Die AfD ist eine Partei für die Reichen
Beim Essener Parteitag der AfD warb die „Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer“ (AVA) mit der Behauptung, die AfD sei „Deutschlands neue Arbeiterpartei“. Dabei bezog sie sich auf Analysen der letzten Wahlen, die darauf hindeuten, dass zunehmend frühere SPD-Wähler*innen und Gewerkschaftsmitglieder ihr Kreuz bei der rechtspopulistischen Partei machen. Zweifellos stimmt aktuell ein Teil der Arbeiter*innen – wenn auch wegen der vielen Nichtwähler*innen und der Arbeiter*innen ohne deutschen Pass ein kleinerer Teil als es auf den ersten Blick erscheint – den Ideen der AfD zu. Doch die AfD vertritt nicht die Interessen von Lohnabhängigen.
Von Max Eilers, Dresden
Wenn AfD-Chef Chrupalla das Bild zeichnet, „Arbeitnehmer wie -geber, […] Mittelstand und Handwerker“ seien allesamt „Wertschöpfer“ und müssten gemeinsam gegen den äußeren Feind vorgehen, dann versucht er, gesellschaftliche Gruppen zusammenzufügen, deren Interessen einander fundamental widersprechen. Die sogenannten „Arbeitgeber*innen“ – die ja eigentlich die Arbeit der anderen nehmen und für ihre Profite einsetzen – versuchen in der Dauerkrise der letzten Jahre konstant, die gestiegenen Kosten auf die Beschäftigten abzuwälzen und weiter ihre Renditen einzufahren. Die sogenannten „Arbeitnehmer*innen“ – die ihre Arbeitskraft abgeben müssen, um zu überleben – müssen mit Mitteln wie Streiks Arbeitskämpfe führen, wenn sie ihren Lebensstandard halten oder gar der technologischen Entwicklung entsprechend erweitern wollen. In diesem Spannungsfeld von Kapital und Arbeit gibt es keine Einheit von Kapitalist*innen und Lohnabhängigen als „Wertschöpfer*innen”. Hier hat jede Partei einen konkreten Standpunkt, auch wenn die AfD ihren in ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit Allgemeinheiten über das nationale Wohl versteckt. Schaut man sich Programm und Praxis der AfD an, wird jedoch schnell klar, dass sie von den vielen Gruppen, die Chrupalla als ihre Klientel darstellt, auf der Seite der „Arbeitgeber*innen“ – also des Kapitals – steht, wenn die Interessen aufeinanderprallen.
AfD schützt Profite
Im Juli 2021 veröffentlichte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) eine Analyse der ökonomischen Folgen einer bundespolitischen Umsetzung der verschiedenen Wahlprogramme mit drei wichtigen Ergebnissen: 1. Unter einer AfD-Regierung würde der Staatshaushalt um 52,5 Prozent geschrumpft, mit der Folge, dass sozialstaatliche Maßnahmen zurückgenommen werden müssten. 2. Haushalte mit einem Bruttojahreseinkommen von unter 55.000 Euro würden kaum entlastet, während Haushalten mit einem Jahreseinkommen über 250.000 Euro jährlich über 18.000 Euro geschenkt würden. 3. Vor allem die Grünen-Wähler*innen würden von einem AfD-Programm profitieren, während die ökonomisch schlechter gestellten AfD-Wähler*innen kaum Steuererleichterungen zu erwarten hätten.
Auch bei Betrachtung der parlamentarischen Praxis der AfD zeigt sich das Muster, dass sich hinter dem migrationsfeindlichen Getöse fast nur Verschlechterungen für die Arbeiter*innen verbergen. Beispielsweise hat sich die Partei in der Vergangenheit wiederholt gegen eine Erhöhung von Mindestlöhnen eingesetzt. In ihrem Grundsatzprogramm spricht sie von einer “Entschlackung und Flexibilisierung des Arbeitsrechts”, also der Möglichkeit, Arbeiter*innen zu noch schlechteren Bedingungen zu beschäftigen als heute schon. Außerdem hat sie vor, das Bürgergeld zu beschneiden und Langzeitarbeitslose zu „Bürgerarbeit“ zwangszuverpflichten.
Für eine echte Massenarbeiter*innenpartei!
Auch wenn diese Untersuchung drei Jahre alt ist, gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Positionen der AfD in der Zwischenzeit verändert hätten. Der einzige Unterschied ist nur, dass es 2021 noch mehr Hoffnung in die Ampelparteien gab. Mit den Kriegen in der Ukraine und in Palästina und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse aus dem letzten Herbst haben SPD und Grüne von fast allen sozialstaatlichen Reformen Abstand genommen, um Deutschland kriegstüchtig zu machen. Das Wenige, das noch von ihren Ursprungsversprechen blieb, wurde von der Inflation aufgefressen. Und nun sehen sich die Menschen nach einer Alternative um, die einen radikalen Bruch verspricht – auch wenn diese in Wahrheit seit Jahren eine neoliberale Wirtschaftspolitik fordert, die nichts für die Arbeiter*innen verbessern wird. Was hier fehlt, ist eine wirkliche Interessenvertretung von Lohnabhängigen und sozial Benachteiligten – eine massenhafte Arbeiter*innenpartei mit sozialistischem Programm, die nicht an die Fleischtröge der Macht will und sich dem kapitalistischen Establishment anpasst, sondern konsequent gegen Kapitalismus und Rassismus kämpft.