Ein Augenzeugenbericht
Update vom 02. Oktober : Mit einiger Verzögerung und nach der Veröffentlichung dieses Artikels hat die Aachener Polizei doch noch auf die Fragen geantwortet. Die Antworten sind jedoch so allgemein gehalten, dass sie keine neuen Erkenntnisse bringen. Im Wesentlichen behauptet die Polizei darin, dass der Einsatz von Gewalt gegen die Gegenproteste mit einer konkreten Gesundheitsgefährdung der JA-Versammlungsteilnehmenden begründet war. Generell habe die Polizei vollkommen verhältnismäßig gehandelt. Bedrohungen gegen Antifaschist*innen seien zudem unterbunden worden. Wie der Artikel ausführlich darstellt, deckt sich das nicht mit meinen Beobachtungen. Wir dokumentieren die Antworten der Polizei unten.
Am Sonntag, 29. September, wollte die AfD-Jugend „Junge Alternative“ (JA) in Aachen einen Vortragsabend durchführen. Weil sie wissen, dass überall, wo sie sich blicken lassen, protestiert wird, hielten sie den Veranstaltungsort geheim. Doch Antifaschist*innen gelang es, ihn herauszufinden. In weniger als 24 Stunden wurden über 200 Menschen zu Protesten mobilisiert.
Ein Augenzeugenbericht von Christian Walter, Aachen
Als Rednerin war Irmhild Boßdorf angekündigt. Die Königswinterin sitzt für die AfD im EU-Parlament. Selbst in der AfD gilt die Rassistin als Hardlinerin. Bekannt wurde sie für ihre Forderung nach „millionenfacher Remigration“, meint: Millionenfach sollten Menschen aus Deutschland vertrieben werden, die ihrem rassistischen und völkischen Weltbild entsprechend nicht ins Land gehörten. Die Correctiv-Enthüllungen1 von geheimen Treffen u.a. wichtiger AfD-Köpfe mit anderen Teilen der rechtsextremen und neonazistischen Szene haben enthüllt, dass damit neben Geflüchteten auch alle möglichen anderen Menschen gemeint sind, die eine Migrationsgeschichte haben – und damit auch mehrere Angestellte des Lokals, in dem der Vortrag stattfand.
Das Lokal selbst – die italienische Pizzeria „La Finestra“ in der Aachener Pontstraße – ist dabei nicht zum ersten Mal Schauplatz rechter Umtriebe. Bereits mehrfach haben sich dort AfD-Leute getroffen. Vorher darauf angesprochen, wen sie dort bewirten würden, verteidigten die Betreibenden sie und ließen sie offensichtlich trotz klarer Informationslage dort tagen. Wie es den migrantischen Angestellten dabei gehen muss, offene Rassist*innen bedienen zu müssen, kann man nur mutmaßen. Auch im Umfeld – die Pontstraße ist Aachen beliebteste Ausgehmeile, hier reiht sich Lokal an Lokal – werden viele Geschäfte von Menschen mit Migrationsgeschichte betrieben bzw. sie arbeiten dort, auch ein großer Teil der Kundschaft hat einen Migrationshintergrund. Insofern darf die Wahl des Veranstaltungsortes auch als bewusste Provokation der AfD-Jugend aufgefasst werden. Damit wollten sie sich in die Öffentlichkeit stellen und gleichzeitig ihren Anspruch deutlich machen, aus dem eher konservativ geprägten Umland in Aachens Innenstadt vorzudringen.
Widerstand
Doch diese Rechnung hatten sie ohne Antifaschist*innen gemacht. Denn ihnen gelang es, den Veranstaltungsort herauszufinden. In weniger als 24 Stunden wurde eine Gegenkundgebung organisiert und zwischen 200 (laut Polizei) und 300 (laut Organisator*innen) Menschen mobilisiert. Das ist ein großer Mobilisierungserfolg, auf dem aufgebaut werden kann und muss – denn mit den Bundestags- und Kommunalwahlen im kommenden Jahr müssen wir uns auf mehr AfD-Präsenz in den Städten einstellen.
Ich kam etwas verspätet an. Bei der Anreise fuhren zahlreiche Polizeiautos mit Blaulicht an mir vorbei. Die Pontstraße war dann auch komplett gesperrt, zahlreiche Polizist*innen sorgten für eine einschüchternde Atmosphäre. Vor dem Restaurant hatten sich einige Polizist*innen positioniert, den Schlagstock im Anschlag. Ihre Aufmerksamkeit galt, wie so oft, ausschließlich den Antifaschist*innen: Etwa 40 standen unmittelbar vor dem Restaurant, dazwischen nur die Polizeikräfte. Die angemeldete Gegenkundgebung hingegen war auf der anderen Straßenseite. Es war zwar laut, aber friedlich. Wenige Minuten zuvor sollte es Berichten zufolge anders gewesen sein: So wurde mir von mehreren Augenzeugen berichtet, dass die Antifaschist*innen sich aus der Gegenkundgebung gelöst hätten, um ihren Protest unmittelbar vor das Lokal zu verlegen. Die Polizei war zu dem Zeitpunkt mit wenigen Kräften vor Ort. Sie schreibt in ihrer Pressemitteilung2, dass es den Versuch gegeben habe, das Restaurant zu stürmen – Antifaschist*innen hingegen berichteten mir, dass der Protest lediglich unmittelbar vor dem Tagungsort kundgetan werden sollte. Doch nach Berichten der Augenzeugen ging die Polizei gewalttätig gegen die Antifaschist*innen vor – vereint mit mehreren JA-Mitgliedern bzw. Sympathisant*innen. Einer von ihnen soll sich einem Journalisten zufolge3 in gezielten Faustschlägen gegen die Köpfe von Antifaschist*innen versucht haben, ein anderer Menschen mit einem Springmesser bedroht4 haben – die Polizeikräfte erklärten sich, darauf angesprochen, für nicht zuständig. Die JA wiederum fabuliert von verletzten Anhängern. Doch wurde mir von einem Beobachter berichtet, dass sich einer ihrer Anhänger im Versuch, Antifaschist*innen mit einem Pizzawender zu verletzten, selbst einige Kratzer zugefügt haben soll. Es wäre nicht das erste Mal, dass AfD-Leute sich wahrheitswidrig als Opfer darstellen.5 Im Zuge der Auseinandersetzung soll laut Umstehenden auch ein Hitlergruß von einem JA-Unterstützer gezeigt worden sein.
Polizei eskaliert
Als ich vor Ort eintraf, war die Situation aus polizeilicher Sicht „unter Kontrolle“, das heißt: Zwischen der kleineren Gruppe Antifaschist*innen und dem Restaurant standen zahlreiche einschüchternde Polizist*innen. Übrigens stimmt auch hier die Darstellung der Polizei nicht, dass es sich um eine „Gruppe von 40 Vermummten“ gehandelt habe – lediglich wenige Menschen hatten sich mit Schals oder Kapuzen versucht, den Kameras der filmenden AfDler zu entziehen. Die Sol hält das für kontraproduktiv, auch wenn wir verstehen, dass sich junge Menschen vor Übergriffen schützen wollen. Wir denken aber, dass Antifaschist*innen mit ihrem Auftreten Außenstehende und Anwohner*innen dazu ermutigen sollten, gegen Rassist*innen zu protestieren und nicht den Eindruck erwecken sollten, sie hätten etwas zu verbergen. Der beste Schutz sind große Proteste, die deutlich machen, dass sie eine kleine Minderheit sind. Dennoch war das Geschehen friedlich und gibt es keine Rechtfertigung für das, was nun geschah.
Plötzlich – für viele unerwartet und ohne jeden erkennbaren Anlass – gab es offensichtlich den Befehl, vollkommen zu eskalieren: Vermummte, behelmte, für jede Ansprache unempfängliche Polizist*innen stürmten in die kleine Gruppe Antifaschist*innen, prügelten regelrecht auf sie ein. Ich konnte Polizisten beobachten, die mit Fäusten auf Antifaschist*innen einschlugen, die demonstrativ als Zeichen, dass sie keine Gegenwehr leisteten, die Hände erhoben hatten. Einer wurde zu Boden gerissen und mit dem Kopf auf den Asphalt gepresst, wenn nicht gar geschlagen. Andere wurden auf Tische des Außengastronomie-Mobiliars geworfen, von dem dabei auch einiges zerstört wurde, ebenso wurde von einem Menschen die Brille durch Polizist*innen zertreten. Umstehende, die auf der anderen Seite standen, berichteten mir, dass Menschen, die versuchten vor der Gewalt zu flüchten, zurückgezogen und geschlagen bzw. getreten wurden. Mit diesem Vorgehen nahmen die prügelnden Polizeikräfte schwere Verletzungen in Kauf. Etwa 30 Antifaschist*innen wurden so äußerst brutal eingekesselt und über einen längeren Zeitraum sehr beengt festgesetzt – ohne jede Not, denn die örtlichen Gegebenheiten hätten auch eine weniger beengte Festsetzung ermöglicht. Auch waren Menschen festgesetzt, die sichtbar mit der Situation sehr überfordert waren und aufgrund der Erlebnisse und der Enge mit ihrer Panik zu kämpfen hatten. Ein Mensch musste medizinisch versorgt werden. Brot und Wasser wollten Polizeikräfte nicht durchlassen. Erst als ich die Situation filmte, wurden die Lebensmittel in den Kessel durchgereicht.
Es muss noch einmal betont werden, dass diese Maßnahme zu einem Zeitpunkt erfolgte, wo vonseiten der Antifaschist*innen keinerlei Gefahr oder Gewaltdrohte. Auch gab es vorher keinerlei Aufforderungen, den Bereich zu räumen. Die Polizei hat sich damit (wieder einmal) zum Freund und Helfer der AfD gemacht – deren Mitglieder bzw. Sympathisant*innen waren auch sichtlich amüsiert ob der Gewaltorgie. Die rassistischen Netzwerke und Chat-Gruppen, die in den letzten Jahren in der Polizei bundesweit aufgeflogen sind, werfen zumindest die Frage auf, wie viele AfD-Unterstützer*innen hier in Uniform tätig waren.
Repression
Die eingekesselten Menschen wurden nach etwa zwei Stunden einzeln herausgezogen. Die Polizei durchsuchte sie, nahm die Personalien auf und stellte ihnen einen umfassenden Platzverweis aus. Eingesetzte Polizeikräfte drohten Ingewahrsamnahmen an, wenn dem nicht unmittelbar nachgekommen wurde – und das, obwohl von der Leitung der angemeldeten Kundgebung mehrfach darauf aufmerksam gemacht wurde, dass rechte Hooligans in den umliegenden Straßen einzelnen Antifaschist*innen auflauern würden. Ich selber bekam mehrere Einschüchterungsversuche gegen Antifaschist*innen mit – natürlich will die Polizei auch davon nichts mitbekommen haben bzw. hat sie sich bisher nicht dazu geäußert und unternahm vor Ort auch nichts dagegen. Diese rechten Hooligans wurden von Szene-kennenden Antifaschist*innen vor Ort der rechten „Boxstaffel 52“6 zugeordnet.
Ein Mensch wurde sogar in Gewahrsam genommen, kam aber nach einigen Stunden auch auf freien Fuß. Den Festgesetzten drohen nun Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs, Widerstandshandlungen, Bedrohungen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz.Dabei bräuchte es eigentlich eine unabhängige Untersuchung des gesamten Polizeieinsatzes – zum Beispiel von Antifaschist*innen, Gewerkschafter*innen, Anwohner*innen und betroffenen Kleingewerbetreibenden –, um die Polizeigewalt und die Verantwortlichen für die Eskalation und vielen Verletzten aufzuklären.Es ist klar, dass die antifaschistische Bewegung sich als ganzes betroffen ansehen muss und die Betroffenen nicht allein lassen darf – Solidarität muss organisiert werden. Nur so kann verhindert werden, dass die Strategie der Repressionsapparate aufgeht: Mit Gewalt und folgender Strafverfolgung Menschen derart einzuschüchtern, dass sich immer weniger trauen, auf die Straße zu gehen.
Unter den Betroffenen sind Mitglieder bzw. Sympathisant*innen verschiedener linker Organisationen sowie aktive Gewerkschafter*innen, darunter Betriebsräte und lokale Vorstandsmitglieder. Neben den mit Repression überzogenen Antifaschist*innen hatten auch umliegende Gastwirte unter dem völlig überzogenen Polizeieinsatz zu leiden.
Kein Vertrauen in den Staat
Viele linke Aktivist*innen haben schon ihre einschlägigen Erfahrungen mit der Polizei oder anderen Repressionsstrukturen machen müssen. Mittlerweile kommt selbst eine staatliche Studie7 zu dem Ergebnis, dass rechte Einstellungen unter Polizeikräften zunehmen. In den letzten Jahren wurden auch wiederholt rechtsextreme Netzwerke in Polizei, Militär und anderen staatlichen Strukturen8 enttarnt. Da ist es kein Wunder, wenn eingesetzte Polizeikräfte bei Anlässen wie dem Anti-AfD-Protest in Aachen Seite an Seite mit AfD-Anhängern auf Antifaschist*innen einschlagen, sich bei Rechten mit Messern für „nicht zuständig“ erklären, Nazigegner*innen mit brutaler Repression überziehen und sie dazu zwingen, vereinzelt den Ort zu verlassen – im Wissen, dass Gewalt suchende Rechte in den umliegenden Straßen warten. Solche Polizeieinsätze schaffen nicht mehr sondern weniger Sicherheit.
Klar ist auch, dass das bei weitem nicht fürjede*n Polizist*ingilt – so konnte ich auch mit mehreren Polizist*innen sprechen, die ich von verschiedenen Anlässen gut kenne und die sich ob der ausufernden Gewalt selbst betrübt zeigten. Doch in solch autoritären Strukturen wie der Polizei, wo ein starker Korpsgeist9 und Machotum10 dominieren, haben halt oft diejenigen das Sagen, die sich als Alphatiere aufspielen – und Befehle werden kaum hinterfragt.
All das macht deutlich: Im Kampf gegen die Gefahr von Rechts darf es kein Vertrauen in den Staat geben! Ein AfD-Verbotsverfahren zum Beispiel wird die AfD nur stärken und diejenigen, die ihrer Hetze auf den Leim gehen, weiter in ihre Arme treiben. Es braucht weiter Proteste gegen rassistische Hetzveranstaltungen, doch diese müssen sich auch gegen diejenigen richten, die die AfD mit ihrer unsozialen Politik stark machen. Mittlerweile setzen alle etablierten Parteien, von den Grünen über SPD und FDP bis zur Union, zudem in vielen Fragen weitgehend AfD-Forderungen um. Sie spalten die Arbeiter*innenklasse – doch davon wird kein mieser Job besser bezahlt, keine Wuchermiete billiger, keine Straße sicherer. Wir hingegen wollen an den Ursachen ansetzen, das heißt: Den Kampf gegen Rechts mit dem Kampf gegen den Kapitalismus mit seiner Ausbeutung, seiner Ungleichheit, seiner Kriegstreiberei, seiner Perspektivlosigkeit verbinden.
Lokalpresse auf unterstem Niveau
Die Aachener Zeitung hat auch über die Vorkommnisse berichtet11. In einem ersten Artikel hat sie sich dabei selbst untertroffen – und das, obwohl man kaum noch Erwartungen nach qualitativem Journalismus von diesem Blatt erwartet. Sie haben völlig unkritisch die in weiten Teilen unwahre Pressemitteilung der Polizei abgeschrieben. Schon in der Überschrift heißt es, „Vermummte“ hätten versucht, ein „rechtes Treffen“ zu „stürmen“. Nur ein massiver Polizeieinsatz habe „Schlimmeres“ verhindern können.
Speziell im Zeitungsbericht erwähnt werden auch Vertreter*innen eines palästinasolidarischen Camps, die im Artikel als Teilnehmer*innen des Protests besonders prominent hervorgehoben werden – das passt in die rassistisch aufgeladene Berichterstattung über palästinasolidarische Proteste, die wir die kompletten letzten zwölf Monate erleben mussten. Im Subtext wird dabei suggeriert, dass „südländische“ Menschen offener für Gewalt wären – ein beliebtes AfD-Narrativ. Dass die meisten Menschen vom Camp erst lange nach der Eskalation eintrafen, verschweigt der Artikel dabei hingegen. Selbst für nichtssagende, Emotionen heischende Aussagen wie „Nach Angaben der Polizei fühlten sich die Besucher der JA-Veranstaltung im Restaurant im Laufe des Abends bedroht“ und „Der Anmelder der linken Gegendemonstration ist laut Polizei namentlich bekannt“ ist sich der verantwortliche Redakteur nicht zu schade – was glaubt er denn, wie man eine Kundgebung anmeldet? Entgegen jeglicher journalistischer Grundsätze wurde offenkundig nicht einmal versucht, Menschen, die die Kundgebung organisierten, oder von der PolizeigewaltBetroffene nach ihrer Sicht zu fragen. So trägt die Aachener Zeitung im Rahmen ihrer schwindenden Reichweite dazu bei, dass die Opfer-Erzählung der AfD einseitig in breitere Kreise vordringen kann. Verschiedene antifaschistische Organisationen arbeiten bereits an einer Gegendarstellung, die durch zahlreiche Bilder und Videoaufnahmen belegt ist.
In einem zweiten Artikel12 werden die Bedrohungen durch die Rechtsextremen und die Vorwürfe der massiven Polizeigewalt immerhin erwähnt. Der Sohn der Pizzeria-Betreibenden wird dort zitiert, dass er mit Politik, „erst recht mit rechter“, nichts zu tun habe – und dass die Betreibenden keine Kenntnis davon hätten, wer dort getagt habe. Sehr unglaubwürdig, wo sie doch vorher ausführlich informiert wurden.
Polizei mauert
Dieser Bericht basiert auf meinen eigenen Beobachtungen sowie Berichten anderer Menschen vor Ort.Sie sind entsprechend gekennzeichnet. Ich habe auch die Polizei um eine Stellungnahme gebeten. Zwar wurde sie mir vor Ort zugesagt, dem wurde aber über drei Stunden nicht nachgekommen. Für andere Journalist*innen hingegen stand der Pressekontakt zur Verfügung. Man kann da nur mutmaßen, dass die Polizei sich kritischen Fragen entziehen wollte. Angesichts der Tatsache, dass Vertreter*innen der Polizei gerne beklagen, wenn in politischen Publikationen oder sozialen Netzwerken Geschehnisse angeblich„einseitig“ oder „aus dem Zusammenhang“ dargestellt würden, ist dieses Verhalten eine Farce.
Ich habe in der Folge der Aachener Polizei-Pressestelle einen Katalog mit neun Fragen zu ihrer Bewertung der Geschehnisse und zu Zahlen und Fakten rund um den Einsatz vorgelegt und um Antwort gebeten. Anstatt diese zu beantworten, wurde meine journalistische Tätigkeit infrage gestellt. Die Polizei hat daraufhin nicht weiter reagiert.
Es ist an der Zeit, sich zu organisieren!
Die Gefahr von rechts nimmt bedrohliche Ausmaße an. Nicht nur von der AfD, sondern auch von den übrigen bürgerlichen Parteien, die mittlerweile Gesetze durchsetzen, die in jedem AfD-Programm stehen könnten. Betroffen davon sind Geflüchtete, Menschen mit Migrationsgeschichte oder nicht-weißer Hautfarbe.
Doch auch andere Teile der Bevölkerung sind betroffen: In der letzten Zeit wird die Hetze gegen Bürgergeld-Empfänger*innen von bürgerlichen Politiker*innen wieder hochgefahren, um Kürzungen und Schikanen zu rechtfertigen. Das Streikrecht steht unter Beschuss, ebenso Arbeitsschutzgesetze, die Rente und andere Sozialleistungen. Der Klimaschutz wird weiter verzögert und ausgehöhlt. All das, während Konzerne weiter Milliardenprofite machen – auf unserem Rücken. Doch keine bürgerliche Partei – am wenigsten die AfD! – legt sich mit diesen wahren Eliten an. Stattdessen treten sie alle nach unten. Der Großteil der Bevölkerung hat von ihr keinerlei Verbesserung zu erwarten – sie sind, wie die Parteien des bürgerlichen Establishments, eine Partei für die Banken und Konzerne!
Der Kapitalismus zeigt immer offener, dass er uns keine Zukunft zu bieten hat. Die Sol und international das CWI organisiert deswegen Menschen, die gegen all diese Missstände zu kämpfen bereit sind. In Aachen führen wir Mitte November die SozialismusTage durch. Im Rahmen davon wird es auch einen Workshop zum Kampf gegen die rechte Gefahr geben, aber auch welche zu unserer sozialistischen Alternative und wie wir dahin kommen wollen. Wir rufen alle Menschen, die mit uns aktiv oder in Diskussion über unser Programm treten möchten auf, dorthin zu kommen oder sich noch besser schon jetzt bei uns zu melden!
Hier geht’s zur Anmeldung und Programmübersicht der Aachener Sozialismustage: https://sozialismustage.de/aachen
Wer mit der Sol in Kontakt treten will, kann sich hier melden: https://solidaritaet.info/kontakt/
1https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
2https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11559/5876003
3https://www.yonu.news/polizeieinsatz-proteste-gegen-afd/
4https://www.instagram.com/p/DAiXm_bsP5S/
5https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/chrupalla-beschwerde-zurueckgewiesen-100.html
6https://www.sportschau.de/fussball/amateurfussball/alemannia-aachen-rechtsradikale-fans-100.html
7https://www.sueddeutsche.de/politik/polizei-studie-menschenfeindlichkeit-rassismus-minderheiten-lux.DEWPFAuaXwc75Y7nmuRypV
8https://heimatkunde.boell.de/de/2021/04/14/rechte-netzwerke-sicherheitsbehoerden
9https://taz.de/Korpsgeist-in-Sicherheitsbehoerden/!5716251/
10https://www.focus.de/politik/deutschland/anonymes-schreiben-an-innenministerium-rechtes-macho-klima-neue-rassismusvorwuerfe-gegen-polizisten-in-sachsen-anhalt_id_12673091.html
11https://www.aachener-zeitung.de/lokales/region-aachen/aachen/vermummte-versuchen-rechtes-treffen-im-pontviertel-zu-stuermen/21348600.html
12 https://www.aachener-zeitung.de/lokales/region-aachen/aachen/gewalt-in-der-pontstrasse-wer-ist-schuld-an-der-eskalation/21374420.html
Anfrage Herr Walter vom 29.09.2024 / Demo Pontstraße
Schriftlich angefragt am 29.9., ca 22 Uhr – geantwortet von Andreas Müller aus der Polizei-Pressestelle am 1.10., ca. 13 Uhr
1. Wie bilanzieren bzw. bewerten Sie den Einsatz? War die Polizei ausreichend vorbereitet, waren genug Kräfte vor Ort, waren die eingesetzten Kräfte in deeskalativem Verhalten geschult?
Es waren ausreichend Kräfte vor Ort, um ein Eindringen von vermummten Versammlungsteilnehmern in die Räume der Veranstaltung der „Junge Alternative“ zu verhindern. Alle eingesetzten Kräfte sind in Einsatzkommunikation geschult.
2. Wie begründen Sie die Notwendigkeit, einen Teil der Gegendemonstrant*innen festzusetzen (einzukesseln) und deren Personalien aufzunehmen? Wie begründen Sie, dass die eingekesselten Menschen, obwohl es sich um eine relativ weitläufige Örtlichkeit handelt, sehr eng einkesselt waren, auch mit Blick auf ansteckende Krankheiten und Menschen, die sensibel auf Enge reagieren?
Bei vorliegendem Anfangsverdacht zu mehreren Straftatbeständen ist eine Personalienfeststellung auf Grundlage der Strafprozessordnung zulässig. Die dazu erforderlichen Maßnahmen umfassen auch das vorrübergehende Festhalten von Personen zu diesem Zweck. Bei größeren Gruppen gewährleistet das Umschließen, dass sowohl ein Hinzukommen von Unbeteiligten, als auch ein Entfernen von Tatverdächtigen verhindert wird.
3. Bitte schildern Sie aus Ihrer Sicht den Ablauf des Geschehens bis zur Einkesselung der genannten Gruppe. Begründen Sie dabei bitte auch, warum das unmittelbare gewaltvolle Einschreiten der Polizeikräfte ohne vorherige Ankündigung aus Ihrer Sicht notwendig war, sofern dies der Fall sein sollte. Wenn nicht schildern Sie bitte, wie dieses Verhalten intern aufgearbeitet wird und ob mit Konsequenzen gerechnet werden darf.
In Bezug auf den Ablauf verweisen wir auf die Pressemeldung im Presseportal der Aachener Polizei vom 30.09.2024. Von der Androhung von Zwangsmitteln kann bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Rechtsgüter wie Leib, Leben und Gesundheit abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr der gegenwärtigen Gefahr notwendig ist (vgl. § 56 Abs. 2 PolG NRW). Die zulässigen Zwangsmittel sind den §§ 55 ff. PolG NRW zu entnehmen. Die als Tatverdächtige identifizierte Personen haben mit rechtlichen Konsequenzen im Rahmen der eingeleiteten Strafverfahren zu rechnen.
4. Übereinstimmende Augenzeug*innenberichte geben an, dass es vor dem genannten gewaltvollen polizeilichen Einschreiten vonseiten der Gegendemonstrant*innen keine derartigen Handlungen gegeben haben soll, die solch ein Vorgehen für Außenstehende nachvollziehbar erscheinen lassen können (dazu würden beispielsweise tätliche Angriffe oder zeitlich unmittelbar davor stattfindende Versuche, in den Tagungsort einzudringen, zählen). Bitte schildern Sie, ob das Vorgehen der Polizeikräfte aus Ihrer Sicht verhältnismäßig war. Wenn das der Fall sein sollte begründen Sie die Verhältnismäßigkeit bitte.
Nach Beurteilung der Lage musste zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass etwa 40 vermummte Personen versuchen in die Räume der Veranstaltung zu gelangen und eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer vorliegt. Insofern war die Anwendung unmittelbaren Zwangs auch verhältnismäßig.
5. Warum haben die eingesetzten Polizeikräfte nicht deeskalativ auf die Demonstrant*innen eingewirkt? Wenn dies aus Ihrer Sicht geschehen sein sollte schildern Sie bitte, wie diese Deeskalationsversuche ausgesehen haben sollen.
Siehe Antworten zu Nummer 3 und 4.
6. Die festgesetzten Gegendemonstrant*innen wurden mit einem Platzverweis entlassen. Davor wurden jedoch ihre Personalien aufgenommen. Schildern Sie bitte im Detail, welche Personalien aufgenommen wurden, ob Fotos / Videoaufnahmen gemacht wurden und ob die Personen durchsucht wurden. Gab es Widersprüche gegen diese Behandlung? Wenn ja, wie viele und wie wurde in diesen Fällen verfahren?
Von etwa 40 Personen wurde die Identität festgestellt. Eine Person, die keine Dokumente zum Nachweis der Identität bei sich führte, wurde erkennungsdienstlich behandelt.
7. Nennen Sie bitte Zahlen, sofern vorhanden, zu Verletzten, Platzverweisen, eingeleiteten Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs, Ingewahrsamnahmen, erkennungsdienstliche Behandlungen, Festnahmen. Sofern Strafverfahren wegen anderer Vorwürfe als den des Landfriedensbruchs eingeleitet wurden listen Sie diese bitte entsprechend ihrer Anzahl auf. Schlüsseln Sie bitte auch auf, welche bzw. wieviele der Vorkommnisse sich auf Gegendemosntrant*innen, auf mutmaßliche Besucher*innen oder Sympathisant*innen der AfD-Versammlung und auf Polizeikräfte beziehen.
Nach derzeitigem Informationsstand wurden keine Personen verletzt. Wir verweisen im Übrigen auf die Pressemeldung der Aachener Polizei vom 30.09.2024. Die genaue deliktische Einordnung sowie die Anzahl der Tatverdächtigen und Straftatbestände ist Teil der derzeit laufenden Ermittlungen. Bislang werden Verfahren wegen Landfriedensbruch, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz (Vermummung), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung geführt. Weitere Tatbestände können sich aus den laufenden Ermittlungen ergeben.
8. Hatten Sie Kenntnis davon, dass Mitglieder der rechten Szene, die der Hooligan-Gruppe “Boxstaffel 52” zugerechnet werden, im nahen Umfeld der Pontstraße vermeintliche Antifaschist*innen einzuschüchtern versucht haben sollen? Wenn ja, (wie) haben Sie darauf reagiert?
Der Polizei ist bekannt, dass es zu verbalen Provokationen durch Personen in der Pontstraße gekommen ist. Diese wurden durch Polizeikräfte unterbunden.
9. Wie viele Polizeikräfte waren eingesetzt? Wie viele Menschen haben die AfD-Versammlung besucht? Wenn Sie keine genaue Zahl dazu haben sollten: Von welcher Zahl an Besucher*innen gehen Sie aus? Wie groß schätzen Sie die Gegenproteste ein?
Zur Anzahl der eingesetzten Kräfte geben wir aus einsatztaktischen Gründen keine Auskunft. Die Veranstaltung der „Junge Alternative“ fand in geschlossenen Räumen mit ca. 50 Teilnehmern statt. Die (Gegen-)Versammlung „Keine Räume für rechte Hetze“ hatte in der Spitze etwa 200 Teilnehmer.