Arbeitskampf vorbereiten

Zur Tarifrunde im Einzelhandel 

Post, Öffentlicher Dienst und Bahn – nun kommt der Einzelhandel an die Reihe. Auch hier ist eine konfliktreiche Auseinandersetzung zu erwarten. 

von Torsten Sting, Rostock

In allen Tarifrunden haben bislang die Kolleg*innen deutlich gemacht, dass es ihnen ernst ist mit den Forderungen. In einer Umfrage von ver.di-Nord gaben 87,4 Prozent der Befragten Mitglieder im Einzelhandel an, dass auch sie bereit sind, an „Aktionen oder Streiks“ der Gewerkschaft teilzunehmen. 

Situation im Einzelhandel

Die Kolleg*innen sind, wie alle, von der hohen Inflation betroffen. Das allerdings in einem Bereich, in dem das Lohnniveau ohnehin niedrig ist. In der Branche arbeitet außerdem knapp die Hälfte der Beschäftigten in Teilzeit und hat daher ein noch niedrigeres Einkommen. Etwa zwei Drittel sind Frauen. 

Seit vielen Jahren „fliehen“ die Kapitalist*innen aus den Tarifverträgen und versuchen somit die Gehälter weiter abzusenken.

Forderungen von ver.di

Die Tarifrunde im Einzelhandel wird dezentral geführt und in den jeweiligen Bezirken ausgehandelt. Insofern gibt es auch bei den Forderungen gewisse Unterschiede. Der Großteil ist jedoch inhaltlich identisch und umfasst folgende Punkte:

  • Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,50 Euro in der Stunde
  • Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf 13,50 Euro
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 250 Euro
  • Die Tarifverträge müssen für alle Arbeitgeber*innen der Branche gelten („Allgemeinverbindlichkeit“)
  • Die Laufzeit des Tarifvertrages soll zwölf Monate sein

Diese Forderungen widerspiegeln den großen (Leidens-)Druck der Gewerkschaftsbasis und sind das Minimum, das zu einer Verbesserung der Lebenssituation nötig ist. Jetzt muss es darum gehen, dass ein ernsthafter Kampf geführt wird, um sie vollständig durchzusetzen. Dafür ist es existentiell, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben mobilisiert werden.

Streiken!

Auch für den Einzelhandel gilt, dass ohne Streik die Forderungen nicht durchgesetzt werden können. Mit einer kämpferischen Kampagne und entschlossenen Warnstreiks kann der Organisationsgrad im Handel ausgeweitet werden. Die Kolleg*innen haben schon in der Vergangenheit bewiesen, dass Streiks möglich sind, die die Unternehmen schmerzhaft treffen.

Dazu verdienen sie die Unterstützung von ganz ver.di. Die Gewerkschaft sollte eine Solidaritätskampagne durchführen mit Aktionen vor bestreikten Geschäften und es sollten in Abstimmung mit der EVG und anderen sich noch in Tarifrunden befindenden Belegschaften gemeinsame Streiktage und Demonstrationen mit Bahn-Beschäftigten und anderen durchgeführt werden.

Streiks demokratisch führen

Leider zeigen jedoch der Abschluss bei der Post und die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst, dass eine hohe Kampfbereitschaft von unten, nicht automatisch ein gutes Ergebnis zur Folge hat. Obwohl es sehr gute Mobilisierungen und in der Urabstimmung bei der Post eine große Mehrheit für den Arbeitskampf gab, haben die Verhandlungsführungen enttäuschenden Ergebnissen zugestimmt. Dies hat zu viel Verärgerung an der Basis geführt und wird auch wieder Vertrauen kosten. Damit wird das untergraben, was in der Tarifbewegung zuvor aufgebaut wurde.

Deshalb sollte eine Schlussfolgerung lauten, dass die Streiks von unten kontrolliert und regelmäßige Versammlungen, auch betriebsübergreifend, durchgeführt werden müssen, wo gemeinsam über den aktuellen Stand und die weiteren Schritte diskutiert wird und Entscheidungen demokratisch getroffen werden.