Dem Rechtspopulismus muss der Boden entzogen werden
Die Debatte um das Für und Wider eines Verbots der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) wird zur Zeit medial, in Gewerkschaften und linken Organisationen intensiv geführt. Abgeordnete verschiedener Bundestagsfraktionen, ausgehend unter anderem von dem CDU-Politiker Marco Wanderwitz, haben eine entsprechende Initiative in den Bundestag eingebracht. Viele erhoffen sich durch ein Verbot der AfD das Problem des Rechtspopulismus und Rassismus und den wachsenden Einfluss der Partei beseitigen zu können. Wir sind der Meinung, dass nicht nur andere Maßnahmen nötig sind, um die AfD zurückzudrängen, sondern ein Verbotsverfahren ein Bumerang sein wird, der die Rechtspopulist*innen stärkt statt schwächt.
von Sascha Staničić, Sol-Bundessprecher
Die Befürworter*innen eines AfD-Verbots betonen, dass dieses nun nötig sei, weil ein weiteres Wachstum der AfD dazu führen würde, dass die Partei Verfassungsänderungen verhindern könne, wenn sie über eine Sperrminorität von einem Drittel der Abgeordneten verfügt. Dieses Argument weist darauf hin, dass diese Befürworter*innen eines Verbots nicht daran glauben, dass andere Maßnahmen dabei erfolgreich sein könnten, ein solches Wachstum der Rechtspopulist*innen zu verhindern. Gleichzeitig sind sich alle einig, dass ein Verbotsverfahren sehr lange dauern würde und die Partei in dem Zeitraum – und möglicherweise auch aufgrund des dann laufenden Verfahrens – eine entsprechende Stärke erlangen könnte.
Ineffektiv
Doch nicht nur das weist auf die wahrscheinliche Wirkungslosigkeit eines Verbotsverfahrens hin. Abgesehen davon, dass es sehr umstritten ist, ob ein solches überhaupt erfolgreich wäre, könnte sich die AfD über Jahre darauf vorbereiten und das machen, was der rechtsextreme Vlaams Blok in Belgien tat, als 2004 ein faktisches Verbot vorbereitet wurde. Er gründete sich ganz einfach und schnell als Vlaams Belang neu und hat an Stärke und gesellschaftlichem Einfluss nichts eingebüßt. Eine solche Neugründung wäre auch für die AfD eine Möglichkeit.
Bumerang
Das gewichtigere Argument gegen ein AfD-Verbot ist aber ein anderes. Der Erfolg der Rechtspopulist*innen basiert auf der Unzufriedenheit und Entfremdung breiter Teile der Arbeiter*innenklasse und Mittelschichten, die in den etablierten Parteien zurecht keine Interessenvertretung mehr sehen und von Skandalen, Korruption, Parteienegoismus und Ignoranz gegenüber den Interessen der so genannten kleinen Leute angewidert sind. Auf Basis der von Regierungen, prokapitalistischen Parteien und bürgerlichen Medien inszenierten Migrationsdebatte wenden viele Menschen ihren Frust gegen Migration und gegen Migrant*innen, was von der AfD (und mittlerweile leider auch vom BSW) geschürt und ausgenutzt wird.
Wenn nun aber Die Linke mit Vertreter*innen genau dieser verhassten etablierten Parteien ein Verbotsverfahren gegen die AfD auf den Weg bringen will, bestätigt sie den Eindruck, dass sie mit diesen Kräften in einem Boot sitzt und die AfD die einzige wirkliche Opposition ist. Gleichzeitig machen sie es der AfD leicht, zu behaupten, die anderen Parteien haben keine Argumente und greifen zu antidemokratischen Methoden, um sie zu stoppen und den politischen Willen von einem erheblichen Teil der Bevölkerung zu ignorieren.
Alternative nötig
Der einzige Weg, die AfD zu stoppen ist eine politische Alternative aufzubauen, die die sozialen Interessen dieser Menschen aus der Arbeiter*innenklasse und den Mittelschichten konsequent vertritt und gleichzeitig erklärt, dass nicht Migrant*innen für die gesellschaftlichen Missstände verantwortlich sind, sondern die kapitalistische Logik und die dieser folgenden Parteien.
Das alles spricht gegen ein AfD-Verbotsverfahren – nicht aber gegen den Kampf gegen die rassistische und arbeiter*innenfeindliche AfD. Dieser muss konsequent geführt werden. Wichtigster Bestandteil wäre der gemeinsame Kampf von deutschen und nichtdeutschen Lohnabhängigen und Jugendlichen für ihre gemeinsamen Klasseninteressen. Das kann aber nicht mit den Vertreter*innen des kapitalistischen Establishments geschehen. Nötig ist eine sozialistische Alternative.