Was ist die WerteUnion?

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Krise des deutschen Parteiensystems setzt sich fort

„Freiheit statt Sozialismus” lautet der „Wahlspruch” der WerteUnion (WU), die sich vorgenommen hat, den „konservativen Markenkern” von CDU/CSU gegen die als zu sozialpartnerschaflich bewertete Politik der Merkel-Ära zu verteidigen. In ihrem Unterfangen setzt sie auf eine prokapitalistische, arbeiter*innenfeindliche und rassistische Politik.

von Peter Klingel, Berlin

Anfang 2024 verfügte die WU über mehr als 4000 Mitglieder, die laut eigenen Angaben vor allem aus dem Umfeld der Unionsparteien stammen. Seit der Ankündigung, aus dem bisherigen Verein eine Partei machen zu wollen, und dem offiziellen Beschluss hierzu auf der Bundesversammlung Ende Januar 2024, sollen zahlreiche neue hinzugekommen sein. Genaue Angaben zu Anzahl und Zusammensetzung der Mitglieder fehlen bislang.

Schon zu den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg will sich die WU zur Wahl stehen will.

Wofür steht die WU? 

Will man wissen, welchen politischen Weg die WU einschlagen wird, lohnt ein Blick in Personaltableau und Umfeld. Dabei kommt, wer die teilweise satirisch wirkenden Selbstbeschreibungen der WU mit der Realität ihres Personals abgleicht, durchaus ins Staunen. Als „das freundliche Gesicht des Konservatismus” bezeichnet sie sich etwa auf ihrer Internetpräsenz selbst. Das Grundgesetz nennt sie dort ihren „Ehrenkodex”. Wofür die WU wirklich steht, lassen Aussagen des Parteivorsitzenden und ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen erkennen. So sprach Maaßen bereits im Januar 2023 auf der Seite des rechtspopulistischen Bloggers Alexander Wallasch davon, dass er in der von führenden Politiker*innen dieses Landes vermeintlich gewollten „Massenzuwanderung” eine „grün-rote Rassenlehre” am Werk sehe, „nach der Weiße als minderwertige Rasse angesehen werden”. Deshalb, so Maaßen weiter, hole man jetzt „arabische und afrikanische Männer ins Land”, damit es in einigen Jahrzehnten keine Deutschen „mehr gebe”. Und erst kürzlich schrieb Maaßen in einem Beitrag für die Schweizer Weltwoche von einer nötigen „Chemotherapie für Deutschland”, womit die Abschiebung aller „Ausländer” aus Deutschland gemeint sei.

Marktfundamentalist Markus Krall

Ein weiteres „freundliches Gesicht” in der Riege um Maaßen ist der rechtslibertäre Ökonom Markus Krall. Angesichts der betonten Vertrautheit von Krall und Maaßen erhält man eine Vorstellung davon, in welche Richtung die Partei wirtschaftspolitisch streben könnte. So votiert Krall gegen jeden staatlichen Eingriff in den Markt und gegen die Besteuerung von Einkommen und Vermögen, wie capital.de berichtete. Er steht somit für Geschenke an Reiche und Superreiche. Auf einer AfD-Veranstaltung in Sachsen im Jahr 2021 hat er vorgeschlagen, Empfänger*innen von Transferleistungen in Zukunft das Wahlrecht entziehen. Zudem unterhält er intime Verbindungen in die Reichsbürgerszene. Einstweilen hat Krall nun aber der Partei den Rücken gekehrt, wohl weil sie seine marktfundamentalistischen Ideen nicht vollends teilt und die CDU als „Premiumpartnerin“ für künftige Koalitionen betrachtet.

Mehrheitsbeschafferin für die AfD?

Die große Frage ist die nach den Erfolgsaussichten bei den kommenden Wahlen. Laut einer INSA-Umfrage vom Januar könnten sich zwar 15 Prozent unter Umständen vorstellen die WU zu wählen, ob sie bei den kommenden Landtagswahlen die Fünf-Prozent-Hürde überspringen wird, ist aber ungewiss. Insofern es ihr bisher nicht gelungen ist, ein bestimmtes Thema für sich zu besetzen, sei zwischen CDU und AfD wenig Platz für eine weitere konservative Partei, sagt etwa der Berliner Politologe Markus Kollberg. Gefährlich werden könnte die Partei freilich dennoch, sollte sie sich etwa als Mehrheitsbeschafferin für die AfD erweisen.

Sozialistischer Ausweg nötig

Es wäre zu früh, genauere Voraussagen über Erfolge und Misserfolge zu treffen. Doch zeigt schon die Gründung der WU, dass Deutschland sich in einer tiefgreifenden politischen Krise befindet. Weitere Entlastung der Reichen und Superreichen, politische Entrechtung der Arbeiter*innen, rassistische Spaltung und Abschiebungen – also die Konzepte von Maaßen und der WerteUnion – würden bedeuten, dass diese Krise auf dem Rücken der Lohnabhängigen, Rentner*innen, Jugendlichen und Migrant*innen gelöst werden würde. Will man das abwenden, muss die Arbeiter*innenklasse ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, sich als Massenpartei organisieren und dem Kapitalismus eine sozialistische Alternative entgegensetzen.