DGB-Jugend-Studie offenbart Probleme
Der Kapitalismus und seine multiple Krise verschont auch Azubis nicht. Seit dem Anfang der Pandemie ist die Zahl der angefangenen Ausbildungen regelrecht eingestürzt! Vierzig Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze konnten im letzten Jahr nicht besetzt werden. Trotz Arbeitskräftemangel und Inflation gibt es in der Breite keine Verbesserungen der Ausbildungsqualität geschweige denn der Vergütungen. Das zeigt die neue Studie der DGB-Jugend.
von Onno Helmold, Mainz
Der Fachkräftemangel wirkt sich nicht nur auf die Arbeitsbelastung, sondern auch auf die Menge des vermittelten Wissen aus. Der Anteil derjenigen Auszubildenden, deren Ausbilder*innen »selten« oder »nie« am Ausbildungsplatz verfügbar sind, ist auf dem höchsten Wert seit dem Anfang der Finanzkrise 2008. Dazu kommen noch die ausbildungsfremden Tätigkeiten wie Putzen, Aufräumen etc., mit denen sich mehr als jede*r zehnte Azubi »immer« bzw. »häufig« befasst.
Die Krise verschärft die Lage
Die Bedingungen in den schon vor der Pandemie auffällig schlechter bewerteten Berufen haben sich durch die Pandemie weiter verschlechtert. Der auf 585 Euro gestiegene Mindestlohn für Azubis ist immer noch lächerlich, wenn man den Mietenspiegel in den Städten sowie die Lebensmittel- und Energiepreisanstiege betrachtet.
Ungleichbehandlung von Frauen
Die durch den Kapitalismus manifestierte besondere Ausbeutung der Frau deutet sich auch in der DGB-Jugend-Studie an. Azubis in weiblich dominierten Berufen haben wesentlich häufiger Probleme, sich nach der Ausbildung zu erholen. Neben der hohen Arbeitsbelastung hat das auch etwas mit der kostenlosen Reproduktion von Arbeitskräften (Haushalt, Kindererziehung) zu tun, die oft Frauen übernehmen. Doppelt so viele junge Frauen geben an, dass die »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« für sie eine wichtige Rolle bei der Berufsauswahl spielt.
Angst vor der Zukunft
Während der Pandemie wurden zum Beispiel in der Gastronomie, im Luftverkehr, in der Logistikbranche oder im Einzelhandel Personal abgebaut. Kein Wunder, dass 14 Prozent der Auszubildenden eine »sehr große« oder »große« Gefahr sehen, ihre Ausbildung nicht erfolgreich abschließen zu können. Fast die Hälfte der Azubis, die kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung stehen, wusste nicht, ob sie übernommen werden.
Um die Lage der Auszubildenden zu verbessern, ist die Einführung einer elternunabhängigen Grundsicherung von 700 Euro plus Warmmiete und eine drastische Erhöhung der Ausbildungsvergütungen nötig. Diese müssten zudem automatisch an die Inflation angepasst werden. Azubis sollten für ihren Beruf eine Übernahmegarantie erhalten. Doch um Ausbildungen insgesamt attraktiver zu machen, müssen sich auch die Arbeitsbedingungen verbessern. Die Gewerkschaften stehen in der Pflicht, kämpferische Forderungen aufzustellen und Azubis und Beschäftigte zu organisieren, um die Forderungen auch erkämpfen zu können. Doch im Kapitalismus steht der Profit immer an erster Stelle. Deswegen müssen wir, auch im Interesse von guter Ausbildung für alle, dieses System überwinden.