Elektroautos: Mogelpackung der Konzerne 

E-Mobilität ist keine klimafreundlicher Alternative

Seit Jahren ist das Elektroauto als vermeintliche Wunderwaffe im Kampf gegen die Klimakrise in aller Munde. VW will seine Produktion von Elektroautos massiv ausbauen und wird dabei von der Bundesregierung unterstützt. Das im letzten Jahr eröffnete Tesla-Werk des Multimilliardärs und selbsternannten Weltretters Elon Musk sorgte weit über Berlin und Brandenburg hinaus für Schlagzeilen. Können Elektroautos helfen, die Klimakrise zu überwinden?

Von Marc Hausdorf, Senftenberg

Die Notwendigkeit einer Alternative zum herkömmlichen Autoverkehr auf Basis von Verbrennungsmotoren liegt auf der Hand. Stand letzten Jahres ist das Transportwesen für fast ein Viertel aller weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die große Mehrheit davon wiederum entfällt auf den Straßenverkehr. Der ist in Deutschland für etwa 18 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich. Innovationen in diesem Bereich haben also das Potenzial, die Menge an Treibhausgasen massiv zu senken und somit dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die Frage ist nur, ob Elektroautos eben das leisten können.

Tatsächlich übertrifft die Energieeffizienz batteriebetriebener Autos die von Autos mit Verbrennungsmotoren um ein Vielfaches. Der Haken dabei ist jedoch, dass die Herstellung der Batterien selbst zusätzliche, beträchtliche Emissionen verursacht. Die CO2-Bilanz eines frisch aus der Herstellung kommenden Elektroautos ist sogar schlechter als die eines herkömmlichen neuen Wagens und übertrifft letztere erst nach einer gewissen Nutzungsdauer. Wann genau sich ein E-Auto gegenüber einem Auto mit Verbrennungsmotor „rechnet“, darüber sind sich die Expert*innen recht uneinig. Die optimistischsten Schätzungen sprechen von 30.000 Kilometer, pessimistischere Modelle kommen auf 100.000 Kilometer oder noch mehr.

Dabei gehen die Modelle zur Berechnung der CO2-Bilanz oftmals von einem höheren Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung aus, als dies gerade tatsächlich der Fall ist. Die bessere ökologische Verträglichkeit von mit Strom betriebenen Autos steht und fällt natürlich damit, dass eben dieser Strom ökologisch nachhaltig produziert wird. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist aber nach wie vor zu langsam. Im schlimmsten Fall könnte der deutlich erhöhte Strombedarf durch einen Ausbau der E-Mobilität also durch ein weiteres Festhalten am klimaschädlichen Kohleabbau oder gar einer Verlängerung der Risikotechnologie Atomenergie gedeckt werden.

Mineralienabbau – Gefahr für Umwelt, Mensch und Frieden

Ein weiterer Faktor sind die zur Herstellung von Elektroautos benötigten Mineralien. Für die Herstellung eines Elektroautos werden etwa sechsmal so viele Mineralien benötigt wie für ein herkömmliches Auto. Ein umfassender Ausbau der E-Mobilität würde eine gigantische Steigerung des Bedarfs nach solchen Mineralien auf ein über den heutigen Kapazitäten liegendes Niveau mit sich ziehen. Dies würde eine ganze Reihe von ökologischen und sozialen Problemen bedeuten.

So ist der Lithiumabbau, der sich hauptsächlich im Dreieck zwischen Chile, Argentinien und Bolivien abspielt, mit einem extrem hohen Wasserverbrauch verbunden. Kobalt wird vorrangig im Kongo abgebaut, unter miserabelsten Arbeitsbedingungen und mit dem Nebeneffekt der Versäuerung des Grundwassers. Die Raffinierung von Kobalt verursacht zudem hohe Emissionen von Treibhausgasen.

Darüber hinaus sind Mineralien weltweit noch ungleicher und konzentrierter verteilt als fossile Brennstoffe. Die zunehmende Bedeutung dieser Rohstoffe birgt in einer kapitalistischen Welt die Gefahr neuer internationaler Spannungen und imperialistischer Einflussnahme. So wird vermutet, dass der Putsch gegen Evo Morales 2019 unter anderem durch den Zugriff auf Boliviens reichhaltige Lithium-Vorkommen motiviert war. Bezeichnend, dass gerade der oben erwähnte Musk in diesem Zusammenhang tweetete, „we’ll coup whoever we want!“ 

Staatlich subventionierte Klimakiller

Elektroautos sind also weniger nachhaltig, als sie gerne dargestellt werden, und andererseits mit nicht zu unterschätzenden Risiken verbunden. Von der Bundesregierung werden sie trotzdem mit Begeisterung gefördert. Seit 2016 hat die Bundesregierung etwa 7,5 Milliarden Euro an Prämien für den Neukauf von E-Autos ausgezahlt. Dies kommt einer staatlichen Subventionierung der Autoindustrie gleich. Weiterhin hält die Ampel am Ziel von einer Millionen Ladepunkten bis 2030 fest, was mindestens zwanzig Milliarden Euro kosten wird. Gleichzeitig werden Mittel für den klimafreundlichen Ausbau des Bahnverkehrs gekürzt.

Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ist und bleibt aber die einzig wirksame Lösung für eine klimafreundliche Infrastruktur. Die Elektromobilität wird die CO2-Emissionen bestenfalls mäßig senken, dafür aber soziale und ökologische Probleme auf der Welt verschärfen und Milliarden verschlingen, die so dringend für den Ausbau von Bus und Bahn gebraucht würden. Was wir brauchen, ist eine massive Ausweitung der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs, vor allem auch in ländlichen Regionen und eine drastische Reduzierung der Ticketpreise bis hin zum Nulltarif. In einer so transformierten Verkehrswelt könnten batteriebetriebene Autos, in Form von Bussen, Taxis oder Sharecars, eine unterstützende Rolle spielen, in der sie ihr ökologisches Potenzial voll entfalten könnten.

Für eine sozialistische Verkehrswende

Dabei muss die Abkehr vom automobilbasierten Individualverkehr keine Arbeitslosigkeit für die hunderttausenden Arbeiter*innen in der Autoindustrie bedeuten. Deren produktive Kapazitäten könnten genutzt werden, um Fahrräder, Teile von Bussen und Zügen, Aufzüge und andere gesellschaftlich sinnvolle Produkte herzustellen. Solche Produktionsumstellungen sind möglich und hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben.

Voraussetzung dafür ist die Überführung der Automobilkonzerne in öffentliches Eigentum und ihre demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten, Vertreter*innen der Gewerkschaften, von Umweltverbänden und des Staats. Solange sich diese Konzerne in der Hand einzelner Kapitalist*innen befinden, werden diese ihre Produktion allein auf ihren eigenen Profit ausrichten und ihre Interessen, unter anderem durch Lobbyismus, zu lasten der Masse der Bevölkerung durchsetzen. 

Wir fordern daher statt der Förderung von Elektroautos Investitionen in Bus und Bahn, vor allem im ländlichen Raum, sowie den Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr und die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets für den Regionalverkehr. Konzerngewinne und das Vermögen der Superreichen, wie der Chefs von VW, Daimler und Porsche, müssen stärker besteuert werden, um diese Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Energie- und Automobilkonzerne müssen außerdem in öffentliches Eigentum überführt und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung gebracht werden.

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