Russischer Einmarsch in der Ukraine jährt sich zum ersten Mal

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Arbeiter*inneneinheit gegen Krieg und Kapitalismus nötig

Rund um den ersten Jahrestag des Ukraine-Kriegs nimmt das Blutvergießen kein Ende. Der Angriff des russischen Militärs auf Bachmut und die umliegenden Gebiete im Osten des Landes hat Vergleiche mit den Schrecken der Angriffe und den Schützengräben des Ersten Weltkriegs hervorgerufen. Die Zahl der Todesopfer unter den Truppen beider Seiten hat sich den ganzen Winter über auf hohem Niveau gehalten, wobei auch viele Zivilist*innen getötet wurden. Immer mehr Bewohner*innen sind gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen, da sie in der Ukraine nirgendwo in Sicherheit sind. Russische Raketen haben dicht besiedelte Stadtgebiete getroffen. Zu den jüngsten Gräueltaten gehörte die Tötung von 45 Bewohner*innen in Dnipro im Januar, darunter auch Kinder, als eine russische Rakete ihren Wohnblock traf. Eine neue blutige Phase des Konflikts scheint nun unmittelbar bevorzustehen, da sich beide Seiten auf eine Frühjahrsoffensive vorbereiten.

von Judy Beishon, Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale

Es versteht sich von selbst, dass sich die Lage in der Ukraine – das menschliche Leid, die Zerstörung der Infrastruktur, die zerschlagene Wirtschaft usw. – in diesem Kriegsjahr dramatisch verändert hat. Der Krieg hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die globalen Beziehungen. Sprunghaft machte er die Welt noch instabiler, wo sich doch die Spannungen zwischen den imperialistischen Mächten ohnehin bereits verschärft hatten. Er spaltete sie in ein breites Spektrum unterschiedlicher Positionen zum Krieg, die von der entschiedensten Unterstützung für die ukrainische Regierung bis hin zum Bündnis mit Putins Russland reichten.

Schon vor dem Krieg war die Konkurrenz zwischen dem im Niedergang befindlichen US-Imperialismus und dem wirtschaftlich und militärisch aufstrebenden China ein wichtiger destabilisierender Faktor. Jetzt, ein Jahr nach dem Krieg, ist es den USA zwar gelungen, sich de facto als Anführerin der westlichen Intervention zu behaupten. Sie haben der Ukraine die bei weitem größte Menge an Hilfe und Waffen zur Verfügung gestellt. Aber der Krieg markiert auch eine weitere Etappe im Prozess hin zu einer multi-polareren Welt mit zunehmender Spaltung, wechselnden Bündnissen und sozialer, politischer und wirtschaftlicher Unbeständigkeit. Der US-Imperialismus ist, obwohl er die größte Weltmacht ist, nicht mehr in der Lage, die Weltbeziehungen wie früher zu dominieren.

Es ist möglich, dass weitere Entwicklungen und Wendungen in diesem Krieg die Weltbeziehungen noch stärker entflammen könnten als bisher. Der Redakteur für Diplomatie des britischen Guardian, Patrick Wintour, berichtete am 20. Februar: “Die USA glauben, dass China im Begriff ist, Russland im Krieg in der Ukraine tödliche Hilfe zu leisten, woraufhin Außenminister Anthony Blinken den chinesischen Spitzendiplomaten direkt davor warnte”. Es ist zwar noch nicht bekannt, ob das chinesische Regime auf diese Weise eingreifen wird, aber die Nachricht, dass dies in Erwägung gezogen wird, zeigt, wie schnell und akut sich eine Eskalation entwickeln könnte.

Kein Ende in Sicht

Der Verlauf des Krieges in den letzten zwölf Monaten wurde weitgehend durch seine Anfangsphase bestimmt, als es den russischen Streitkräften spektakulär misslang, Kiew und die gesamte Ukraine zu besetzen. Putin und seine Berater*innen hatten den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung und der Regierung Selenskyj sowie die ausländische Hilfe, die sie dafür erhalten würden, weit unterschätzt.

Weitere Rückschläge für die russische Invasion folgten im Laufe des Jahres 2022. Aber Russland hält heute immer noch ein Sechstel der Ukraine besetzt und hat in den letzten Wochen seine Truppen vor Ort auf über 300.000 Mann aufgestockt, um zu versuchen, weiter vorzurücken. Einigen westlichen Führer*innen zufolge hat Russland inzwischen 90 Prozent seiner Armee in der Ukraine stationiert.

Es lässt sich nicht vorhersagen, ob die russische Armee auch erfolgreich sein wird. Die ukrainischen Streitkräfte sind motivierter als die russischen, da sie ihr Territorium gegen eine ausländische Aggression verteidigen, während ein großer Teil der russischen Truppen nur widerwillig eingezogen worden ist. Aber es gibt Berichte über Erschöpfung an den ukrainischen Fronten und viele andere Probleme auf beiden Seiten werden den Verlauf des Krieges beeinflussen.

Aus wirtschaftlicher Sicht kann Putins Regime vorerst weitermachen, denn obwohl Russland als Energieexporteur mit niedrigeren Energiepreisen auf dem Weltmarkt und einer von den G7-Staaten auferlegten Ölpreisdeckel konfrontiert ist, gibt es auch ausgleichende Faktoren. Dazu gehören der bilaterale Rekordhandel mit China und die Aufwertung des Rubels als Währung.

Putins mächtiges staatliches Regime aus klientelistischen Gangster-Oligarch*innen wird jedoch mit Fortdauer des Krieges in eine Krise geraten. Eine steigende Zahl russischer Todesopfer und Opfer sowie die Auswirkungen von Sanktionen und anderen Entwicklungen könnten schließlich zum Ausbruch einer Massenbewegung führen, die ihn absetzen will, oder zu einer Bewegung gegen ihn aus den Reihen der russischen Führungselite.

Prigoschin, der Chef der privaten Wagner-Miliz in Russland, welche eine führende Rolle bei den Kämpfen spielt, sagte kürzlich, dass Russland sich darauf konzentriert, die Donbas-Region vollständig einzunehmen. Es ist möglich, dass Putin einen Waffenstillstand anstrebt, um die russische Kontrolle über diese gesamte östliche Region zu erlangen und die Kontrolle über die Krim und die Verbindungsgebiete zwischen diesen Gebieten weiter zu festigen – auch wenn dies nicht leicht zu erreichen sein und den Konflikt in diesen Gebieten nicht lösen wird.

Irgendwann, wenn auch nicht unbedingt bald, wird der Druck für Waffenstillstandsgespräche zunehmen – sowohl international als auch in Russland und der Ukraine. Doch die widerstreitenden Ziele und Interessen der kapitalistischen Führungen sowohl in Russland als auch in der Ukraine und der Umfang der anstehenden Fragen haben eine so große Dimension, dass es möglicherweise nicht einmal zu einer vorübergehenden Einigung kommt. Stattdessen könnte es eine Periode des “eingefrorenen Konflikts” geben, unterbrochen von lokalen Zusammenstößen, die unweigerlich ausbrechen würden.

Unterdessen geht der Krieg weiter, weil beide Seiten glauben, dass sie immer noch militärische Gewinne erzielen können und beide sehen sich großen Schwierigkeiten gegenüber, wenn es darum geht, den Krieg zu beenden. Die Haltung in der Ukraine gegenüber Zugeständnissen wäre nach den massiven Verlusten an Menschenleben, die durch die Beibehaltung oder Rückeroberung von Land entstanden sind, unweigerlich sehr stark und polarisiert. In Russland kann Putin die Unterstützung der rechten Nationalist*innen für den Krieg nicht ignorieren – einschließlich der Kritik, dass der Krieg nicht geschickt oder rücksichtslos genug geführt wird. Sollten seine Streitkräfte größere militärische Rückschläge erleiden, ist nicht auszuschließen, dass er in seiner Verzweiflung den Einsatz einer oder mehrerer begrenzter taktischer Atomwaffen anordnet, was in vielen Ländern massive Antikriegsbewegungen auslösen und die weltweiten Beziehungen und die politische Lage erheblich beeinflussen würde.

Doch je länger der Krieg dauert, desto mehr dürfte sich in beiden Ländern und auch in den Ländern, die Waffen an die Ukraine liefern, der Widerstand dagegen verstärken. In den USA und in Europa haben die Inflation und die Reallohnverluste dazu geführt, dass die Ausgaben für die Ukraine stärker in Frage gestellt werden.

Selenskyj sah sich veranlasst, während seiner jüngsten Rundreise durch London, Paris und Brüssel vor einer “Unterstützungsmüdigkeit” zu warnen. Eine Ipsos-Umfrage, die Ende letzten Jahres in 28 Ländern durchgeführt wurde, ergab, dass 42 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass “die Probleme der Ukraine uns nichts angehen und wir uns nicht einmischen sollten” – wobei in Deutschland ein besonders deutlicher Anstieg dieser Antwort zu verzeichnen war. 64 Prozent waren der Meinung, ihr eigenes Land „könne es sich nicht leisten, die Ukraine finanziell zu unterstützen”. Während die Staatsfinanzen der Länder, die Waffen und Hilfe schicken, dadurch stärker belastet werden, schwimmen Waffenhersteller und Investor*innen im Geld und können ihre neuesten tödlichen Produkte testen – weitere ekelerregende Folgen von Kriegen im Kapitalismus.

Die russische Invasion

Als Putins Regime im Februar 2022 Truppen in die Ukraine beorderte, wollte es die Geschäftsinteressen der russischen Kapitalist*innen in der Ukraine und ihre Handelswege über die Ukraine und das Schwarze Meer schützen und fördern. Es verfolgte auch sicherheitspolitische Interessen: Es wollte verhindern, dass die Ukraine engere militärische Beziehungen zu den westlichen imperialistischen Mächten und der Nato aufbaut. Polen, Lettland, Estland und Litauen sind seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion der Nato beigetreten. Sie haben zusammen mit dem nördlichen Norwegen geografisch die Nato an die Grenzen der Russischen Föderation herangeführt – zu nah für das Putin-Regimes. Die Ukraine geriet mehr und mehr in den Orbit des westlichen Kapitalismus, worauf Putin und der am meisten nationalistische Flügel der russischen Elite mit einer Propaganda reagierten, die an das riesige “Großrussland” des 19. Jahrhunderts und davor erinnerte.

Sie behaupteten, die Rechte ethnischer Russ*innen in der Ukraine und die russische Sprache zu verteidigen, die wie andere Minderheitensprachen von der ukrainischen Regierung zunehmend eingeschränkt wurde. Putin ist jedoch kein Verteidiger nationaler Minderheiten, wie die Behandlung von Minderheiten in der Russischen Föderation durch sein Regime gezeigt hat. Und auf jeden Fall wird nur eine zukünftige demokratische sozialistische Gesellschaft in der Ukraine in der Lage sein, den Minderheiten volle Rechte einzuräumen. Kein kapitalistisches Regime wird dies tun.

Kein Sozialist und keine Sozialistin sollte Putins Invasion in irgendeiner Weise rechtfertigen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht gleichzeitig die Manöver der westlichen imperialistischen Mächte um wirtschaftlichen und politischen Einfluss in Osteuropa seit dem Zusammenbruch des Stalinismus zu Beginn der 1990er Jahre anerkennen und bekämpfen. Ihre Gier nach potenziell profitablen Märkten war Teil eines zwischenimperialistischen Konflikts mit der poststalinistischen kapitalistischen Elite Russlands, die sich nicht bereit zeigte, eine zweitrangige Rolle in ihrer eigenen Region zu akzeptieren.

Dieses Eigeninteresse war das Hauptmotiv für die von westlichen Regierungen an die Ukraine gelieferten Waffen und Finanzmittel. So wie es Putin an echtem Interesse für die ethnischen Russen in der Ukraine mangelt, haben auch die westlichen Mächte kein humanitäres Interesse am ukrainischen Volk oder an den einfachen Menschen irgendwo anders. Der Betrag, den die US-Regierung für Waffen und andere Hilfen für die ukrainische Regierung im nächsten Haushaltsjahr veranschlagt hat, ist phänomenale 500 Mal höher als der Betrag, den sie bisher für die Millionen von Obdachlosen in der Türkei und Syrien nach dem jüngsten verheerenden Erdbeben bereitgestellt hat.

Die kapitalistischen Medien in weiten Teilen des Westens versuchen, die wahren Motive für die Waffenlieferungen zu verschleiern, indem sie sich den Mantel des ukrainischen Nationalismus umhängen – “Freiheit für die Ukraine” – und ständig behaupten, die Waffen würden zur Verteidigung westlicher, demokratischer Werte geliefert. Sie erklären nicht, warum nicht auch den vielen anderen Völkern, die von diktatorischen Regimen unterdrückt werden oder dagegen kämpfen, mit Waffen geholfen wird. Die wahre Priorität wurde in einem Leitartikel der Financial Times deutlich, der die geringen Munitionsbestände in den Nato-Ländern beklagte und hinzufügte: “Aber die Kapazitäten der Verteidigungsindustrie sind ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheit, die die internationale Ordnung und das globale Handelssystem untermauern. Sie aufrechtzuerhalten ist auch ein Mittel zur Abschreckung von Aggressionen” (31.1.23).

Pro-kapitalistische Kommentator*innen im Westen zögern nicht, Putin als Kriegsverbrecher zu bezeichnen. Wie sollten dann George W. Bush und Tony Blair genannt werden, die die Invasionen und Besetzungen des Irak und Afghanistans angeordnet haben? Es wird auch viel über den Widerstand gegen die gewaltsame Neuziehung von Grenzen gesprochen, während sich nächstes Jahr der Einmarsch des Nato-Mitglieds Türkei in Zypern und dessen Teilung, einschließlich der ethnischen Säuberung der griechischen Zypriot*innen im Norden, zum 50. Mal jährt. Und es wird wenig darüber gesprochen, dass die Türkei immer noch den Norden Zyperns kontrolliert oder dass sie derzeit einen Teil Nordsyriens besetzt hält.

Waffenlieferungen nehmen zu

Während des gesamten Krieges haben die westlichen Mächte, die die Ukraine unterstützen, strenge Beschränkungen für die Waffenlieferungen und -ziele festgelegt, vor allem um zu verhindern, dass sich der Krieg über die Ukraine hinaus ausbreitet, aber auch um die Reaktion des russischen Regimes innerhalb der Ukraine einzuschränken. Das geschah auch, um Putins versteckten Drohungen zu begegnen, den Einsatz einer Atomwaffe “auf dem Schlachtfeld” in Erwägung zu ziehen.

Im Dezember bekräftigte US-Außenminister Antony Blinken, dass die US-Politik darin besteht, die Ukraine bei der Rückeroberung der seit der russischen Invasion im vergangenen Jahr eroberten Gebiete zu unterstützen, nicht aber die Krim und die zuvor besetzten Gebiete im Osten. Die Regierungen in Westeuropa vertreten dieselbe Position; nur Polen und die baltischen Staaten fordern die Rückgabe der Krim an die Ukraine.

Die Art der gelieferten Waffen und Ausrüstungen wurde jedoch schrittweise erhöht und derzeit, da die russischen Streitkräfte möglicherweise vorrücken werden, stehen die westlichen Regierungen erneut vor dem Dilemma, ob sie einen Schritt weiter gehen sollen. Erst im Januar stimmten das Vereinigte Königreich, Deutschland und die USA der Entsendung von Panzern zu. Nur wenige Wochen später wurden sie von Selenskyj gedrängt, die Entsendung von Kampfjets und Langstreckenwaffen in Betracht zu ziehen.

Jede Regierung stützt sich bei ihren Entscheidungskriterien auf die Interessen ihrer eigenen nationalen Kapitalistenklasse, einschließlich innenpolitischer Erwägungen hinsichtlich der eigenen Wahlunterstützung. Die Selbstbeweihräucherung der Regierungen für ein “gemeinsames Vorgehen” zur Unterstützung der Ukraine ist zum Teil nur ein Vorwand, denn in Wirklichkeit haben die Meinungsverschiedenheiten darüber, was zu liefern ist, zugenommen – sowohl innerhalb einiger Regierungen als auch zwischen ihnen.

Kapitalismus in der Ukraine

Sie schicken die Waffen und die Ausrüstung in die festen Hände der ukrainischen Regierung. Da diese selbst entschieden pro-kapitalistisch ist, bedeutet das, dass der von dieser Regierung geführte Verteidigungskampf gegen Russland nicht in erster Linie darauf abzielt, die ukrainische Arbeiter*innenklasse vor Unterdrückung zu schützen, sondern vielmehr den klassenbedingten Interessen der ukrainischen Kapitalist*innen und ihrer internationalen Unterstützer*innen zu dienen. Sie beabsichtigen, dass nach dem Krieg eine kapitalistische Führungselite weiterhin die meisten Ressourcen, Dienstleistungen und Industrien besitzt und kontrolliert. Auf der Grundlage des Kapitalismus wird die Ukraine ein verarmtes, schwer kriegsgeschädigtes Land sein, das darauf angewiesen ist, ausländische Hilfe und Investitionen für den Wiederaufbau in einer krisengeschüttelten Welt zu erhalten, in der astronomische Schuldenstände die Norm sind und das Wirtschaftswachstum bestenfalls mager ausfällt.

Selenskyj hat sich geschickt als ein Führer präsentiert, der die Nation gegen den schrecklichen Angriff von Putins Russland “eint”. Er hat auch Unterstützung für seine Versprechen erhalten, die Macht der ukrainischen Oligarch*innen zu beschneiden und die massive Korruption an der Spitze zu bekämpfen – im vergangenen Jahr wurde die Ukraine von Transparency International als das zweitkorrupteste Land in Europa bezeichnet. Aber da seine politische Ideologie fest im Kapitalismus verankert ist, wird er – oder jeder pro-kapitalistische Nachfolger – nicht in der Lage sein, das zu liefern, was das ukrainische Volk fordern wird, wenn es diesen Krieg endlich hinter sich gelassen hat: gute Wohnungen, Dienstleistungen und Lebensstandards und alles andere, was für eine angemessene Lebensqualität notwendig ist.

Selbst unter Kriegsbedingungen hat Selenskyjs Regierung neoliberale, arbeiter*innenfeindliche Gesetze erlassen, die die Rechte der Beschäftigten einschränken, und sie hat eine Reihe linker Organisationen verboten. Das Mantra der “nationalen Einheit” wird sich als Verschleierung der Klassengegensätze entpuppen, als Deckmantel für die Bereicherung der oberen Gesellschaftsschichten durch die Ausbeutung der überwältigenden Mehrheit.

Für Sozialist*innen ist der Kampf in der Ukraine gegen die ausländische Aggression untrennbar mit der Notwendigkeit verbunden, dass die ukrainische Arbeiter*innenklasse eine Bewegung aufbaut, die den Kapitalismus beseitigt und ihn durch öffentliches Eigentum an den wichtigsten Säulen der Wirtschaft sowie durch sozialistische Planung des Wiederaufbaus und der Wirtschaft ersetzt.

Es ist nicht sozialistisch, zu schreiben, wie es die Stop the War Coalition in Großbritannien wiederholt tut, dass “die einzige wirkliche Lösung des Krieges in einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung liegt”. Das wäre eine zwischen den herrschenden Klassen auf beiden Seiten vereinbarte Regelung, die bestenfalls eine gewisse Atempause vom Blutvergießen bringen könnte, aber keine wirkliche oder dauerhafte Lösung wäre. Die kapitalistischen Interessen, der Wettbewerb, die Gebietsansprüche, die Ausbeutung und die Unterdrückung von Minderheiten würden bestehen bleiben.

Es geht nicht darum, die Vertreter*innen des Kapitals aufzufordern, zu entscheiden, welche Kapitalist*innenklasse die Kontrolle über die Krim, den Donbas oder sonst wo haben soll, sondern klar zu sagen, dass die Menschen in diesen Gebieten das Recht haben sollten, demokratisch und ohne Zwang über ihre eigene Zukunft zu entscheiden – das Recht auf Selbstbestimmung.

Arbeiter*innen und Sozialist*innen in allen Ländern der Welt, auch in Russland und der Ukraine, können kein Vertrauen in die Aktionen der Kapitalist*innen ihres eigenen Landes oder der Regierungsvertreter*innen dieser Kapitalist*innen im In- oder Ausland setzen. Vertrauen kann man nur in den Aufbau von demokratischen sozialistischen Organisationen auf der Grundlage der Arbeiter*innenklasse setzen, die völlig unabhängig von kapitalistischen Interessen sind, und in den Aufbau von Solidarität zwischen diesen Organisationen auf internationaler Ebene.

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