Ein kritischer Blick auf Habecks Klimaprogramm
Die Erde erhitzt sich. In der Folge werden extreme Wetterereignisse immer häufiger – Fluten und Dürren, Hitze- und Kältewellen oder heftige Stürme fordern immer mehr Opfer. Betroffen sind vor allem arme Menschen, verantwortlich jedoch die Reichen – und vor allem Großkonzerne. Anstatt diese zur Kasse zu bitten, bleiben bürgerliche Politiker*innen ihrer Linie treu, den Klimawandel mit Maßnahmen, wie der CO2-Steuer, aufhalten zu wollen, für die die Lohnabhängigen und sozial Benachteiligten zahlen sollen. Daran wird sich auch unter einem grünen „Klimaminister“ nichts ändern. Doch nicht nur das: für die Rettung des Klimas greifen die Maßnahmen zu kurz.
Von Christian Walter, Aachen
Der grüne Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, hat im Januar bei der Vorstellung der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ gesagt, dass die in allen Bereichen bisher getroffenen Maßnahmen unzureichend seien. Insbesondere der Ausbau erneuerbarer Energien müsse deutlich beschleunigt werden, wolle man die beschlossenen Ziele erreichen – 65 Prozent weniger Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030, Treibhausgasneutralität bis 2045. Treibhausgasneutralität bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase wie CO2, Methan oder Lachgas ausgestoßen als beispielsweise durch Bäume gebunden werden.
Was ist geplant?
Nötig sei eine Verdreifachung der Anstrengungen. Was das bedeutet hat er aber nur grob umrissen: Die Bundesregierung plane noch in diesem Jahr zwei Klimapakete. Damit sollten erneuerbare Energien eine „überragende öffentliche Bedeutung“ bekommen, der Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen deutlich beschleunigt werden. Mit neuen Gesetzen soll auf die Energieeffizienz von Gebäuden und die Wärmeerzeugung Einfluss genommen werden. Die Industrie soll bei klimafreundlichen Investitionen subventioniert werden. Die ökologisch fragwürdige Wasserstoffstrategie soll erneuert und der Ausbau so beschleunigt werden.
Was ist davon zu halten?
Auch wenn Habecks Pläne recht unkonkret bleiben, ist damit zu rechnen, dass es zu verstärkten Förderungen – nicht nur für Großkonzerne – kommen wird. Dass etwas geschieht ist auch eine zentrale Erwartungshaltung an die neue Bundesregierung – für viele Millionen Wähler*innen war die Sorge vor einer weiteren Beschleunigung der Erderwärmung und den dramatischen Folgen wahlentscheidend.
2021 wurde bereits so viel Geld für Klimaschutzmaßnahmen im Bundeshaushalt verplant wie nie zuvor – ein Großteil für Förderprogramme zur Dekarbonisierung der Industrie, also die Umstellung industrieller Produktion auf weniger klimaschädliche Methoden. Doch Habecks Pläne würden nochmal deutlich mehr Geld kosten. Angesichts der drohenden Kosten, die Extremwetterereignisse verursachen, wäre jedoch jeder Euro sinnvoll investiert – vorausgesetzt, dass damit nicht die “Wettbewerbsfähigkeit” von Unternehmen, sondern wirklich die Umwelt und alle Arbeitsplätze geschützt werden.
Wer soll das bezahlen?
Die Corona-Pandemie hat aber die Staatsverschuldung massiv ansteigen lassen. Die Herrschenden haben große Summen in die Hand genommen und vor allem Großkonzernen gegeben, um ihre Profite zu retten. Diese Schulden müssen irgendwann zurückgezahlt werden. Die Regierenden werden dafür die Arbeiter*innenklasse zur Kasse bitten, das wird aber auch Spielräume für Klimaschutzmaßnahmen verkleinern.
Ein nächster Wirtschaftseinbruch kann außerdem jederzeit passieren. Die angekündigten Klimaschutz-Investitionen können zwar vor diesem Hintergrund auch als Anti-Krisen-Maßnahme verstanden werden, sind sie doch ein enormes Investitionsprogramm, aber ob sie umgesetzt werden und inwiefern Konzerne doch beim Umweltschutz sparen werden, um ihre Profite zu sichern, muss sich zeigen.
Habeck hat bisher nicht erklärt, wer die Maßnahmen bezahlen soll. Das heißt, dass – solange die Staatseinnahmen das hergeben – sie durch laufende Steuereinnahmen oder Kredite finanziert werden müssten. Wenn es hingegen mal nicht so glatt läuft – wie in der Pandemie oder wenn die Wirtschaft einbricht – kann das schnell wieder in Frage gestellt sein.
Rettet Habeck das Klima?
Die angekündigten Maßnahmen sind aber bei weitem nicht ausreichend. Fridays For Future hat darauf hingewiesen, dass sie nicht den Zielen des Pariser Klimaabkommens entsprechen. Kein Wunder: Sie bleiben fest in der Logik des Kapitalismus. Und dieser ist nicht fähig, nachhaltig zu wirtschaften. So schreibt Habecks Ministerium vom Erhalt der „Wettbewerbsfähigkeit“ der deutschen Wirtschaft als Antrieb für Investitionen. Das, und nicht die Eindämmung der Klimakrise, ist die Motivation. Entsprechend sind auch naheliegende Maßnahmen im Kapitalismus völlig undenkbar – beispielsweise wird die immense Überproduktion mit keinem Wort erwähnt. Dabei wird in allen Branchen „für die Tonne“ produziert – würde man die Produktion an die Bedürfnisse der Verbraucher*innen anpassen, könnten richtig viele Emissionen eingespart werden. Maßnahmen zum Ausbau des öffentlichen Verkehrswesens oder allgemein zum Thema Verkehrswende werden auch nicht angekündigt.
Klimaschutz erkämpfen!
Andere Bereiche gehen in eine völlig falsche Richtung. Der Militär-Haushalt wird laufend vergrößert – dabei ist das Militär einer der großen Klimakiller. Und Gas sei laut Habeck „unbestritten“ eine notwendige Brücken-Technologie, was von Aktiven der Umweltbewegung anders gesehen wird.
Wir brauchen wirklichen Klimaschutz, keine „grünen“ Geschenke an Konzerne. Möglich ist das nur, wenn der Kapitalismus überwunden und durch eine an den Bedürfnissen und nicht am Profit ausgerichtete Wirtschaftsordnung, basierend auf öffentlichem Eigentum und demokratischer Planung, ersetzt wird. Deswegen sollte Habecks Klimaprogramm Anlass sein, sich sozialistisch zu organisieren!