kontakte zu pflegen”.

Nasarbajew ist 2019 als Präsident zurückgetreten. Er trägt jedoch weiterhin den inoffiziellen Titel “Vater der Nation”. Sein Nachfolger Tokajew ist eine Marionette Nasarbajews, der hinter den Kulissen immer noch beträchtliche Macht ausübte. Deshalb forderten die Demonstranten: “Der alte Mann [Nasarbajew] muss weg”.

Als einige Lokalpolitiker*innen in Mangistau versuchten, den Streikenden entgegenzuhalten, dass sie demokratisch gewählt seien, ließen die Streikenden sie ins Leere laufen. Die Wahlen in Kasachstan gehören zu den käuflichsten der Welt. Nasarbajew hat in der Tradition der alten stalinistischen Machthaber einige Wahlen mit fast 100 Prozent der Stimmen gewonnen! Nur Freunde der Diktatur dürfen bei den Wahlen kandidieren, um den Anschein von Demokratie zu erwecken. Nicht nur echte Oppositionsparteien sind verboten, sondern auch freie Gewerkschaften haben es schwer, sich zu organisieren, und Aktivisten werden regelmäßig schikaniert und angegriffen. Es ist ein Verdienst der Organisator*innen freier Gewerkschaften wie “Amanat”, dass es sie überhaupt gibt.

Zugeständnisse und Unterdrückung

Die Ereignisse haben sich sehr schnell entwickelt. Trotz der Behauptung, dass die Preiserhöhungen außerhalb seiner Kontrolle lägen und lediglich ein Produkt der Marktkräfte seien, sah sich Tokajew gezwungen, fast sofort zurückzurudern und die Preise wieder auf den Stand vom Dezember zu senken. Anstatt die Arbeiter*innen zu beruhigen, scheint dieses Zugeständnis die Demonstrationen nur noch verstärkt zu haben. Tokajew reagierte daraufhin mit der Entlassung der gesamten Regierung, auch wenn er nominell im Amt blieb.

Zu den Zugeständnissen kam brutale Unterdrückung. Die Berichte aus Kasachstan sind nicht ganz zuverlässig, aber es scheint, dass Hunderte von Arbeiter*innenn und jungen Demonstrant*innen von der Polizei und der Armee, einschließlich russischer Streitkräfte, getötet wurden.

Trotz der blutigen Unterdrückung, insbesondere in Mangistau und Almaty – der größten Stadt Kasachstans – wurden Polizei und Armee in vielen Gebieten zurückgedrängt. Einige von ihnen sind in ihre Kasernen zurückgekehrt und weigern sich, die blutige Unterdrückung fortzusetzen, einige haben sich sogar den Demonstrationen angeschlossen. Tokajews Forderung nach militärischer Unterstützung durch Putin ist ein weiteres Indiz für die Schwäche der Diktatur und für das Potenzial, das besteht, um die Gesellschaft vollständig zu verändern, wenn der Aufstand mit einem klaren Forderungsprogramm koordiniert würde.

Im Moment ist es nicht leicht zu erkennen, wie sich die Dinge genau entwickeln werden. Die jüngsten Berichte scheinen darauf hinzudeuten, dass Putins militärische Intervention und Tolajews Ankündigung einer “Schießbefehl”-Politik die Proteste zurückgeworfen haben könnten. Doch selbst wenn die Bewegung vorübergehend abflaut, ist es möglich, dass die Aufstände schnell wieder ausbrechen.

Keines der zugrundeliegenden Probleme ist gelöst und die Arbeiter*innen werden durch ihre Aktionen an Erfahrung und Selbstvertrauen gewonnen haben. Sie werden auch ihre Lehren aus dem ziehen, was bisher geschehen ist.

In den britischen Medien werden Berichte verbreitet, dass Plünderer die Situation ausnutzen. Das mag nicht völlig erfunden sein. Wenn die Bewegung keinen klaren Weg voran zu weisen scheint, wäre es angesichts der Verzweiflung vieler Kasach*innen überraschend, wenn es nicht zu Plünderungen käme. Dies ist jedoch nichts im Vergleich zur Plünderung des kasachischen Vermögens durch Nasarbajew und seine Familie. Der Verweis auf Plünderungen ist einfach eine nützliche Rechtfertigung für Tokajews Schießbefehl.

Russland

Tokajew und Nasarbajew werden ihre nächsten Schritte erwägen, zweifellos in Rücksprache mit Putin. Einige westliche Kommentator*innen behaupten, dass Putin durch die russische Intervention in Kasachstan gestärkt wird. Kurzfristig könnte dies zutreffen. Die Niederschlagung des Aufstands wird eine Warnung für andere sein, einschließlich der NATO und Chinas. Sie wird Russlands Vorherrschaft über die ehemaligen stalinistischen Staaten in Zentralasien und anderswo bekräftigen.

Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass die russische Intervention zu einer schnellen Lösung der Situation führen wird. Russland könnte für einen längeren Zeitraum in eine Unterstützungsaktion für die kasachischen Regierung verstrickt werden, was seine Möglichkeiten, anderswo zu intervenieren, einschränken kann. Russland musste bereits die Lukaschenko-Diktatur in Belarus stützen. Das Land ist an vielen Fronten mit Instabilität konfrontiert. Auch die Spannungen in der Ostukraine halten an.

Keiner der anderen zentralasiatischen Staaten, die formell zur Sowjetunion gehörten, ist stabil. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es in Ländern wie Kirgistan und Turkmenistan zu ähnlichen Aufständen und Protesten kommen könnte. Und, was am wichtigsten ist, es gibt Oppositionsbewegungen in Russland selbst, derer sich Putin sehr wohl bewusst ist. Während eine russische Präsenz vor Ort die Opposition kurzfristig eindämmen könnte, dürfte sie langfristig weiteren Unmut hervorrufen. Wie der Leitartikel der Financial Times vom 7. Januar es ausdrückte:

“Russlands Intervention kann [die Bildung] einer neuen, feindseligen Regierung in seinem Einflussbereich verhindern, im Gegensatz zu den Revolutionen in der Ukraine 2014 und in Georgien 2003. Aber wie in Weißrussland wird, wenn die Tokajew-Regierung überlebt, wahrscheinlich ein hartes Durchgreifen gegen die Opposition folgen. Die Unzufriedenheit wird nur in den Untergrund getrieben, um dort zu schwelen.”

Gleichzeitig werden weder Nasarbajew noch Tokajew eine anhaltende russische Intervention begrüßen. Die Geopolitik der Region bringt es mit sich, dass Russland zwar aus Gründen des nationalen Prestiges Kasachstan als Verbündeten behalten möchte, der “Zukunftsplan” Kasachstans jedoch von der Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu China und westlichen Ländern und Unternehmen abhängig ist. Viele der Privatisierungsgeschäfte, die die herrschende Elite durchführt, werden mit Unternehmen aus Ländern abgeschlossen, die Russland gegenüber potenziell unfreundlich sind. “Business as usual” ist mit der Präsenz russischer Streitkräfte vor Ort möglicherweise nicht mehr möglich.

Trotz der Probleme, die die Repression ohnehin mit sich bringt, ist es wahrscheinlich, dass es zu einem brutalen Vorgehen gegen Aktivist*innen und einer weiteren Einschränkung der Grundrechte kommen wird. Da die Schuld bereits auf “Agitatoren von außen” geschoben wird, ist es möglich, dass auch Angriffe auf Minderheitengruppen erfolgen. In der Vergangenheit gab es einige Angriffe auf Muslime und Muslima durch noch relativ kleine rechtsextreme Gruppen. Im Osten Kasachstans wurden auch chinesische Händler*innen angegriffen.

Eine wichtige Aufgabe der Arbeiter*innenbewegung wird es sein, die Einheit gegen diese Angriffe aufrechtzuerhalten, sollten sie sich entwickeln, und die Arbeiter*innenbewegung außerhalb Kasachstans muss gegen jegliche Repression kämpfen, die sich entwickelt.

Regime Change?

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Regierungswechsel an der Spitze. Allerdings wird es auch hier nicht einfach sein, einen “alternativen”, liberalisierenden Oligarchen an die Macht zu manövrieren. Der wichtigste kasachische “Oppositions”-Oligarch Muchtar Äbljasow, der sich derzeit als politischer Flüchtling in Frankreich aufhält, hat sich während der jüngsten Ereignisse kaum Gehör verschafft. Er ist ein erbitterter Gegner von Nasarbajew und wenn eine Einigung, möglicherweise durch Vermittlung Putins, zustande käme, würde seine Ernennung möglicherweise falsche Erwartungen der Arbeiter*innen an eine neue “saubere” Regierung wecken und dann zu weiteren Demonstrationen und Protesten führen.

Die Arbeiter*innenbewegung sollte keinerlei Vertrauen in Äbljasow oder irgendeinen anderen selbsternannten “Anführer” haben. Äbljasow hat seine Millionen als Leiter des kasachischen Stromnetzes verdient. Er würde die Liberalisierung der kasachischen Wirtschaft, einschließlich des Verkaufs weiterer staatlicher Vermögenswerte an ausländische Unternehmen, auf Kosten der Beschäftigten in Kasachstan weiter vorantreiben.

Es besteht auch die Möglichkeit einer “Palastrevolution”. Berichten zufolge wurde Kärim Mässimow, der ehemalige Leiter der kasachischen Agentur für innere Sicherheit, wegen Hochverrats verhaftet. Die Nasarbajew-Diktatur erschien bisher als monolithisch, aber es ist klar, dass der Monolith durch den Aufstand der Arbeiter*innen in seinen Grundfesten erschüttert worden ist. Es ist möglich, dass andere Mitglieder und ehemalige Mitglieder der Regierung die Macht an sich reißen wollen. Die Arbeiter*innenbewegung wird jedoch nicht auf solche Machenschaften an der Spitze hereinfallen, die einfach einen Diktator durch einen anderen ersetzen würden.

Die Arbeiter*innenbewegung hat instinktiv eine Reihe von Forderungen entwickelt, die aber, soweit wir wissen, nicht in einem klaren politischen Programm dargestellt werden, das landesweit aufgegriffen wird. Ohne eine Arbeiter*innenpartei ist es für die verschiedenen Demonstrationen, die über ein Land von der Größe Westeuropas verstreut sind, schwierig, ihre Bemühungen vernünftig zu koordinieren. Eine der ersten Maßnahmen, die der Staat ergriff, war die Abschaltung des Internet- und Telefonnetzes.

Wie schwierig es auch sein mag, eine der wichtigsten Aufgaben der Demonstrant*innen besteht darin, die verschiedenen Städte miteinander zu verbinden, um ein gemeinsames Programm und ein gemeinsames Vorgehen zu entwickeln. Dies kann nur durch die Schaffung eines Netzes von Komitees in jeder Stadt und in jedem Betrieb erreicht werden. Wenn, wie es zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts wahrscheinlich ist, weitere repressive Maßnahmen ergriffen werden, wird dies eine wichtige Lehre für das nächste Mal sein.

Die Bewegung hat auch allgemeine demokratische Forderungen aufgestellt. Dazu gehören freie und faire Wahlen, die Freilassung aller politischen Gefangenen, freie und unabhängige Gewerkschaften, keine Schikanierung von Aktivist*innen am Arbeitsplatz und der Schutz ihrer Familien.

Nach dem Massaker in Schangaösen bestand eines der Probleme der betroffenen Arbeiter*innen darin, dass sie nicht arbeiten konnten. Sie wurden vom Staat schikaniert und nur eine großartige Solidaritätskampagne der Ehefrauen und Partnerinnen der Ölarbeiter (die an die Arbeit der Bergarbeiterfrauen während des britischen Bergarbeiterstreiks 1984-1985 erinnerte) sorgte dafür, dass sie noch essen konnten. Bei den heutigen Ereignissen wissen wir nicht, wie viele verletzt wurden oder einen Hauptverdiener verloren haben.

Die Marxist*innen in Kasachstan kämpfen für ein sozialistisches Programm, das den Weg zur sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft weisen kann. Die schreckliche Armut, der die meisten Kasach*innen ausgesetzt sind, ist das Ergebnis einer neoliberalen Wirtschaft, die wie eine Diktatur geführt wird. Einige Beschäftigte fordern auf den Protesten bereits die Verstaatlichung. Eine verstaatlichte Wirtschaft, die von gewählten Komitees von Arbeiter*innen und Verbraucher*innen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene demokratisch geführt wird, könnte ein komfortables Leben für alle gewährleisten.

Campaign Kazakhstan

Angesichts der großen Schwierigkeiten, mit denen die Arbeiter*innen in Kasachstan in den kommenden Monaten konfrontiert sein werden, hat die internationale Arbeiter*innen- und Gewerkschaftsbewegung die Pflicht, zu helfen, wo sie kann.

In der Vergangenheit hat Campaign Kazakhstan den kämpfenden Beschäftigten in Kasachstan finanzielle und praktische Unterstützung organisiert. Bereits diese Woche wurde eine Protestaktion vor der kasachischen Botschaft in London organisiert. Wir haben die Beschäftigten aufgefordert, dem Botschafter ihren Widerstand gegen die repressiven Maßnahmen der Diktatur mitzuteilen. Wir wissen, dass bereits Dutzende von Protestbriefen eingegangen sind. (Siehe Brief des Coventry Trades Council unten.)

Wir werden weiterhin Proteste gegen alle kasachischen Unternehmen und Finanzkonzerne usw. in diesem Land organisieren und die britischen Gewerkschaften dazu ermutigen, dafür zu sorgen, dass Pensionsfonds nicht mehr in Kasachstan investieren.

Wir können nicht mit absoluter Sicherheit sagen, in welche Richtung sich die Ereignisse in Kasachstan entwickeln werden, aber wir können sicher sein, dass nichts mehr so sein wird wie vorher.

Sieg den heldenhaften kasachischen Arbeiter*innen!

Für ein sozialistisches Kasachstan als Teil einer sozialistischen Konföderation in Zentralasien!

Dieser Artikel erschien zuerst am 08. Januar 2022 in englischer Sprache auf www.socialistworld.net

Protestbrief des Coventry Trades Union Council (Gewerkschaftsrat, Coventry)

Sehr geehrter Herr Botschafter Ydyryssow,

der Coventry Trades Union Council vertritt 20.000 Beschäftigte in unserer Stadt im Vereinigten Königreich.

Wir schreiben Ihnen, um gegen die brutale Unterdrückung von Demonstrant*innen in ganz Kasachstan und gegen den Ausnahmezustand in Almaty und Mangistau zu protestieren. Es ist ein grundlegendes Menschenrecht, demonstrieren zu dürfen. Kasachstan entpuppt sich erneut als eine altmodische Diktatur und nicht als eine moderne Demokratie.

Wir weisen die “offizielle” Sichtweise zurück, nach der die Demonstrationen von “Extremisten, Terroristen und Radikalen” angeführt werden, wie sie auf Ihrer Website dargestellt wird. Bei den Demonstrant*innen handelt es sich um einfache Arbeiter*innen, Männer, Frauen und junge Menschen, deren Lebensstandard gesenkt wurde, während die privilegierte Elite und die Oligarch*innen an der Spitze der kasachischen Gesellschaft einen verschwenderischen Lebensstil führen. Sie haben erkannt, dass Nasarbajew und seine Familie und Freund*innen das Land in den letzten dreißig Jahren auf Kosten der Beschäftigten und korrupt geführt haben. Tokajew ist nichts anderes als eine Marionette von Nasarbajew. Deshalb haben viele Demonstrant*innen “Nieder mit dem alten Mann” gerufen.

Der Einsatz von Tränengas und anderen Repressionsmethoden muss sofort aufhören. Wir lehnen auch eine Einmischung von außen, von der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS), einschließlich Russlands, oder von China ab. Als Gewerkschafter*innen werden wir diese Fragen bei britischen Unternehmen, die in Kasachstan investieren und arbeiten, zur Sprache bringen.

Wir fordern Sie dringend auf, die Unterdrückung jetzt zu beenden. Dies muss mit der Verpflichtung einhergehen, die Koalitionsfreiheit und die Anerkennung wirklich freier und unabhängiger Gewerkschaften und politischer Parteien zuzulassen, einschließlich solcher, die die herrschende Elite in Kasachstan herausfordern.

Mit freundlichen Grüßen,

Vorstand des TUC Coventry