Letzte Generation gegen Repression verteidigen

Aber um die Klimakrise zu bekämpfen, müssen wir dem Kapital eine kleben – nicht Pendler*innen

Die Repressionen gegen die Umweltschützer*innen von der Letzten Generation werden immer heftiger. Der Staat verlässt sich darauf, dass ein hartes Vorgehen von einem großen Teil der Bevölkerung befürwortet wird. Dieser wachsende Unmut ist völlig verständlich, treffen die Protestformen der Letzten Generation doch meist die Falschen. Aber mit seiner Repression erprobt der Staat auch, gegen andere Oppositionelle härter vorzugehen. 

von Merlin Koller, Hamm

Bereits seitdem die Letzte Generation erste Proteste organisierte, fahren bürgerliche Medien und Politiker*innen eine Hetzkampagne gegen die Klimaaktivist*innen. Mittlerweile gab es jedoch eine Vielzahl an Wohnungsdurchsuchungen und sogar erste Haftstrafen. Um eine schnelle Verurteilung erzielen zu können, werden in Berlin Richtsprüche über die Aktivist*innen der Letzten Generation im beschleunigten Verfahren durchgeführt. In anderen Bundesländern ist dies ebenfalls im Gespräch. In Bayern saßen drei Aktivist*innen einige Tage in Präventivhaft, bevor sie zu Geldstrafen verurteilt wurden.

Solidarität

Nachdem auch staatliche Behörden in den letzten Jahren eingestehen mussten, dass „Rechtsextremismus“ eine große Gefahr darstellt, sehen wir nun auch den Versuch, mal wieder gegen „links“ auszuteilen. Oftmals behaupten die etablierten Parteien, sie würden im Interesse der Menschen handeln, die auf ihr Auto angewiesen sind. Das ist in höchstem Maße heuchlerisch, wenn man an die horrenden Benzinpreise der letzten Jahre und die kaputt gesparte Infrastruktur in vielen Regionen denkt.

Das Anliegen der Letzten Generation ist ein wichtiges. Klimawandel und Umweltzerstörung bedrohen die Lebensgrundlagen der Menschheit. Dagegen etwas unternehmen zu wollen, ist wichtig und wir verteidigen die Aktivist*innen gegen die Repression. Gleichzeitig haben wir unsere Kritik an Programm und Methoden der Letzten Generation, die die Klimabewegung keinen Schritt vorwärts bringen.

Hinzu kommt, dass sich der Staat erprobt, härter gegen Proteste im Allgemeinen vorgehen zu können. Insbesondere in Zeiten von Krise und Teuerungen fürchten die Herrschenden Massenproteste – zurecht. Wenn wir uns auch in Zukunft gegen andere Ungerechtigkeiten wehren wollen, müssen wir unsere Rechte auf Protest bereits jetzt verteidigen.

Keine radikalen Forderungen

Die Unbeliebtheit der Letzten Generation lässt sich insbesondere auf ihre Aktionsformen, wie dem Blockieren von Straßen und Angriffen auf Kunstwerke zurückführen. Dieser Unmut ist vollkommen verständlich, treffen sie doch die Falschen. Da der ÖPNV viel zu schlecht ausgebaut ist, sind viele Arbeiter*innen gezwungen, mit dem Auto zu fahren. Die Verantwortung für Umweltzerstörung und Klimawandel tragen nicht sie, sondern die Regierenden und Bosse in den Konzernetagen. 

So radikal vielen die Protestformen der Letzten Generation auch erscheinen mögen, so angepasst und harmlos sind ihre Forderungen. Auf ihrer Website stellt die Letzte Generation zwei Forderungen auf. Zum einen ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, zum anderen ein dauerhaftes Neun-Euro-Ticket. Doch niemand kann glauben, dass das ausreichen würde, um den Klimawandel zu stoppen. Was fehlt, sind Forderungen, die aufzeigen, dass die kapitalistische Produktionsweise und ihre Profiteur*innen für die Klimakrise verantwortlich sind.

Auch die Strukturen der Letzten Generation sind nicht wirklich geeignet, um das Klima zu retten. Das Führungsgremium, Strategieteam genannt, hat keinerlei demokratische Legitimation durch die Aktivist*innen, entscheidet aber über Programm und Aktionen.

Wie retten wir das Klima?

Eine große Mehrheit hält die Aktionen der Letzten Generation nicht für unterstützenswert. Deutlich mehr Offenheit gibt es allerdings bei Demonstrationen als Aktionsform. Daran lässt sich anknüpfen. Doch Demonstrationen allein reichen auch nicht. Besonders zentral ist die ökonomische Macht der Arbeiter*innenklasse. Sie kann die Gesellschaft nicht nur zum Stillstand bringen, sondern auch ihre Macht einsetzen, um grundlegende politische Veränderungen zu erkämpfen. 

Und tatsächlich gibt es immer wieder Positivbeispiele, wenn es darum geht, diese Kämpfe zu verbinden. Für März 2024 sind erneut gemeinsame Streiks von Fridays For Future und ver.di im Nahverkehr geplant. Linke, Umweltaktivist*innen und Gewerkschafter*innen sollten sich unbedingt daran beteiligen. Sie haben auch die Aufgabe in anderen Branchen aufzuzeigen, dass Klimaschutz und Arbeitsplätze kein Widerspruch sein müssen – wenn man für gleichwertige Ersatzarbeitsplätze und Einkommensgarantien kämpft.

Das Problem heißt Kapitalismus

Solche Proteste können bereits im Hier und Jetzt Verbesserungen erkämpfen. Doch um die Umwelt zu retten, muss man den Kapitalismus herausfordern und Alternativen aufzeigen. Durch den Privatbesitz an Produktionsmitteln im Kapitalismus stehen verschiedene Unternehmen in Konkurrenz zueinander. Wären die Produktionsmittel nicht in Privateigentum, sondern in Gemeineigentum unter demokratischer gesellschaftlicher Kontrolle und Verwaltung, würden nicht einzelne Privatpersonen profitieren, sondern könnten die vorhandenen Ressourcen so eingesetzt werden, um Energieerzeugung, Produktion und Transport umweltfreundlich zu gestalten, während zusätzlich Verbraucher*innen von bezahlbaren und hochwertigen Produkten profitieren würden. In einer solchen sozialistischen Gesellschaft könnten alle Arbeiter*innen zusammenkommen und gemeinsam entscheiden, was das beste für Mensch und Umwelt ist.