Streik beim Bundesanzeiger in Köln

Solidarität dringend nötig

Am 30.07. war der 66. Streiktag beim Bundesanzeiger in Köln. Die Kolleg*innen setzen sich für einen Tarifvertrag ein, der ihnen bisher nicht gewährt wird, mehr noch, es wird ihnen bisher auch jegliche Bereitschaft für Verhandlungen darüber verweigert.

Von Martin Löber, ver.di-Betriebsrat* in Köln

Die Situation ist in mehrerer Hinsicht zugespitzt. Die Betroffenen berichten folgendes: Die Bezahlung reicht für manche Beschäftigten nicht aus, um ohne Nebenjob über die Runden zu kommen. Eine Reihe von Beschäftigten ist sachgrundlos befristetet eingestellt, was natürlich eine stabile Zukunftsplanung erschwert. Viele Leiharbeitnehmer*innen müssen zu schlechteren Bedingungen die gleiche Arbeit leisten. Darüber hinaus berichten einige, dass bei Vertragsunterzeichnung klar kommuniziert wird, dass über die Bezahlung mit niemandem gesprochen werden darf.

Alles Zutaten für Individualisierung, Entsolidarisierung und Spaltung, mit dem Ziel möglichst wenig für die geleistete Arbeit bezahlen zu müssen.

Es handelt sich hierbei nicht um ein Unternehmen, das im Rahmen des Konkurrenzkampfes in einer gnaden- und planlosen Marktwirtschaft mit dem Rücken an der Wand steht. Auch dann müssten solche Methoden auf das schärfste bekämpft werden. Hier geht es allerdings um ein Unternehmen, das satte Gewinne mit den Aufträgen von Bundesministerien macht.

An dieser Stelle müssen die politischen Rahmenbedingungen grundsätzlich infrage gestellt werden. Zum einen, wie es möglich ist, dass es seitens des Bundes überhaupt eine Auftragsvergabe an ein tarifloses Unternehmen geben kann. Nutznießer*innen und Geschädigte einer solchen Praxis sind deutlich zu erkennen. Darüber hinaus ergibt sich die grundsätzliche Frage, wieso unter den gegenwärtigen Bedingungen gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichungen staatlicher Stellen von einem privaten Unternehmen übernommen werden. Hier zahlt nicht nur die Belegschaft, sondern auch die Allgemeinheit für die Profite der Unternehmer. Logische Konsequenz sollte die Forderung nach Überführung des Bundesanzeiger-Verlags in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von demokratisch gewählten Vertreter*innen der Belegschaft, Gewerkschaft und Stadt Köln sein.

ver.di unterstützt den Streik richtigerweise mit erhöhten Streikgeldern, was gerade bei schlecht bezahlten Kolleg*innen besonders wichtig ist. Politiker*innen verschiedener Parteien haben bereits ihre Unterstützung zugesagt, aber trotzdem ist dieser wichtige Kampf bisher kaum bekannt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber DuMont, der den Bundesanzeiger-Verlag besitzt, auch den Löwenanteil der Kölner Lokalpresse herausgibt. Dass dort nicht über den Streik im eigenen Haus berichtet wird, ist leider keine Überraschung. Genau diesen Punkt betonen die Kolleg*innen im Gespräch. Sie wünschen sich eine weitere Verbreitung ihres Themas und Unterstützung. 

Genau darin besteht der Sinn dieses Artikels. Solidarität und Unterstützung für diesen wichtigen Kampf, bei dem es um mehr geht als die absolut gerechtfertigten Interessen der Streikenden. Es geht auch um die Bedingungen von allen Lohnabhängigen, die sich allgemein verschärften Angriffen der Arbeitgeberseite gegenüber sehen. als Beispiel sei nur auf die Diskussion um die Einschränkungen des Streikrechts verwiesen.

Deswegen zeigt eure Unterstützung, indem ihr das Thema verbreitet, schreibt Solidaritätsadressen und wenn ihr in der Nähe lebt und vorbeikommen könnt, dann werdet ihr sicherlich ebenfalls die Erfahrung machen, dass ihr sehr willkommen seid.

Vorschläge der Sol:

  • Informationskampagne von ver.di und den anderen DGB-Gewerkschaften zur Unterstützung des Streiks, zum Beispiel durch Flugblätter, Einladung an die Streikenden zu Betriebsversammlungen, öffentlichen Veranstaltungen und ähnlichem
  • Gründung eines Solidaritätskomitees durch Gewerkschaften, der Partei Die Linke und anderen linken Organisationen und sozialen Bewegungen und Durchführung einer Solidaritätsdemonstration in Köln
  • Prüfung der Möglichkeit von Solidaritätsstreiks in den anderen Unternehmen von DuMont

* = Funktionsangabe dient nur zur Kenntlichmachung der Person

Solidaritätserklärungen mit den Kolleg*innen bitte an info@solidaritaet.info – wir leiten sie weiter!

Solidaritätserklärung von der Sommerschulung des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI):

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesanzeiger Verlags,

die internationale Sommerschulung des Komitees für eine Arbeiter*inenninternationale (CWI), dessen Sektion in Deutschland die Sozialistische Organisation Solidarität (Sol – www.solidaritaet.info ) ist, schickt mit 150 Delegierten aus Deutschland, Frankreich, England&Wales, Schottland, den USA, Österreich und Irland solidarische Grüße für Euren Streik. 

Ihr seid betroffen von prekären Arbeitsverhältnissen, schlechter Bezahlung und es ist eine Frechheit, dass euer Arbeitgeber Gewinne im Millionenbereich einfährt. Und anstatt euch, den arbeitenden Kolleginnen und Kollegen, einen angemessenen Anteil abzugeben, will er seine Macht demonstrieren und Druckereien schließen, um eure Kämpfe im Keim zu ersticken. Wir sind beeindruckt von eurer enormen Streikbereitschaft, auch in Form von unbefristeten Streiks. Es ist wichtig, dass ihr den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen nicht aufgebt und weiterhin stark bleibt!
Wir werden Euren Kampf nach Kräften unterstützen und in Deutschland und international bekannt machen.

Wir wünschen euch weiterhin viel Kraft und Erfolg!

Mit kämpferischen Grüßen!