Ist eine andere Schule möglich?

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Wie sähen Schulen im Sozialismus aus

Klingt für viele unglaublich, aber Schule könnte Spaß machen – wenn Lernen nicht vor allem bedeuten würde, stetigem Leistungsdruck ausgesetzt zu sein. Wenn es nicht nur darum ginge, Inhalte zu lernen, die kaum etwas mit der Alltagsrealität zu tun haben. Der Konkurrenzgedanke des kapitalistischen Systems wird uns in der Schule von klein auf antrainiert. Aber wie könnte ein sozialistisches Bildungswesen aussehen?

von Chiara Stenger, Berlin

Mitgestaltung

Obwohl im Politikunterricht „Demokratie“ auf dem Lehrplan steht, sind Schulen keine demokratischen Orte. Schüler*innen können sie, obwohl sie so viele Jahre einen Großteil ihres Tages dort verbringen, kaum mitgestalten. Zwar gibt es Schüler*innenvertretungen, aber diese haben kaum Mitbestimmungsrecht und wenn dann nicht bzgl. der entscheidenden Fragen. Was und wie gelernt wird sollte stattdessen kollektiv auch durch Schüler*innen mitentschieden werden. Wenn zum Beispiel die meisten in einer Klasse ein bestimmtes Thema noch nicht verstanden haben, sollten sie mitentscheiden dürfen, dass es nochmal ausreichend wiederholt wird, statt aufgrund von Zwang im Lehrplan und Zeitdruck schnell weitermachen zu müssen. Das gilt ebenso für die Gestaltung der Räume und Pausenzeiten etc. Im Sozialismus würden Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und Wissenschaftler*innen gemeinsam demokratisch über solche Fragen entscheiden.

Individuell fördern

Beim Versuch, Wissen zu quantifizieren, werden Stärken und Schwächen ausgeblendet und die individuelle Entwicklung und Fortschritte werden nicht berücksichtigt. Zugleich zeigen Studien, dass Noten keineswegs objektiv sind, sondern zum Beispiel die soziale Herkunft von Schüler*innen sich auf diese auswirkt. Im Sozialismus würden alle individuell gefördert, statt Konkurrenz würde Solidarität vorherrschen. Es gäbe weder Noten noch Hausaufgaben oder Klausuren. Schüler*innen könnten in selbst entwickelten Projekten Wissen entsprechend ihren Interessen sammeln und anwenden. Wissen und Fortschritte würden gemeinsam mit Lehrer*innen ausgewertet werden, um zu sehen, was man im Lernprozess ändern kann. Wenn jemand besondere Betreuung oder Nachhilfe braucht, gäbe es diese kostenlos. Wenn jemand etwas besser kann, hilft man sich gegenseitig. 

Schließlich gäbe es auch keine schlecht bezahlten Sinnlosjobs. Alle hätten mit ihren unterschiedlichen Stärken und Schwächen einen wichtigen Platz in der Gesellschaft und könnten die gesellschaftlich notwendigen Aufgaben gemeinsam verrichten und sich gleichzeitig aufgrund der dann möglichen Arbeitszeitverkürzung lebenslang weiter bilden und den eigenen Interessen nachgehen.

Praktisches Lernen

Der Charakter des Lernens wäre in einer sozialistischen Gesellschaft ein grundlegend anderer. Es würde nicht darum gehen, für Prüfungen schnell viel zu lernen und es danach wieder zu vergessen. Schulen wären solidarische Orte, an denen man mit und voneinander lernen kann. Die Inhalte hätten nach Möglichkeit auch direkten Alltags- und Anwendungsbezug. Beispielsweise könnte man städtische Einrichtungen besuchen und aktiv in lokalen Projekten mitarbeiten: Biologieunterricht im Nachbarschaftsgarten, in der Stadtteilküche kochen lernen oder im Matheunterricht die Mengen der Essensbestellung berechnen. Schüler*innen könnten Betriebe besuchen und von den Beschäftigten lernen, wie bspw. die Wasserversorgung in einer Region genau funktioniert. Und auch nach dem Unterricht gäbe es kostenlose Angebote wie Gesangs- oder Musikunterricht, Sport oder Kunst, die allen offenstehen.

Ausfinanzierte Schulen

An Schulen in Deutschland fehlen Investitionen in Milliardenhöhe und das macht sich an jeder Ecke bemerkbar. Im Sozialismus würde weder bei Sanierungen noch beim Personal oder Mensa Essen gespart werden. Durch die Ausfinanzierung von Schulen gäbe es immer frisches, leckeres und kostenloses Essen. Die Klassen wären viel kleiner, Lehrer*innen wären nicht überlastet und könnten viel besser auf Schüler*innen eingehen und den Unterricht besser und kreativer vorbereiten. Auch der Lehrer*innenberuf könnte damit richtig Spaß machen statt von Dauerstress geprägt zu sein. 

Der gesellschaftliche Reichtum liegt im Sozialismus nicht bei einigen wenigen, sondern bei der Mehrheit der Menschen, die demokratisch darüber entscheiden, wie dieser verwendet wird. Geld würde dann nicht für Luxusartikel, Prestigeprojekte oder Waffen ausgegeben werden, sondern zum Beispiel. für ausreichend hygienische Schultoiletten, Sportplätze oder kostenlose Nachmittagsangebote. Schulen wären dann Orte, an denen man sich gerne aufhält, die alle mitgestalten können.  Eine solche Umgestaltung des Bildungssystems würde ein aktuell ungeahntes Potenzial an Wissen und Kreativität freisetzen, das zu einem massiven gesellschaftlichen Fortschritt führen würde.

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