NRW: DIE LINKE vor den Wahlen

Landesverband nähert sich SPD und Grünen an

Am 15. Mai wird in Nordrhein-Westfalen der Landtag neu gewählt. DIE LINKE ist in aktuellen Umfragen weit von der 5-Prozent-Hürde entfernt. Sie orientiert sich stärker als je zuvor auf SPD, Grüne und eine mögliche Regierungskoalition. Dabei ist ein klarer Oppositionskurs zum politischen Establishment nötig. Die LINKE darf keine Illusionen in SPD und Grüne schüren. Stattdessen muss sie erklären, wieso wir eine linke Opposition brauchen – und sie muss in den aktuellen Bewegungen und anstehenden Kämpfen ihren Gebrauchswert beweisen. 

von Jens Jaschik, Dortmund

Die letzten fünf Jahre haben deutlich gemacht, dass wir eine starke LINKE im Landtag brauchen: Verschärfung der Versammlungs- und Polizeigesetze, Versuche das Sozialticket abzuschaffen oder Semestergebühren für Migrant*innen einzuführen, marode Schulen, eine Corona-Politik im Interesse der Konzerne, die Flutkatastrophe im Juli 2021… – um nur ein paar der krassesten Beispiele zu nennen. SPD und Grüne haben sich in Worten immer wieder als Gegenpol zu CDU und FDP präsentiert, aber eine wirkliche Opposition, die den einfachen Menschen oder den sozialen Bewegungen eine Stimme gibt, fehlt. Auch die von SPD und Grünen geführten Kommunen treten nicht als Hochburgen des Widerstandes gegen die Landespolitik auf. Ebenso dürfen wir nicht vergessen, dass es damals die rot-grüne Regierung war, die mit RWE auf Kuschelkurs ging, die Rodung des Hambacher Forstes durchsetzte, oder einen Mietendeckel im Ruhrgebiet verhinderte. Viele Menschen hoffen auf ein Ende der schwarz-gelben Regierung, aber welche Alternative bietet sich an?

Auf dem Parteitag der LINKEN.NRW im Dezember vergangen Jahres wurde immer wieder davon gesprochen, dass die LINKE das Zünglein an der Waage ist, um eine erneute schwarz-gelbe Regierung zu verhindern. Das Reformerlager hat versucht, die Mitgliedschaft auf einen Regierungskurs mit SPD und Grünen einzuschwören. DIE LINKE.NRW zeigt sich offener denn je, eine solche Regierung mit SPD und Grünen zu bilden. Während der Diskussion schien es so, als wäre der Einzug in den Landtag schon sicher. Das desaströse Ergebnis der Bundestagswahl wurde kaum bilanziert und wie man den Wahlkampf gestalten will, war kein Thema. 

Was für einen Wahlkampf brauchen wir?

Die Orientierung auf eine mögliche Regierungskoalition wird bei den aktuellen Umfragewerten von drei Prozent dazu führen, dass potenzielle Wähler*innen eher das Original – SPD und Grüne – wählen. Aber die Mehrheit der Menschen, die die LINKE erreichen will, würde mangels einer Alternative gar nicht erst zur Wahl gehen. Ein Kurswechsel ist nötig. Dass die LINKE. NRW auch anders kann, hat sie auf der Vertreter*innenversammlung bei der Aufstellung der Landesliste bewiesen. Hier hat sie mit dem Personalratsvorsitzenden der Düsseldorfer Uniklinik Martin Koerbel-Landwehr, der ursprünglichen Spitzenkandidatin der Klimaliste Nicolin Gabrysch, und dem bekannten Kölner Mietenaktivist Kalle Gerigk drei Bewegungsaktivist*innen zu zentralen Themen aufgestellt. DIE LINKE.NRW muss dieses Potenzial nutzen, um ihre Mitgliedschaft zu aktivieren und sich in den Bewegungen, Gewerkschaften und sozialen Kämpfen zu verankern. Nur eine LINKE, die das Vertrauen der Aktivist:*nnen und Kolleg*innen hat, kann auch deren Stimme im Landtag sein.

Gleichzeitig sollte die LINKE von ihren bisherigen Kurs abkehren und deutlich machen, dass es falsch ist, sein Vertrauen in SPD und Grüne zu setzen. Schließlich würde die LINKE in einer Regierungskoalition nicht SPD und Grüne nach links schieben, sondern zum linken Feigenblatt einer pro-kapitalistischen Regierung werden und am Ende sogar selbst unsoziale Politik mittragen. Doch ebenso sind die Hoffnungen auf einen Regierungswechsel in Teilen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Die LINKE kann hier erklären, dass sie der Möglichkeit einer rot-grünen Minderheitsregierung nicht im Weg steht, sie sich aber nicht vertraglich oder in anderer Form an diese Minderheitsregierung bindet, sondern Gesetzesvorlagen im Landtag im Einzelfall entscheidet. Parallel dazu würde sie gemeinsam mit den Bewegungen und Gewerkschaften mobilisieren, um wirkliche Verbesserungen zu erkämpfen. Letztendlich muss DIE LINKE, egal ob es zu einer rot-grüne Minderheits- oder Mehrheitsregierung oder eine erneute schwarz-gelben Koalition kommt, immer an der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten stehen.

Sozialistische Organisation Solidarität

Die Sozialistische Organisation Solidarität unterstützt den Wahlkampf der LINKEN.NRW. Dabei zögern wir nicht auch Kritik zu äußern und bauen inner- und außerhalb der LINKEN Druck für einen kämpferischen, oppositionellen und sozialistischen Kurs auf. Wir setzen uns dafür ein, dass LINKE-Abgeordnete nicht mehr als einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn verdienen. Dadurch würde sich DIE LINKE qualitativ von allen anderen Parteien unterscheiden.

Eine politische Vertretung der Arbeiter*innenklasse ist absolut notwendig. Der Landtag ist eine Plattform, um den Interessen der einfachen Menschen Gehör zu verschaffen. Uns ist aber auch bewusst, dass am Ende wirkliche Veränderungen nur erkämpft werden, wenn es Bewegungen, Demos, Streiks von unten, d. h. von der Straße, aus den Betrieben, den Schulen und Universitäten gibt. Wichtiger als die Wahl selber ist es, sich zu organisieren und gemeinsam Widerstand gegen die Politik der Banken und Konzerne zu leisten. Wahlkämpfe sind immer eine Phase erhöhter politischer Offenheit. Wir wollen die Landtagswahl nutzen, um mit den Menschen in einen Dialog zu treten, darüber, was für eine Politik wir brauchen, wie wir uns wehren können und wie eine sozialistische Alternative zum kapitalistischen Wahnsinn aussehen kann. Wir wollen Angebote schaffen, mit uns aktiv zu werden.