Gemeinsam kämpfen für einen TVStud

Studentische Beschäftigte organisieren sich für einen Tarifvertrag

Beschäftigte im öffentlichen Dienst kämpfen im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen immer wieder für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Doch es gibt eine große Beschäftigtengruppe, die noch keinen Tarifvertrag hat und diesen erstmal erkämpfen muss: die studentischen Beschäftigten. Die Vorbereitungen dafür laufen, denn klar ist: So wie die Arbeitsbedingungen gerade sind, können sie nicht bleiben! Ein Tarifvertrag muss her!

von Chiara Stenger, studentische Beschäftigte

Unbezahlte Überstunden, kurze Vertragslaufzeiten, niedrige Löhne, keine Personalvertretung, kein Anspruch auf Urlaubstage oder sogar Nacharbeiten von Krankheitstagen – das ist normal für viele studentische Beschäftigte an Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland. Obwohl diese Beschäftigtengruppe vom Campus nicht wegzudenken ist und ohne ihre Arbeit nichts laufen würde, stellt sie eine der größten Gruppen des öffentlichen Diensts ohne Tarifvertrag dar. Berlin ist das einzige Bundesland mit einem solchen Tarifvertrag und der beste Beweis, dass so eine enorme Verbesserung der Arbeitsbedingungen möglich ist. Auch wenn dort noch viel Luft nach oben ist, sind die Vertragslaufzeiten mit 14,1 Monaten im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt von 5,7 Monaten enorm hoch.

„Organizing“ im Sommersemester

Aus diesen Gründen startet mit dem Sommersemester das bundesweite sogenannte „Organizing-Semester“ im Rahmen der Kampagne für einen bundesweiten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud). Ziel ist es während der Runde für einen Tarifvertrag der Länder (TV-L) ab Oktober für einen TVStud zu kämpfen. Dazu sollen in den kommenden Wochen und Monaten möglichst viele 1:1-Gespräche über die Probleme und Arbeitsbedingungen sowie die Notwendigkeit eines Tarifvertrags geführt werden. Es geht um das konkrete Angebot, Teil der TVStud-Bewegung zu werden und einer Gewerkschaft beizutreten. Basis ist das sogenannte „strukturbasierte Organizing“, mit dem auch Streiks in anderen Bereichen vorbereitet wurden. ver.di und GEW, die auch die Konferenz zum Auftakt des „Organizing-Semesters“ in Göttingen Ende Februar unterstützten, spielen in dieser Kampagne eine wichtige Rolle. Eine dauerhafte Organisierung von Studierenden kann Arbeitskämpfe langfristig an die Hochschulen holen und Studierenden die Aufgabe und Bedeutung von Gewerkschaften näher bringen. Studierende zu aktiven Gewerkschaftsmitgliedern zu machen ist somit ein sehr wichtiger und begrüßenswerter Schritt. Es ist jedoch auch relevant neben der Mitgliedergewinnung Schritte für eine demokratische Organisierung und Forderungsfindung einzuleiten und kritische Diskussionen zu tariflichen sowie politischen Zielen zu führen. Dazu zählen beispielsweise Fragen nach demokratischen bundesweiten Strukturen und demokratischer Streikführung, aber auch dazu, wie man Kämpfe zusammenführen kann. Dadurch können möglichst viele aktiv in die Auseinandersetzung eingebunden werden und dies kann zum Erfolg führen.

Wie weiter?

Ein gemeinsamer Kampf mit allen Beschäftigten der Bundesländer und damit auch eine Eingliederung des TVStud in den TV-L ist von großer Bedeutung. So können Beschäftigte unterschiedlicher Bereiche gemeinsam und solidarisch auf die Straße gehen und ihre volle Stärke zeigen.  Höhere Löhne bei steigender Inflation, Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen sind auch bei Kolleg*innen in der Verwaltung, in den Mensen, Bibliotheken oder Gärten der Hochschulen ein wichtiges Thema. Bei wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen sind die Bedingungen durch Personalmangel, Überlastung sowie insbesondere durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ebenso prekär. Gerade letzteres führt zu sehr vielen Problemen durch Kurzzeitverträge, Teilzeitstellen und die stetige Unsicherheit über die eigenen Zukunftsperspektiven. Ausreichendes, gut bezahltes Personal an Hochschulen ist zur Qualitätssicherung der Bildung und Forschung von höchster Bedeutung – egal in welchem Bereich. Eine deutliche Entgelterhöhung für den TV-L, aber auch endlich ein bundesweiter TVStud sowie Kampagnen für generell bessere Bedingungen in Forschung und Wissenschaft sind daher dringend notwendig. Klar ist aber auch, dass ein wirklich gutes Bildungssystem genau wie gute Forschung im Rahmen des kapitalistischen Systems kaum möglich sind. Die Ökonomisierung der Universitäten muss ebenso bekämpft werden wie dieses System als Ganzes. Also lasst uns gemeinsam an den Hochschulen aktiv werden für bessere Arbeits- und Lernbedingungen und ein wirklich gutes Leben für alle.