Interview mit Albert Kropf über seinen Weg zurück zum CWI
2019 spaltete sich das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale. In Deutschland gründete sich aus dieser Spaltung die Sol, deren Mitglieder in der Sozialistischen Alternative (SAV) in der Minderheit waren. Die SAV schloss sich der Internationalen Sozialistischen Alternative (ISA) an. Immer wieder werden wir gefragt, was Gründe für die Trennung der Wege waren. Albert Kropf war über Jahrzehnte führendes Mitglied der österreichischen Sektion des CWI und ging 2019 in die ISA. Nun hat er den Weg zurück eingeschlagen. Über die Gründe dafür haben wir mit ihm gesprochen.
Du hast im September die österreichische Sektion der ISA verlassen, der Organisation, die aus der Spaltung des CWI 2019 hervorgegangen ist und diskutierst nun mit dem CWI über einen Wiedereintritt. Was waren Deine Beweggründe, Deine eigene Entscheidung von 2019 zu hinterfragen?
Die Entscheidung ist mir damals schon nicht leichtgefallen. Ich bin davon ausgegangen, dass es innerhalb der ISA Konsens sei, Fehlentwicklungen zu bekämpfen und zu beseitigen. Das ist nicht nur nicht passiert, sondern diese Fehler, wie etwa der identitätspolitisch aufgeladene Opportunismus der irischen Sektion, wurden zunehmend zur Kopiervorlage für die gesamte ISA. Ich habe immer wieder versucht, die Entwicklungen der ISA an den politischen Bruchlinien der Spaltung von 2019 mit dem CWI zu bewerten. Dabei habe ich festgestellt, dass mich immer mehr mit dem CWI verbindet und die ISA eine Entwicklung nimmt, wie sie vom späteren CWI vorhergesagt wurde. Das hat mich in eine Auseinandersetzung mit der ISA in Österreich geführt an deren Ende mein Austritt und der Beginn der Diskussionen mit dem CWI stand.
Warum reicht es nicht aus in Worten auf die Arbeiter*innenklasse zu orientieren und worin zeigt sich Deiner Meinung nach eine solche Orientierung konkret?
Die Frage ist wesentlicher schwieriger zu beantworten als es scheint. Auch die heutige Führung der ISA in Österreich hat nicht bewusst die Klassenorientierung aufgegeben. Trotzdem ist das meiner Meinung nach weitgehend geschehen. Am deutlichsten zeigt sich der Unterschied von Anspruch und Wirklichkeit in der Praxis. Mit der Wahl Andreas Bablers zum SPÖ-Vorsitzenden sind plötzlich wieder Themen wie Arbeitszeitverkürzung, Reichensteuern etc. in der öffentlichen Debatte aufgetaucht. Das steigert auch die Erwartungshaltung der knapp 1,2 Millionen Mitglieder der österreichischen Gewerkschaften an die Führung. Mitten in dieser polarisierten Situation fiel der Bundeskongress des ÖGB. Zum ersten Mal in meiner dreißigjährigen Mitgliedschaft verzichtete die neue Führung der ISA auf eine starke Intervention. Stattdessen stand für sie die Mobilisierung für die Regenbogenparade in Wien im Vordergrund. An Beispielen wie diesem zeigt sich die Verschiebung des politischen „Mittelpunkts“ für mich sehr konkret.
Wie beurteilst Du die Entwicklung des CWI in den letzten Jahren?
Bei der Spaltung hatten beide Seiten den Anspruch, die besten Traditionen des CWI weiterzuführen. Nach vier Jahren ist davon in der ISA der Großteil über Bord gegangen oder wurde bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Im Gegensatz dazu hat das CWI seine Grundlagen beibehalten, weiterentwickelt und an die neue Situation angepasst. Sehr gut sehe ich das an der Frage, welche Rolle der Kampf für neue Arbeiter*innenparteien geführt werden soll. Ein immer größerer Teil der ISA versteckt sich hier hinter eigenen Vorfeldorganisationen (wie ROSA) und wirft die Frage kaum mehr konkret auf. Gleichzeitig wird die Orientierung auf die Gewerkschaften in Theorie und Praxis vernachlässigt, während das CWI die „Mühen“ der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit weiter in den Vordergrund stellt.