Krieg gegen Gaza nimmt kein Ende

Foto: Wafa (Q2915969) auf Wikicommons

Sozialistische Lösung statt Barbarei und Kapitalismus

Mit jedem Tag, den der Krieg gegen Gaza fortschreitet, wird es schwerer die passenden Worte für die Gräuel zu finden, denen die Menschen ausgesetzt sind. Zehntausende Menschen wurden getötet, 1,9 Millionen wurden vertrieben. Während Wasser, Lebensmittel, Treibstoff und Strom fehlen, setzt die israelische Armee ihre Offensive im Süden fort, u.a. mit Angriffen auf Krankenhäuser und Schulen. Das Ziel der israelischen Regierung scheint zu sein, die Palästinenser*innen in Gaza dauerhaft zu vertreiben.

von Tom Hoffmann, Sol-Bundesleitung

Auch im Westjordanland sind bis Mitte Januar 330 Palästinenser*innen bei Razzien durch die israelische Armee und rechtsradikale Siedler*innen getötet worden. Durchschnittlich gibt es laut „Ärzte der Welt“ sieben Angriffe von Siedler*innen auf Zivilist*innen pro Tag. 

Eskalationsgefahr

Die Eskalationsgefahr hin zu einem regionalen Krieg steigt. Angriffe von Israel auf libanesischem Boden und die gegenseitigen Raketenschläge könnten zu einer zweiten Front im Norden mit der Hisbollah führen. Die USA haben mit Bombardierungen in Syrien und Irak auf Angriffe von iran-nahen Milizen reagiert. Die Raketenschläge von Großbritannien und den USA im Jemen gegen die Huthi-Miliz, welche Handelsschiffe im Roten Meer angreift, haben die Eskalationsspirale ebenfalls weiter gedreht. Schon das zeigt, wie sich der Krieg in den letzten Wochen ausgeweitet hat. Gleichzeitig hat keine der involvierten Mächte ein Interesse an einer Situation, die außer Kontrolle gerät. Westliche Mächte haben die Netanjahu-Regierung zur Zurückhaltung aufgerufen, nachdem sie diese massiv mit Waffen versorgt haben. Deutschland hat im letzten Jahr Rüstungsgüter im Wert von über 300 Millionen Euro geliefert.

Der Regierung Netanjahu diente der Hamas-Angriff vom 7. Oktober als Vorwand für eine Politik der ethnischen Säuberungen. Rechtsextreme Minister forderten wiederholt Ansiedlungen im Gaza-Streifen und Annexionen in der besetzten Westbank. Netanjahu selbst, der vor dem 7. Oktober vor der UN eine Landkarte ohne die palästinensischen Gebiete hochhielt, lehnte einen palästinensischen Staat erneut ab und forderte die Kontrolle über alle Gebiete westlich des Jordans. 

Stürzt Netanjahu?

Doch sitzt Netanjahu keinesfalls fest im Sattel. In der israelischen Bevölkerung ist er mittlerweile verhasst. Die Differenzen in der israelischen Regierung nehmen zu – ein Minister des Kriegskabinetts forderte im Januar Neuwahlen und gab Netanjahu die Verantwortung für den 7. Oktober. Die westlichen imperialistischen Mächte sehen in Netanjahu zunehmend einen zu unberechenbaren Faktor, der in Widerspruch zu ihren Interessen in der Region gerät. Sie wären bereit, den Schein eines palästinensischen Staates analog zum Status Quo im Westjordanland zu gewähren, welcher mit Unabhängigkeit nichts zu tun hat. Die aktuelle Situation ist gerade das Ergebnis der Unmöglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung unter kapitalistischen Vorzeichen.

Diese Faktoren können den Druck für weitere Feuerpausen erhöhen. Es ist auch möglich, dass die Netanjahu-Regierung noch während des Kriegs zerbricht. Doch das allein wird weder schnell zu einem Ende des Krieges noch zu einem Ende der jahrzehntelangen Unterdrückung der Palästinenser*innen führen, welche die tiefer liegende Ursache für die Spirale von Vertreibung, Krieg und Gewalt ist.

Massenbewegungen nötig

Ein Ende des Krieges muss durch Massenbewegungen erzwungen werden, welche die Herrschenden weltweit soweit ängstigen, dass sie um ihre Macht bzw. ihren Einfluss in der Region fürchten müssen. Unmittelbar nach dem Kriegsbeginn haben die weltweiten Massenproteste einen kleinen Schimmer der potenziellen Macht der Arbeiter*innenklasse gezeigt. Ein neuer „Arabischer Frühling“ – Massenbewegungen der Arbeiter*innen und Armen – würde nicht nur die israelischen Herrschenden und imperialistischen Mächte dazu drängen den Krieg zu beenden, sondern sich auch schnell gegen die korrupten Regime in Ägypten, Jordanien, Irak, den Golf-Staaten usw. richten, welche lediglich im Sinne der kapitalistischen Eliten handeln.

Der Kampf der Palästinenser*innen gegen die Unterdrückung ist legitim und notwendig. Doch die Ziele, Ideologie und terroristischen Methoden der arbeiter*innen- und frauenfeindlichen Hamas helfen in diesem Kampf nicht. Der israelische Staat braucht die Unterdrückung der Palästinenser*innen, um die Klassenwidersprüche in der eigenen Gesellschaft zu verwischen und von den sozialen Problemen abzulenken. In Israel und Palästina besteht die Aufgabe, unabhängige Organisationen der Arbeiter*innenklasse aufzubauen, welche die Interessen aller Lohnabhängigen gegen den Kapitalismus verteidigen und sich gegen die Besatzung und nationale Unterdrückung stellen.

Das muss auch vorangetrieben werden, indem man an die israelische Arbeiter*innenklasse appelliert, den Krieg und die Besatzung nicht zu unterstützen. Militärisch ist der israelische Staat durch die Palästinenser*innen nicht bezwingbar – aber ein großer Teil, wenn nicht die Mehrheit der israelischen Arbeiter*innenklasse kann für ein sozialistisches Programm gewonnen werden, was ihre sozialen Probleme adressiert. 

Nur durch revolutionäre Massenbewegungen, die den Bruch mit Imperialismus und Kapitalismus vollziehen – das heißt durch eine sozialistische Lösung – kann das Recht auf Selbstbestimmung, sowie ein Leben ohne Armut, Hunger, Wohnungslosigkeit und Krieg für alle nationalen Gruppen in der Region gewährleistet werden.

  • Für einen Massenkampf der Palästinenser*innen unter ihrer eigenen demokratischen Kontrolle, um für ihre Befreiung zu kämpfen
  • Für den Aufbau unabhängiger Arbeiter*innenparteien in Palästina und Israel und Verbindungen zwischen ihnen
  • Für einen unabhängigen, sozialistischen palästinensischen Staat an der Seite eines sozialistischen Israels, mit zwei Hauptstädten in Jerusalem und garantierten demokratischen Rechten für alle Minderheiten, als Teil des Kampfes für einen sozialistischen Nahen Osten