Ford Köln: Kampf um jeden Arbeitsplatz führen

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E-Autos sind keine Alternative – Autoindustrie demokratisch verstaatlichen und Produktion umstellen

Der Automobilkonzern, der mit der Einführung der Fließbandproduktion einer ganzen industriellen Epoche seinen Namen aufdrückte, steht vor einer neuen Runde der Rationalisierung und Profitoptimierung.

Von Johannes Bauer, Köln

In der Kölner Boulevardpresse kommen Angehörige der Belegschaft zu Wort, die von einer kämpferischen Stimmung im Betrieb sprechen. Das ist verständlich. Ford hat in den vergangenen Jahren in Köln gutes Geld verdient. Hier wird beispielsweise seit 47 Jahren das Erfolgsmodell Fiesta komplett gefertigt. Mehr als neun Millionen Fahrzeuge dieses Typs konnte Ford absetzen. Außerdem gibt es in Köln ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, sowie die Europa-Zentrale des Konzerns.

Der Abbau von bis zu 3200 der 14.000 in Köln bestehenden Arbeitsplätze und weiterer im Forschungszentrum Aachen steht in Zusammenhang mit dem Umbau der Produktpalette auf Elektroautos – wie schon die Ankündigung, die Produktion von Verbrennerautos in Saarlouis zu beenden und den Großteil der dortigen 4600 Arbeitsplätze abzubauen.

Ford springt verspätete auf diesen Zug und will noch in diesem Jahr mit einem neuen Modell auf den Markt gehen und dafür die Fiesta-Produktion opfern. Folgerichtig stehen zuerst auch die Stellen in der Produktentwicklung auf der Streichliste. Bis zu 2500 Arbeitsplätze sollen hier wegfallen – wer braucht Spezialist*innen für Verbrennungsmotoren, wenn keine Verbrenner mehr produziert werden?

Wir sehen das anders. In den fetten Jahren haben sich die Aktionär*innen Dividenden in die Tasche gesteckt, die von der Belegschaft erarbeitet wurden. Die Y-Halle des Kölner Werkes, in der die Endmontage stattfindet, ist in Köln seit Jahrzehnten als Knochenmühle bekannt.

Mit der Einführung der Elektromobilität gehen weit reichende Veränderungen im Fahrzeugbau einher. Elektronik nimmt weiter zu, Schwermetall verschwindet, weniger Teile werden gebraucht und die Montage vereinfacht. Die Fertigungstiefe in vielen Betrieben der Autoindustrie nimmt ab.

Ökologische Verkehrswende nötig – ohne Arbeitsplatzverluste

Diese Umwälzungen dürfen nicht auf dem Rücken der Belegschaften ausgetragen werden. Für die Manager ist soziale Verantwortung ein Fremdwort. Für uns nicht. Ford kann aus seinen angehäuften Gewinnen die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich reduzieren und die Mitarbeiter in sich verändernden Tätigkeiten qualifizieren. Wenn das Unternehmen dazu nicht bereit ist, muss es den Privatkapitalist*innen entrissen und in demokratisches öffentliches Eigentum überführt werden. Ein solcher Schritt wäre auch nötig, um der krisenhaften Branche eine Zukunft zu sichern. Denn nicht nur steht durch die Ausweitung der Produktion von E-Autos die Vernichtung von Arbeitsplätzen an, die enormen Überkapazitäten in der globalen Autoindustrie fordern das ohnehin. Dabei würde das Know-How und die Arbeitskraft der Beschäftigten in der Branche dringend benötigt, um die nötige Umstellung auf umweltfreundliche Mobilität zu erreichen. Das bedeutet nicht statt Verbrennermotoren Elektromotoren zu bauen, sondern Busse, Bahnen und Fahrräder! Die Ökobilanz eines Elektroautos ist nicht besser als die von Verbrennern aufgrund der hohen Energieintensität der Batterieproduktion (und der Tatsache, dass Strom nicht vollständig aus eneuerbaren Energien gewonnen wird). Nötig ist der Ausbau des öffentlichen Personennah-, Regional- und Fernverkehrs auf Basis einer Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets für den Regionalverkehr, des Nulltarifs für den Nahverkehr und drastisch reduzierter Preise im Fernverkehr. Hier würden die heutigen Beschäftigten der Autokonzerne dringend gebraucht und könnten staatlich garantierte Arbeitsplätze zu den alten – oder besseren – Konditionen erhalten.

IG Metall muss kämpfen

Wir fordern vom Betriebsrat und der IG Metall, dass sie den Kampf um jeden Arbeitsplatz in diesem Sinne führen und die von Arbeitsplatzvernichtung betroffenen Belegschaften – ob in verschiedenen Ford-Standorten oder bei Zuliefererfirmen wie ZF – zusammen bringen und einen gemeinsamen Kampf organisieren. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Eine Pressemitteilung des Betriebsrates Köln liest sich bereits wie ein Nachruf (https://koeln-leverkusen.igmetall.de/fileadmin/user_upload/Presseinfo_BV_23.01.pdf).

Wer darauf hofft, dass durch die Unternehmenspolitik wenigstens ein Teil der Arbeitsplätze gerettet wird, sei gewarnt. Wir sind hier keine Beraterer*innen der Autoindustrie, sondern solidarische Unterstützer*innen der Ford-Arbeiter*innen und Angestellten, aber wir prophezeien, dass der Konzern sich auf seinem europäischen Markt erneut verzockt. Ford ist es in seiner Geschichte in Europa nicht gelungen, sich ein Image wie in den USA zuzulegen. Ford war war immer erfolgreich mit günstigen, zuverlässigen PKW im Kleinwagen- und unteren Mittelklasse-Segment sowie Transportern. Mit der neuen Strategie wendet sich Ford an ein Lifestyle-Publikum, das derzeit bei anderen Marken kauft. Wir bezweifeln, dass Ford dieser Image-Transfer gelingt. Spätestens dann stehen die aktuell verbleibenden Arbeitsplätze auch zur Disposition.

Die Ford-Belegschaft muss ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und kämpfen. Wenn die IG Metall sich weigert, den erforderlichen Kampf zu führen, soll sich die Belegschaft ihrer eignen Traditionen erinnern: Im Jahr 1973 führte sie einen wilden Streik, der in die Geschichte der Arbeiter*innenbewegung eingegangen ist. Ausgestattet mit diesem Geist könnte die Belegschaft das Blatt wenden.

Die Forderung nach Überführung der Autoindustrie in öffentliches Eigentum, demokratisch kontrolliert und verwaltet durch die Beschäftigten und die arbeitende Bevölkerung, müsste dabei eine zentrale Rolle spielen. Nur ein Umbau der Wirtschaft entlang der Bedürfnisse von Mensch und Umwelt statt von den Profitinteressen der Aktionär*innen, letztendlich eine sozialistische Gesellschaft mit geplanter Wirtschaft und demokratischer Kontrolle über die Ressourcen kann die Arbeiter*innen und Angestellten weltweit vor den Krisen des kapitalistischen Wirtschaftsprinzips schützen.