Die Weltlage aus marxistischer Sicht

Manifest-Verlag veröffentlicht Resolutionen des CWI-Weltkongresses

Im Januar tagte der Weltkongress des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI), der weltweiten sozialistischen Organisation, der die Sol angeschlossen ist. Teilnehmer*innen aus 19 Ländern debattierten, leider nur per Zoom, vier Tage über die Weltlage, sozialistische Antworten auf die kapitalistische Krise, das Verhältnis von Marxist*innen zu den Gewerkschaften und die Aufgaben und den Aufbau des CWI. Vier der dort verabschiedeten Resolutionen erscheinen nun im Manifest-Verlag. 

Von Sascha Staničić

Dabei handelt es sich um Texte zur Weltwirtschaft und den weltweiten Beziehungen zwischen den Staaten, zur Lage in Europa, zur Situation in Afrika, Asien und Lateinamerika und zur Situation der Gewerkschaften.

Pandemie und Krise

In den Texten wird unter anderem erklärt, dass die Weltwirtschaft schon vor dem Auftreten des Corona-Virus im Krisenmodus war. Die Wachstumsraten des vergangenen Jahres werden als unausweichliche Reaktion auf den tiefen Fall der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 verstanden und die Perspektive aufgestellt, dass der Weltkapitalismus nicht in der Lage sein wird, ein nachhaltiges und stabiles Wachstum zu generieren. Aufschwünge sind tendenziell schwächer, Krisen tiefer.

USA und China

Ausführlich wird sich mit den sich verändernden weltweiten Kräfteverhältnissen auseinander gesetzt – insbesondere mit dem tendenziellen Niedergang der Macht der USA und dem Aufstieg Chinas. Dies führt zu einer instabileren Weltordnung, zu neuen und wechselnden Allianzen und zu unvorhersehbaren Ereignissen und Eigendynamiken, wie wir gerade in der Ukraine erleben müssen. China wird als eine besondere Form des Staatskapitalismus analysiert – ein Staat, in dem zwar die Gesetze des Kapitalismus vorherrschen, der Staat aber über eine besondere Macht und Einflussmöglichkeiten verfügt, was Auswirkungen auf Krisenverläufe hatte und haben wird. Es entsteht aber keine bipolare Weltordnung, sondern eine instabile, multipolare Welt, in der verschiedene Mächte in verschiedenen Regionen um Macht und Einfluss ringen – weitere Kriege sind so vorprogrammiert.

Neokoloniale Welt

Die Massen in Afrika, Asien und Lateinamerika müssen besonders unter den kapitalistischen Verhältnissen leider – und lehnen sich auch in besonderem Maße immer wieder dagegen auf. Chile, Libanon, Myanmar, Sudan sind nur einige Länder, die Massenbewegungen und Aufstände erlebt haben. Jedoch fehlen starke sozialistische Arbeiter*innenparteien, die den Bewegungen und Aufständen ein Programm und eine Strategie zum Sieg geben könnten.

Europa 

Solche Parteien fehlen auch in Europa, wo Massenkämpfe noch auf einem niedrigeren Niveau stattfinden und durch die Corona-Pandemie begrenzt wurden – wobei die Pandemie zukünftige Klassenauseinandersetzungen gleichzeitig vorbereitet. Ein Merkmal, nicht nur in Europa, ist das Versagen der linken Parteien – teils neue Formationen wie Podemos, teils in die Jahre gekommene wie Linksblock und Kommunistische Partei in Portugal. Deren ideologische Kapitulation angesichts der Pandemie und des Drucks, den Klassenkampf durch vermeintliche über den Klasseninteressen stehende Anstrengungen zur Pandemiebekämpfung zu ersetzen, ist weiter gegangen als zu irgend einem anderen Zeitpunkt der letzten dreißig Jahre. Das erschwert die Entwicklung von sozialistischem Bewusstsein in der Arbeiter*innenklasse und der Jugend und führt zu einem hohen Gewicht kleinbürgerlicher Ideen, wie denen der Identitätspolitik.

Klassenkampf

Aufzuhalten ist der Klassenkampf jedoch nicht und die Suche nach Wegen, die kapitalistische Misere zu überwinden, ist in vollem Gang. In den USA und Großbritannien spricht sich eine Mehrheit der jungen Menschen für Sozialismus aus. Das ist zur Zeit vor allem ein Instinkt und noch keine genaue politische Vorstellung. Diese zu entwickeln, ist eine Aufgabe marxistischer Organisationen, wie die Sektionen des CWI sie aufbauen. Die Texte in diesem Buch zeigen, auf welcher politischen Grundlage dies geschehen soll.

Sascha Staničić ist Bundessprecher der Sol und Mitglied im Vorstand des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale.

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