Migrationsdebatte = Ablenkungsmanöver!

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Wer schließt Krankenhäuser? Syrische Geflüchtete oder deutsche Politiker*innen? 

Wer spekuliert mit unseren Wohnungen? Ukrainische Geflüchtete oder Vonovia und Co.? 

Wer kürzt Sozialausgaben und senkt die Steuern für Superreiche? Afghanische Geflüchtete oder Politiker*innen von SPD, CDU/CSU, FDP und Grüne?

In Deutschland liegt vieles im Argen. Wirtschaftskrise und Arbeitsplatzvernichtung in der Industrie, während es zu wenig Lehrer*innen, Krankenpfleger*innen, Arztpraxen und Erzieher*innen gibt. Zugausfälle und Verspätungen sind zur Normalität geworden. Die Preisexplosion der letzten Jahre hat den Lebensstandard sinken lassen. Für dringend nötige Investitionen in Kitas, Schulen und Unis fehlt angeblich das Geld.

Text eines aktuellen Flugblatts der Sol

Es gibt viele Gründe, über die aktuellen Verhältnisse wütend und frustriert zu sein .  Statt jedoch diese Probleme anzugehen, befeuern Politiker*innen von CDU bis Grüne die sogenannte “Migrationsdebatte” und erwecken den Eindruck, Migration sei zur Zeit das größte Problem und außerdem ursächlich für die anderen Missstände. Das ist eine Lüge. Die wahren Ursachen liegen in der Politik der pro-kapitalistischen Parteien, die bei Sozialausgaben gekürzt und den Superreichen, Banken und Konzernen Geschenke gemacht haben und dem kapitalistischen System, das diese verteidigen und in dem der Profit für einige Wenige mehr zählt als die Bedürfnisse von Millionen. Die nachvollziehbare Sorge vieler Menschen, dass Zuwanderung die gesellschaftlichen Missstände verschärft, wird ausgenutzt, um von den wahren Problemen und ihren Verursacher*innen abzulenken.

“Zu viel“ Einwanderung?

Es stimmt, dass seit 2020 etwa 1,5 Millionen Menschen mehr in Deutschland leben und dieser Anstieg maßgeblich auf Zuwanderung zurückzuführen ist. Es stimmt nicht, dass “immer mehr” Geflüchtete kommen. Laut BAMF sind im ersten Halbjahr 2024 rund 21 Prozent weniger Asylanträge als im gleichen Zeitraum 2023 gestellt worden. Bevölkerungszuwachs führt auch nicht automatisch zu sozialen Problemen. Von 1950 bis 1960 stieg die Bevölkerung alleine in Westdeutschland um fünf Millionen, bis 1970 um weitere sechs Millionen. Irlands Bevölkerung stieg zwischen 2000 und 2020 um über dreißig Prozent – ohne dass die Gesellschaft kollabiert wäre. 

Kürzungen auf unsere Kosten

Dass Behörden überarbeitet sind, Brücken zusammenstürzen und Investitionen nicht getätigt werden, liegt nicht daran, dass es mehr Menschen in Deutschland gibt. Vielmehr wurde Jahrzehnte lang gekürzt und nicht investiert, weil die Reichen weniger Steuern zahlen und die Unternehmen nur investieren, wenn satte Profite sicher sind. Laut der Hans-Böckler-Stiftung hat sich der Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur auf insgesamt 600 Milliarden Euro aufgetürmt. Diese Summe würde nicht kleiner, wenn weniger Einwanderer*innen kämen. 

Das Geld liegt bei den Reichen! 

In Deutschland besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung ein Drittel des Gesamtvermögens. Das sind rund 2600 Milliarden Euro. Das ist unter anderem das Geld, das in unseren Schulen, Krankenhäusern und sozialen Diensten fehlt. Wenn die Migration zur Mutter aller Probleme erklärt wird, werden wir von dieser Tatsache abgelenkt. 

Überlasten Geflüchtete die Kommunen?

An den klammen Kassen der Kommunen sind auch die Steuergesetze der Bundes- und Landesregierungen schuld. Kommunen bekommen viel zu wenig von den Steuern zur Verfügung gestellt, die für Reiche und Unternehmen viel zu niedrig sind. Alleine die Wiedereinführung der Vermögenssteuer zum alten Satz würde jährlich zwanzig Milliarden Euro einbringen. Eine höhere Besteuerung von Vermögen und Unternehmensgewinnen könnte ein Vielfaches davon einholen (wovon dann auch ein höherer Teil an die Kommunen fließen müsste). Mit dem Geld könnten Freibäder, Kitas und Krankenhäuser erhalten und neu gebaut sowie ÖPNV-Taktungen ausgebaut werden. Es könnten aber auch Maßnahmen getroffen werden, um Sprachförderung für Geflüchtete auszubauen und ihren Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, was den Arbeitskräftemangel in manchen Bereichen senken und die Gesellschaft insgesamt reicher machen könnte, wenn diese nicht nach kapitalistischen Prinzipien funktionieren würde.  Das wären Maßnahmen, die Arbeiter*innen und Jugendlichen wirklich etwas bringen würden, statt Milliarden in Prestigeprojekte zu stecken und Gewerbesteuern für große Unternehmen zu senken.

Steigt durch Zuwanderung die Kriminalität?

Durch die Migration wird Deutschland kein gefährlicherer Ort. Alle seriösen Untersuchungen zeigen auch, dass es unter Migrant*innen keine signifikant höhere Kriminalitätsrate gibt. Die höhere Anzahl an registrierten Straftaten und Tatverdächtigen  (nicht Verurteilungen!) bei Menschen mit Migrationshintergrund liegt in erster Linie daran, dass diese gemessen an der Bevölkerung öfter kontrolliert werden und für sie Gesetze gelten, die für Deutsche nicht gelten (z.B. restriktive Aufenthaltsgesetze). Eine deutschlandweite Umfrage des Sachverständigenrats für Integration und Migration fand heraus, dass als ausländisch wahrgenommene Befragte in etwa doppelt so häufig von der Polizei kontrolliert werden wie andere.

Gibt es mehr islamistische Gewalt?

Ein großer Teil der Geflüchteten aus muslimisch geprägten Ländern flieht vor islamistischem Terror. Terroranschläge in Deutschland und Europa werden oftmals nicht von Geflüchteten verübt. Hinzu kommt, dass die Bedrohung aufgebauscht wird, um Ängste und Rassismus zu schüren. Es ist in  Deutschland weiterhin wahrscheinlicher von einem Nazi ermordet zu werden, als durch Islamist*innen, vor allem aber an den katastrophalen Umweltfolgen der kapitalistischen Produktionsweise zu sterben. 

Hauptprofiteur: AfD!

Die sogenannte Migrationsdebatte lenkt nicht nur ab von den wahren Problemen, sie stärkt auch die AfD und Nazis. In dem in allen Medien und Talkshows das Märchen verbreitet wird, Migration wäre die Ursache sozialer Probleme, werden die Rechtspopulist*innen und -extremist*innen gestärkt. Das ist eine reelle Gefahr für alle Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen. In Sonneberg, wo die AfD den Landrat stellt, haben sich die Fälle rechtsextremer Gewalt verfünffacht.

Rassismus und Sozialabbau stoppen!

Wir dürfen nicht auf das Ablenkungsmanöver von CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und AfD reinfallen. Wir müssen uns schützend vor alle stellen, die von Diskriminierung und rassistischen Anfeindungen betroffen sind, denn Rassismus schwächt uns als Lohnabhängige insgesamt. Er dient zur Spaltung, ganz nach dem Motto “Teile und herrsche”. Wenn die hier Geborenen sich gegen den Geflüchteten wenden, kämpfen sie nicht gegen Großaktionär*innen und Immobilienkonzerne. Nur durch einen solchen Kampf werden wir aber unsere Lebensverhältnisse verbessern können – und diesen Kampf müssen wir mit allen Betroffenen gemeinsam führen, unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Geburtsort und Religionszugehörigkeit.

Kapitalismus überwinden!

Die soziale Ungleichheit und Rassismus haben ihre Wurzeln im kapitalistischen System. Denn mit unserer Arbeit erwirtschaften wir ihre Profite. Durch Rassismus und andere Diskriminierungsformen werden wir gespalten. Deswegen ist es auch notwendig, den Kapitalismus als Ganzes auf den Müllhaufen der Geschichte zu fördern. Die Sol kämpft daher für eine sozialistische Demokratie, in der Kriege, Ausbeutung und Armut all für allemal ein Ende gesetzt werden. 

  • Für massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales 
  • Für höhere Löhne und Renten
  • Nein zum Rassismus von AfD und den bürgerlichen Parteien! 
  • Nein zu allen Kürzungen!
  • Die Reichen sollen zahlen! Für eine Vermögenssteuer von zehn Prozent ab einer Million Euro Vermögen, ein stark progressives Steuersystem und drastisch höhere Steuern auf Unternehmensprofite und Erbschaften. Für eine einmalige Abgabe von dreißig Prozent auf das Geldvermögen von Millionär*innen und Milliardär*innen.
  • Nein zur Verschärfung des Asylrechts! Gleiche Rechte für alle, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben – Nein zu rassistischen Sondergesetzen! Nein zu Abschiebungen – Bleiberecht für alle! 
  • Sofortiges Recht auf Arbeit von Asylbewerber*innen und Geflüchteten
  • Fluchtursachen bekämpfen – Waffenexporte verbieten und imperialistische Ausbeutung beenden
  • Für den gemeinsamen Kampf von Gewerkschaften, Die Linke, sozialen Bewegungen und linken Gruppen für soziale Verbesserungen!
  • Für eine sozialistische Alternative, statt kapitalistischer Dauerkrise! Für die Überführung der großen Banken und Konzerne in öffentliches Eigentum unter demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung!

Globale Fluchtursache #1 Kapitalismus!

Weltweit befinden sich 120 Millionen Menschen auf der Flucht. Anders als uns AfD und Co. behaupten, fliehen die meisten dieser Menschen nicht in die reichen Industrieländer, sondern in benachbarte Länder oder innerhalb ihres Landes. Die Fluchtgründe reichen von Kriegen, politischer Verfolgung, Armut, Perspektivlosigkeit, Hungersnöte und Naturkatastrophen. 

Nach Berechnungen der Weltbank leben weltweit rund 700 Millionen Menschen in extremer Armut, das heißt, sie verfügen über weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag. Jährlich sterben weltweit etwa 9 Millionen Menschen an Hunger. Nicht selten sind Menschen in der neokolonialen Welt von nicht nur einer, sondern gleich mehreren Fluchtursachen betroffen. 

Diese Zustände sind Ergebnis jahrhunderte langer Ausbeutung und Unterdrückung durch die führenden imperialistischen Mächte. Auch heute halten diese Beziehungen an. Trotz formaler Unabhängigkeit bestehen enge wirtschaftliche Ausbeutungsverhältnisse zwischen dem globalen Süden und dem Norden. Viele neokoloniale Länder versinken in tiefen Schulden gegenüber Ländern wie Deutschland. 

“Heutzutage sind viele Länder gezwungen, sich zu entscheiden, ob sie ihrer Bevölkerung dienen oder ihre Schulden bedienen wollen. Afrika gibt mehr für Schuldenzinsen aus als für die Gesundheitsversorgung.” (Prof. Dr. Drs. h.c. Klaus-Heinrich Standke, ehemaliger Direktor des UN-Büros für Wissenschaft und Technologie)

Gleichzeitig überschwemmen Waren aus den Industrienationen viele heimische Märkte in der neokolonialen Welt. Lokale Produzent*innen und Bäuer*innen können kaum mit den Preisen mithalten und werden in den Ruin getrieben. 

Die multinationalen Konzerne nutzen ihre Marktmacht, um die Preise für Waren aus der neokolonialen Welt zu drücken und ihre eigenen Profite zu sichern. Dieses System kommt einigen wenigen zu Gute, die sich fleißig bereichern. Alle Milliardär*innen zusammen haben seit 2020 ihr Vermögen um 3,3 Billionen US-Dollar (34 Prozent) vergrößert.

Das Geld und Ressourcen sind also da, um allen Menschen ausreichend Essen, Wohnraum und Arbeit zu geben – nur nicht unter den bestehenden kapitalistischen Verhältnissen. Wer Fluchtursachen bekämpfen will, muss also den Kapitalismus bekämpfen. 

Umweltzerstörung und Krieg

Die bürgerlichen Politiker*innen stützen aber dieses System und verschärfen die Zustände noch weiter. Obwohl schon unlängst bekannt ist, dass die Klimakrise, die weltweite Fluchtbewegung erheblich befeuern wird, unternehmen die prokapitalistischen Poliker*innen nichts dagegen. Die Weltbank schätzt, dass bis zum Jahr 2050 bis zu 143 Millionen Menschen zu Klimaflüchtlingen werden könnten. 


Auch die Zunahme von Kriegen und geopolitischen Konflikten wird die Anzahl Geflüchteter weltweit erhöhen. Auch hier trägt Deutschland Verantwortung. Alleine im ersten Halbjahr 2024 wurden Rüstungsexporte im Wert von 7,6 Milliarden Euro genehmigt. Während deutsche Bomben Häuser und Existenzen zerstören, fordern Politiker*innen die Grenzen dicht zu machen. Ein Ergebnis dieser Politik waren 2023 3155 im Mittelmeer ertrunkene Menschen.

Kapitalismus statt Flüchtlinge bekämpfen!

Nicht die Migration ist die “Mutter aller Probleme”, sondern der Kapitalismus. Die einzige Möglichkeit, die Flucht von Menschen weltweit zu verhindern, ist es, die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse zu überwinden. Würden alle vorhandenen technologischen und wirtschaftlichen Mittel  im Interessen der einfachen Bevölkerung und Umwelt genutzt werden, würde niemand mehr hungern oder vor Krieg flüchten müssen. Das ist im Kapitalismus aber nicht zu erreichen. Die Sol steht deswegen ein für den Kampf aller Lohnabhängigen über Ländergrenzen hinweg für eine sozialistische Demokratie. Dazu gehört auch die Ablehnung und aktive Bekämpfung von Diskriminierung gegenüber Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Sexualität oder Hautfarbe.