Nicht Klimawandel, sondern Klimaverbrechen – Auf zum Klimastreiktag am 15.9.

Kapitalist*innen wissen, was sie tun und profitieren davon. Nur sozialistische Lösung kann die Klimakatastrophe verhindern

In diesem Sommer haben sich entscheidende Veränderungen für die Klima-Bewegung ereignet. Es kam global zu einer solchen Fülle von extremen Wetter-Phänomenen, dass die Stimmen der Leugner*innen fast ganz aus den großen Medien verschwunden sind.

Von Johannes Bauer, Köln

Am 3. Juli war der heißeste Tag, seit Beginn der Aufzeichnungen. Einen Tag später war es sogar noch heißer. In der letzten Juliwoche wurde die höchste Durchschnittstemperatur an den Oberflächen der Ozeane gemessen. Vor Florida erreichte die Temperatur mehr als 38 Grad.

Es gibt zudem verschiedene Dokumentationen, aus denen hervorgeht, dass die großen Mineralöl-Konzerne bereits seit sehr langer Zeit wussten, wie sich die Nutzung fossiler Energiequellen auf das Weltklima auswirkt. Im Falle des französischen TOTAL-Konzerns gab es bereits seit 1971 detaillierte Vorhersagen, wie sich bei zunehmendem Öl-Verbrauch bestimmte Gase in der Atmosphäre anreichern und zu welchen Temperaturerhöhungen das führt. Bereits damals wurde eine Grenze von 1,5 Grad als Kipppunkt benannt, nach dem die Veränderungen nicht mehr reversibel sein würden und sich in selbst verstärkender Weise fortsetzen könnten. Das war vor 52 Jahren!

Es ist genau dokumentiert, wie die Mineralöl-Konzerne, die Automobil-Konzerne und die Energie-Produzenten zusammen gearbeitet haben, um die Kenntnisse über die sich ereignende Katastrophe geheim zu halten, so weit es geht, zu verharmlosen, wo man nicht mehr leugnen konnte und zu bezweifeln, was nicht mehr zu übersehen war. Sie schützten damit ihre Geschäftsmodelle, ihre Profite auf Kosten des Weltklimas. Für dieses Vorgehen die Begriffe Klimawandel oder Klimakatastrophe zu verwenden, ist eine Verharmlosung, denn es handelt sich um bewusst begangene Verbrechen durch die Vorstände und Aufsichtsräte der genannten Konzerne unter Beihilfe und Mittäterschaft der verantwortlichen Politiker*innen, die den Beteuerungen der gierigen Manager mehr Glauben geschenkt haben, als den Wissenschaftler*innen. Eine kapitalistische Weltwirtschaft lässt den Konzernen keine Wahl, anders zu handeln, als sie es getan haben. Es ist für TOTAL 1971 keine Option gewesen, zu sagen „Oha, wir fackeln gerade den Globus ab, dann machen wir unseren Laden doch lieber dicht“. Andere Konzerne hätten sich die Hände gerieben und die Marktanteile übernommen. Aus diesem Grund sind alle Konferenzen der kapitalistischen Staaten zum Scheitern verurteilt.

Krieg ohne Waffen gegen die Ärmsten

Ersetzt wurde die Leugnung des Klima-Verbrechens durch einen vollmundigen Kampf gegen die bereits eingetretenen oder eintretenden Folgen der Klimaveränderung. Der Kapitalismus integriert den Klimawandel gerade in sein Geschäftsmodell. Es wird nicht ernsthaft versucht, den CO2-Ausstoß zu begrenzen, es wird begonnen, die Katastrophe mit kapitalistischen Mitteln zu verwalten. Dahinter steckt die Logik von Kapitalvernichtung, um wieder profitabel wirtschaften zu können. Die Folgen der Klimaveränderungen führen zu massiven Schäden an Häusern, Straßen und anderer Infrastruktur, so wie sie auch durch Kriege verursacht werden. In starken kapitalistischen Ländern führen Kriege nach einer kurzen Schock-Phase unmittelbar nach dem Ende der Kriege zuverlässig zu einem neuen Boom, in dem die Schäden repariert und die Gesellschaft modernisiert wird. Man kann daher mit allem Recht die Klimapolitik der wirtschaftlich starken Staaten als einen Krieg ohne Waffen gegen die armen Nationen sowie die ärmeren Teile der eigenen Bevölkerung bezeichnen. Diese zynische Sicht ist die logische Fortsetzung der Klima-Leugnung. Es wird heißer? Klimaanlagen-Aktien steigen! Die Polkappen schmelzen? Transportwege für Schiffe werden kürzer. Schon die Drohung eines möglichen Verbots neuer Gasheizungen in Deutschland führte sofort zu einem Boom für neue Gasheizungen, um vor der Frist noch einmal frische Technik zu installieren, mit Jahrzehnte langer Bestands-Garantie. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat kürzlich veröffentlicht, dass allein in Deutschland immer noch siebzig Milliarden Euro Steuergelder, das sind 1,9 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, an Subventionen für fossile Energieträger gezahlt wurde. Das entspricht einer Förderung von mehr als hundert EUR für jede der 748 Millionen Tonnen CO2, die damit produziert wurden, während die Preise für CO2-Zertifikate nur circa achtzig Euro betragen. Mit anderen Worten, aus jeder produzierten Tonne CO2 profitiert in Deutschland bis heute der Hersteller mit zwanzig Euro von Deinen und meinen Steuern!!!

Keine neuen, leeren Versprechen mehr!

Es zeichnet sich ab, dass die 1,5-Grad-Grenze spätestens in diesem Jahr als erreicht angesehen werden kann, vielleicht wird sich heraus stellen, dass sie bereits vor drei Jahren erreicht war, aber die Messungen nicht präzise ausgewertet worden sind, oder ausgewertet werden konnten. Es ist jedoch sicher, dass die 1,5-Grad-Grenze nicht mehr zu halten sein wird. Wir haben es satt, Jahr für Jahr Mammutkonferenzen der COP (Conference of the Parties, Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention) zu erleben, die zu nicht mehr führen, als zu neuen Selbstverpflichtungen, die bei Nicht-Erreichen folgenlos bleiben. Wir wollen, dass der Zusammenhang zwischen den bereits eingetretenen Katastrophen, den Hitzetoten, allein 3000 in Deutschland im Juni 2023, dem Extremwetter, dem Artensterben, der Wüstenbildung, dem Gletscher-Schmelzen und den bevorstehenden Katastrophen, der Verschlechterung der Lebensbedingungen von mindestens hunderten Millionen Menschen und Millionen Toten durch Extremwetter, Dürren, Fluchtprozesse, Vernichtung von bewohnbarem Lebensraum etc. klar dargestellt wird und die Verantwortlichen mit Namen genannt werden. Wir wollen nichts mehr hören vom Klima-Killer CO2! CO2 ist ein unverzichtbarer Teil des Kohlenstoffkreislaufes der Erde. Klima-Killer sind die Menschen (Kapitalist*innen!), die daran verdient haben, dass zu viel CO2 in die Atmosphäre gelangt ist und die die Maßnahmen, das zu verhindern, blockiert haben!

Nein – wir sind nicht alle mitschuldig!

Wir haben es satt, vorgerechnet zu bekommen, wie der CO2-Footprint jedes Einzelnen aussieht! Jeder Einzelne ist nicht verantwortlich für die Umstände unter denen er in seinem Land leben muss. Verantwortlich sind die Mächtigen, die Konzernchefs und ihre Handlanger in den Parlamenten, in den kapitalistischen Parteien, hier in Deutschland die SPD, CDU, FDP, GRÜNE und die AfD. Sie vertreten die Interessen der Konzerne und garantieren deren Profite. Sie bestimmen, wie der Energie-Mix aussieht, aus dem wir wählen können, sie bestimmen unsere Transportmittel und sie bestimmen auch unsere Auswahl an Lebensmitteln. Über unser Einkommen bestimmen sie unseren Zugang zu Bildung, zu Wohnraum, zu Gesundheitsversorgung und zu Lebensmitteln. Aber sie bestimmen auch unsere Möglichkeiten, uns vor den Folgen der Klimakatastrophe zu schützen. Mit dem persönlichen Klima-Footprint wollen uns die wahren Verantwortlichen an dem Verbrechen in Geiselhaft nehmen und zu Mittäter*innen machen.

Gemeinsam kämpfen!

Auf Einsicht bei den wirtschaftlich und politisch Mächtigen zu hoffen, ist zum Scheitern verurteilt. Aber auch die Hoffnung von Aktiven wie der Letzten Generation, man könne diese Mächtigen durch radikale Aktionen unter Druck setzen oder zur Einsicht zwingen, ist trügerisch. So sehr die Verzweiflung und Radikalität dieser Aktiven verständlich ist, so sehr sind ihre Aktionsformen kontraproduktiv, weil sie sich oftmals gegen die Falschen richten und so die Unterstützung für „die“ Klimabewegung innerhalb der Arbeiter*innenklasse schon zurückgegangen ist. Das wird dadurch verstärkt, dass die herrschende Politik die Kosten von Maßnahmen gegen den Klimawandel auf die Arbeiter*innenklasse abladen will.

Dem sollten Klimabewegung und Gewerkschaften zusammen ein Programm entgegen stellen, das deutlich macht, dass die im Kampf gegen den Klimawandel nötigen Maßnahmen von den Reichen, Superreichen, Banken und Konzernen gezahlt werden müssen und auch dass niemand den Arbeitsplatz verlieren muss, wenn umweltschädliche Produktion eingestellt wird, weil es gleichzeitig viel Bedarf an Arbeitskräften in anderen Bereichen gibt.

Das erfordert aber staatliche Maßnahmen, um Einkommen und Arbeitsplätze zu garantieren: Verbot von Massenentlassungen, Arbeitsplatzgarantien bei gleichen Bezügen, Überführung von Energie-, Auto- und anderen klimaschädlichen Konzernen in öffentliches Eigentum bei demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung, um die Produktion klimafreundlich umzustellen.

Solche Forderungen können nur durch Massenbewegungen und Streiks erkämpft werden. Am besten gemeinsam durch Klimabewegung und Gewerkschaften. Die gemeinsame Kampagne von ver.di und Fridays For Future „Wir fahr’n zusammen“ zur Unterstützung der Beschäftigten in der Tarifrunde Nahverkehr im nächsten Jahr ist ein guter erster Schritt in diese Richtung.

Demokratisch geplante Wirtschaft, unabhängige Wissenschaft – Sozialismus!

Im Kapitalismus wird es keine Wende in der Wirtschaftspolitik geben, im Kapitalismus ist nachhaltige Produktion und gerechte Verteilung nicht möglich. Marxist*innen haben das bereits seit 180 Jahren wieder und wieder erklärt. Kapitalistisches Wachstum führt zu Krieg um Rohstoffe und Absatzmärkte. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, die wirklich demokratisch ist. In einer sozialistischen Gesellschaft werden alle Ressourcen in öffentlichem Eigentum sein, gleich ob Bodenschätze oder Wohnraum, gleich ob Bildung oder Gesundheitsversorgung, demokratisch verwaltet und verteilt. Es gibt keine Geschäftsgeheimnisse mehr und keine Geheimverträge, es gibt keine Wissenschaft mehr, die von „Drittmitteln“ abhängig ist, wie die Einflussnahme von Konzernen auf Forschung und Lehre beschönigend genannt wird.

Nur eine sozialistische Gesellschaft kann auf Dauer Wohlstand und Sicherheit für die Mehrheit der Menschen weltweit gewährleisten!

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