Fußball-Fest in Katar?

Warum die Fußball-WM der Männer wenig Vorfreude bereitet

Ende diesen Jahres findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer zum ersten Mal auf der arabischen Halbinsel statt. Die Großveranstaltung sieht sich mit massiver Kritik konfrontiert.

von Torsten Sting, Rostock

Von Anfang an war klar, dass es nicht um den Sport ging. Das autoritär regierte Katar hat nur 2,7 Millionen Einwohner*innen. Bei der Bewerbung hatte sich das Emirat gegen mächtige Konkurrenten durchgesetzt, u.a. die USA. Wie war das möglich? Natürlich begleitet die FIFA der Verdacht der Korruption. Immer wieder wurden führende Funktionäre der Bestechlichkeit überführt. Darüber hinaus handelt der Verband jedoch wie ein „normaler“ Konzern. Es geht den Fußball-Kapitalist*innen um neue Absatzmärkte. Katar ist wie das Nachbarland Saudi-Arabien sehr reich und der Fußball erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Profiligen sind aber noch nicht so entwickelt wie in Europa. Hier sehen die FIFA-Oberen noch Potential für Wachstum und zusätzlichen Profit. Zudem drücken sich bei Entscheidungen im Spitzensport, auch allgemeinere Interessen der Herrschenden aus. Katar ist einer der wichtigsten Rohstofflieferanten des Planeten, dessen Bedeutung vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges, weiter zugenommen hat. 

Kritik

Während das Pro-Kopf-BIP zu den höchsten der Welt zählt, ist das Leben für den Großteil der Arbeiter*innen, die in der Regel aus armen Ländern Südasiens stammen, sehr schlecht. Nach Angaben der britischen Zeitung „Guardian“, starben in den letzten zwölf Jahren etwa 6500 Kolleginnen und Kollegen im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für die WM. Die Hauptursache liegt in den mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen und den zu langen Arbeitszeiten. Gewerkschaften, die vor Ort auf die Einhaltung von Standards pochen könnten, sind jedoch in Katar nicht erlaubt. Zudem ist Homosexualität in Katar gesetzlich verboten. Aufgrund dieser Umstände gibt es seit Jahren eine Debatte darum, wie man mit dieser WM umgehen soll.

Boykott?

Die WM in Katar ist ein weiterer Schritt im Profi-Fußball, der die Kommerzialisierung und die Entfremdung der Fußball-Fans steigert.

Es ist absolut nachvollziehbar, dass es international diverse Aufrufe zum Boykott des Turniers gibt. Solche Aufrufe können helfen, die Heuchelei derjenigen aufzuzeigen, die gerade einem Sport- und Kulturboykott gegen Russland das Wort reden. Weder die Lage in Katar noch der Charakter des Profifußballs würden sich durch einen Boykott jedoch ändern.  Die Kommerzialisierung des Fußballs wird dadurch nicht aufgehalten. Die Lebensbedingungen der Arbeitsmigrant*innen in Katar können in erster Linie dadurch verbessert werden, in dem z.B. Gewerkschaften und linke Parteien, den Kolleg*innen vor Ort konkret dabei helfen, sich selbst helfen zu können. Dafür sind internationale Kampagnen nötig, um zu erreichen, dass Gewerkschaften zugelassen werden. Dies wäre ein erster wichtiger Schritt dahin, auch weitere demokratische Rechte, etwa für Frauen, erkämpfen zu können. Letztlich geht es auch in Katar darum, mit dem Aufbau von sozialistischen Arbeiter*innenparteien zu beginnen, um das Übel an der Wurzel, am Kapitalismus, packen zu können.

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