Die Linke – wählen, aufbauen und verändern!

Vorschläge für den Wahlkampf und den Aufbau der Partei Die Linke 

Text als Flugblatt:

Die Linke befindet sich in einer widersprüchlichen Situation. Parlamentarisch droht der Partei in vielen Ländern und auf Bundesebene die Bedeutungslosigkeit. In Brandenburg flog sie sogar aus dem Landtag. Das ist die Quittung für die Regierungskoalitionen mit SPD und Grünen. Hier haben Linke-Wähler*innen (und solche, die es hätten werden können) die Erfahrung gemacht, dass sich solche Regierungen nicht grundlegend von anderen Koalitionen unterscheiden und im schlimmsten Fall Krankenhausschließungen, Privatisierungen usw. mittragen. Die Linke wird so mehr und mehr als eine Partei des Establishments betrachtet. 

Gleichzeitig sind aber seit dem Austritt von Sahra Wagenknecht und ihren Unterstützer*innen über 11.000 Menschen in Die Linke eingetreten und wird aus vielen Kreisverbänden von einer Aktivierung und Aufbruchstimmung unter den Mitgliedern berichtet. 

Der Bundestagswahlkampf kann vor diesem Hintergrund eine Chance sein, diese Aufbruchstimmung für eine Wahlkampagne zu nutzen, die die Partei über die Fünf-Prozent-Hürde bringt. Gleichzeitig wäre ein Scheitern an derselben eine politische, organisatorische und finanzielle Katastrophe für die Partei. Es geht also um viel, wenn nicht gar um alles.

Linke Opposition

Die Linke ist – trotz aller Beschränktheiten, Fehler und Anpassung in Richtung SPD und Grüne – die einzige Stimme einer linken Opposition, die den Einzug in den Bundestag schaffen kann und in vielen Landtagen und Kommunalparlamenten vertreten ist. Ein Bundestag ohne Die Linke würde die politischen Kräfteverhältnisse in der Bundesrepublik zuungunsten der Arbeiter*innenklasse verschieben. Deshalb ruft auch die Sol zur Wahl der Linken auf und beteiligen sich unsere Mitglieder, von denen viele auch Linke-Mitglied sind, am Wahlkampf der Partei. 

So wie die Ursachen der Krise der Linken in ihrer politischen Ausrichtung liegen, so muss ein Ausweg aus derselben auf einer veränderten politischen Ausrichtung basieren. Alle Haustürgespräche und anderen Wahlkampfaktivitäten sind wichtig, werden aber verpuffen, wenn es keinen Bruch mit wesentlichen Aspekten der bisherigen Politik und keinen Kurswechsel gibt.

Nötig ist, als sozialistische Opposition gegen die vielen Missstände im Land und die zu erwartenden Angriffe der nächsten Regierungen zu kämpfen, sowie den Fokus auf den Aufbau von außerparlamentarischem Widerstand auf den Straßen, in den Betrieben, Schulen und Unis zu legen – ohne antirassistische Prinzipien zu verstecken. 

Neuausrichtung nötig

Der Parteitag der Linken im Oktober markierte weder eine Aufarbeitung der Ursachen der Krise der Partei noch eine wirkliche politische Neuausrichtung. Zwar wurde auffällig oft in Reden von der “Arbeiter*innenklasse” und der Notwendigkeit eines “Klassenstandpunktes” gesprochen. Doch was das hinsichtlich der drängenden Fragen von den Kriegen (nicht nur) in der Ukraine und im Nahen Osten, Arbeitsplatzabbau, Haushaltskürzungen, Klimakrise etc. konkret heißt, wurde nicht geklärt. Die Wahlniederlagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im Leitantrag nicht einmal erwähnt und die Politik der Regierungsbeteiligungen mit prokapitalistischen Parteien nicht infrage gestellt.

Aber die vielen neuen Mitglieder und der allgemeine Gedanke, dass in der Partei etwas verändert werden muss, bieten die Gelegenheit, diese Fragen wieder offensiver zu diskutieren. Dass einige Vertreter*innen der Parteirechten (wie Klaus Lederer und Elke Breitenbach in Berlin) nun die Partei verlassen, kann dabei nur helfen. Ob das ausreichen wird, den entstandenen Schaden in der Wahrnehmung der Partei in der Arbeiter*innenklasse wettzumachen, ist jedoch zu bezweifeln. 

Aber Die Linke kann einen Beitrag zur Bildung einer massenhaften sozialistischen Arbeiter*innenpartei leisten, wenn sie oder zumindest Teile der (mitunter neuen) Aktiven bereit sind, die Lehren aus der Krise zu ziehen.

Lehre 1 – Kapitalismus bekämpfen statt verwalten

In einem von einer multiplen Systemkrise heimgesuchten Kapitalismus sind eine substanzielle Verbesserung der Lebensverhältnisse der arbeitenden Menschen, Frieden, Stopp des Klimawandels und weiterer Umweltzerstörung, ein Ende von Diskriminierungen etc. durch eine systemimmanente Reformpolitik eine Illusion. Realpolitik muss revolutionär in dem Sinne sein, dass sie den Bruch mit den kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnissen mitdenkt, statt diesen zu scheuen. In Regierungskoalitionen mit prokapitalistischen Parteien, wie es SPD und Grüne sind, kann aber nur eine systemimmanente Politik betrieben werden, der Kapitalismus also nur verwaltet werden. Spätestens in Zeiten wirtschaftlicher Krisen führt das dann zwangsläufig zu einer Politik gegen die Interessen der lohnabhängigen Bevölkerung und der sozial Benachteiligten. Das zeigen alle Erfahrungen linker Regierungsbeteiligungen, ob in den deutschen Bundesländern oder international. Das „rebellische Regieren“, wie es Teile der Linken in den letzten Jahren propagiert haben, ist eine Illusion. Ergebnis ist bestenfalls, dass die Regierungspolitik ein wenig besser, die Partei aber viel schlechter wird – und sich damit von ihrer eigentlichen Aufgabe weiter entfernt, die im Aufbau einer Massenkraft zur Überwindung des Kapitalismus bestehen sollte. Statt mehr Menschen davon zu überzeugen, führen Regierungskoalitionen mit SPD und Grünen (und erst recht mit der CDU, wie sie ja nun auch von Teilen der Partei nicht mehr ausgeschlossen wird) dazu, dass gerade die aktivsten Teile der Arbeiter*innenklasse und der Jugend in einen Konflikt mit der Regierungspolitik geraten und sich von der Partei entfernen. Wir erinnern deshalb an den alten Wahlspruch der PDS: Veränderung beginnt mit Opposition. Regieren sollten Linke nur dann, wenn sie dadurch tatsächlich sozialistische Politik umsetzen und den Sturz des Kapitalismus befördern können.

Lehre 2 – Sozialistisches Programm nötig

Wir treten für ein sozialistisches Programm der Linkspartei ein. Das bedeutet nicht einfach, dass das Programm ein allgemeines Bekenntnis zum Sozialismus enthalten soll. Es bedeutet auch nicht, dass wir vorschlagen, Die Linke solle jetzt vor allem und bei jeder Gelegenheit die rote Fahne auspacken und den Sozialismus propagieren. Ein sozialistisches Programm bedeutet, Forderungen aufzustellen und dafür zu kämpfen, die die Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt zum Ausdruck bringen und sich nicht an den sogenannten Sachzwängen der kapitalistischen Verhältnisse orientieren. Das macht es in der heutigen Krise des Kapitalismus zwingend nötig, die Eigentumsfrage immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen – ob hinsichtlich der Enteignung von Immobilienkonzernen, um die Mieten herabzusenken; der Verstaatlichung der Autoindustrie, um Arbeitsplätze zu retten und die Produktion sinnvoll umzustellen oder der Schaffung eines komplett öffentlichen Gesundheitswesens, um gute Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal und eine umfassende Gesundheitsversorgung für alle zu erreichen (um nur drei Beispiele zu nennen). Ein sozialistisches Programm bedeutet, an allen Fragen den Klassencharakter dieser Gesellschaft offenzulegen und die Klasseninteressen der lohnabhängigen Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen. Und es bedeutet, jeden noch so kleinen Kampf für Verbesserungen im Hier und Jetzt mit der Perspektive einer sozialistischen Gesellschaftsveränderung zu verbinden.

Lehre 3 – Primat des Klassenkampfs

Eine sozialistische Partei ist Mittel zum Zweck. Zweck ist die Veränderung der Gesellschaft, wozu massenhafte Selbstorganisation, Kämpfe, Streiks, Bewegungen nötig sind. Darauf sollte eine linke Partei ihre Aktivitäten ausrichten. Das bedeutet, dass außerparlamentarische Arbeit im Fokus stehen sollte und die parlamentarische Arbeit dafür vor allem eine Hilfe sein sollte. Das Parlament als Bühne für den Klassenkampf und den Sozialismus nutzen, statt im parlamentarischen Sumpf von kleinen Anfragen und Gesetzesinitiativen unterzugehen! 

Lehre 4 – Erneuerung und Demokratisierung (statt Projekt Silberlocke)

Es ist gerade viel von Erneuerung der Partei die Rede. Gleichzeitig wird das „Projekt Silberlocke“ betrieben, was das Gegenteil von Erneuerung darstellt. 

Erneuerung muss aus unserer Sicht bedeuten, dass Die Linke wirklich zur Mitgliederpartei wird, in der erstens ein Primat der Partei über den Parlamentsfraktionen auf allen Ebenen bestehen muss und zweitens die Mitglieder über gelebte demokratische Strukturen Inhalt und Kurs der Partei selbst bestimmen und mit der Praxis Schluss gemacht wird, dass letztlich wichtige Entscheidungen doch nur im kleinen Kreis und Wahlkampfinhalte von Werbeagenturen bestimmt werden. 

Voraussetzungen dafür sind aus unserer Sicht unter anderem eine jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit von Funktionär*innen und Mandatsträger*innen (im Sinne einer Aufforderung, ggf. ihr Mandat abzugeben), Ablehnung jeglicher Privilegien für Funktionär*innen und Mandatsträger*innen und eine Begrenzung von Hauptamtlichenlöhnen und Diäten (im Sinne einer entsprechenden verpflichtenden Abgabe) auf einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn, wie es die neuen Vorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken praktizieren. Aber es geht um mehr: Genauso nötig sind Bildungsangebote, Diskussionsforen, Mitgliederzeitschriften auf allen Ebenen, in denen Debatten stattfinden können etc. – dass Ortsverbänden und Basisorganisationen zuletzt das Antragsrecht bei Bundesparteitagen genommen wurde, ist diesbezüglich ein Schritt in die falsche Richtung. 

Für einen kämpferischen Wahlkampf

Die unter dem Motto „Alle reden, wir hören zu“ begonnene Kampagne für Haustürgespräche muss nun zum Wahlkampf gemacht werden – und statt nur zuzuhören, sollte der Geist sein: „Wir haben Antworten auf die Krise des Kapitalismus!“

Es darf keinen Anti-Merz-Wahlkampf geben, der den Eindruck erweckt, es gebe ein linkes Lager gemeinsam mit SPD und Grünen. Das zu erwartende „linke Blinken“ dieser Parteien muss als solches benannt werden. Es ist nötig, einen klaren Oppositionswahlkampf zu führen und da, wo sich gerade Bewegungen gegen Kürzungen oder gewerkschaftliche Kämpfe entwickeln, diese gerade auch während des Wahlkampfs massiv zu unterstützen. . 

Die Linke sollte einen kämpferischen Wahlkampf mit einem Fokus auf einige zentrale Themen führen. Diese sollten sein:

    • Die Rettung der Arbeitsplätze bei VW und anderen Industrieunternehmen durch Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, Überführung der Konzerne in öffentliches Eigentum und einen demokratisch aufgestellten Plan zur Umstellung der Produktion auf sinnvolle und nachhaltige Produkte

  • Die Instandsetzung des maroden Gesundheitswesens und des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs – finanziert aus den Gewinnen der Banken und Konzerne und den Vermögen der Superreichen
  • Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Enteignung der Immobilienkonzerne, Einführung einer Kostenmiete und Bau öffentlicher Wohnungen
  • Maßnahmen gegen die weiterhin viel zu hohen Preise und zu niedrigen Löhne
  • Opposition gegen die kapitalistischen Kriege und Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel und gegen Aufrüstung und Militarisierung
  • Rettung des Klimas durch von den Reichen, Banken und Konzernen finanzierte Maßnahmen, statt die Masse der Bevölkerung dafür zahlen zu lassen

Forderungen und Maßnahmen zur Lösung dieser Missstände müssen an die Grundfesten des kapitalistischen Systems gehen, sonst werden sie unwirksam sein: demokratisches öffentliches Eigentum statt Privateigentum an Konzernen und Banken und massive Besteuerung des unverschämt hohen angehäuften privaten Reichtums. Die Linke sollte einen wirklich linken Wahlkampf führen und sich damit profilieren, dass sie die Partei gegen kapitalistische Kriege und obszöne Reichtumskonzentration ist, die bereit ist, sich wirklich mit den Reichen und Mächtigen anzulegen. 

Integraler Bestandteil des Wahlkampfs muss eine Botschaft der Solidarität mit allen diskriminierten Minderheiten – Migrant*innen, Geflüchtete, LGBTQI*-Personen, Behinderte -, mit ebenso von Diskriminierung betroffenen Frauen, mit allen für ihre legitimen Rechte kämpfenden Gruppen sein. Das Thema Migration sollte nicht gemieden werden, wie es die KPÖ in Österreich praktiziert, sondern offensiv und selbstbewusst eine antirassistische Position vertreten werden, die Solidarität mit Geflüchteten propagiert und erklärt, dass der Kampf gegen Fluchtursachen der Kampf gegen den Kapitalismus ist.

Die 5-Prozent-Hürde packen!

Wenn Die Linke einen solchen Wahlkampf überzeugend angeht, wenn ihre Kandidat*innen erklären, dass sie von den überhöhten Diäten nur annehmen, was einem durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn entspricht und den Rest spenden werden, wenn sich die Bundespartei endlich von kapitalismusfreundlicher Regierungspolitik in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen distanziert, dann könnte unter den Mitgliedern und Unterstützer*innen der Partei eine Mobilisierung erreicht werden, die die Partei über die Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestagswahlen trägt.

Das wäre zusammen mit konsequenten Kämpfen der Gewerkschaften für die Interessen der abhängig Beschäftigten und gegen Kürzungen auf allen Ebenen auch das beste Mittel, um die AfD im Zaum zu halten.

Neue sozialistische Arbeiter*innenpartei

Damit wäre die Krise der Partei noch nicht überwunden, aber der Niedergang erst einmal unterbrochen und dann könnte eine notwendige Debatte stattfinden, welchen Beitrag Die Linke – zusammen mit anderen Kräften aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen! – zur Schaffung einer Massenpartei von Arbeiter*innen und Jugendlichen mit einem sozialistischen Programm leisten kann, die so dringend nötig ist, um die Interessen der Arbeiter*innenklasse zu vertreten und die Gesellschaft zu verändern. Den Anspruch, dass Die Linke sich allein zu einer solchen Partei entwickeln wird, sollte sie aufgeben und sich stärker der Zusammenarbeit mit in Kampagnen und Bündnissen aktiven Arbeiter*innen und Jugendlichen, sowie anderen linken und gewerkschaftlichen Kräften, auch bei Wahlantritten, öffnen – um in der Zukunft eine wirkliche Massenpartei zu schaffen.

Die Sol will dazu einen Beitrag leisten. Wir sind überzeugt davon, dass eine solche Partei auf dem Weg zur sozialistischen Veränderung der Gesellschaft nötig ist und dass sie umso erfolgreicher aufgebaut werden kann, je stärker die marxistischen Kräfte darin sind.