Große Proteste, massive Polizeigewalt

Mitglieder der Sol und von Jugend für Sozialismus auf dem Protest gegen den Bundesparteitag der AfD in Riesa im Januar 2025

In Riesa demonstrierten über 15.000 Menschen gegen den AfD-Parteitag

Schon in der Nacht zum 10. Januar sowie am Morgen des 11. Januar begaben sich aus Sachsen und dem gesamten Bundesgebiet Busse, Züge und Autos zum Protest gegen den AfD-Parteitag in Riesa. Die Bündnisse „Widersetzen“ und „Aufstehen gegen Rassismus“ sowie „Kein Bock auf Nazis“ hatten über 15.000 Menschen, u.a. aus Gewerkschaften, „Studis gegen Rechts“ bis hin zu klassischen Antifa-Gruppen mobilisiert.

von Magda Majeed, Berlin

Bereits vor den Toren der Stadt wurden etliche Busse und Autos durch die Polizei gestoppt und die Demonstrierenden mussten teils 20 Kilometer zu Fuß zur WT-Arena, in der der Parteitag stattfinden sollte, zurücklegen. Als wäre das nicht schon ausreichend körperliche Belastung, war die Polizeigewalt für viele die prägendste Erfahrung des Tages. Auch Sol-Mitglieder erfuhren massive Repressionen durch verbale und körperliche Angriffe der Polizei. Diese überfiel zum Beispiel eine Gruppe von Genoss*innen der Sol und Jugend für Sozialismus, die weit vor Riesa vom Bus ausgesetzt wurden und zur angemeldeten Kundgebung vor dem Tagungsort gelangen wollten.

Der Tag sollte so weitergehen: Einsatz von Polizei-Hunden, die Demonstrierende attackierten, bei Blockaden; mehrfacher Einsatz von Pfefferspray; brutale Polizeigewalt bis hin zum Niederprügeln eines Linke-Landtagsabgeordneten, Nam Duy Nguyen, der kurzzeitig bewusstlos am Boden lag. Er hatte sich und seinen Begleiter deutlich als parlamentarischen Beobachter ausgewiesen. All das half nichts, er wurde trotzdem angegriffen. Juliane Nagel, sächsische Landtagsabgeordnete für Die Linke, berichtete, sie habe „das brutale Vorgehen der Polizei gegen Demonstrierende am frühen Nachmittag in der Breitscheidstraße [auch] beobachten können. Mehrere hundert Menschen, die zur Hauptkundgebung vor der WT-Arena gelangen wollten, wurden dort auch von Beamten der sächsischen Polizei geschoben oder getreten, sodass Menschen zu Boden fielen und Panik bekamen“.1

Eingeschränkte Pressearbeit

Auch die dju (Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di) übte im Nachgang an den Parteitag Kritik:„Wir haben leider hautnah miterlebt, wie mehr als 30 Medienvertreter*innen bereits kurz nach Beginn der ersten Demonstrationen in eine Umstellung eines gesamten Demonstrationszuges der Polizei gerieten. Keiner der Beamten fühlte sich verantwortlich, ein Verlassen des Kessels für Medienvertreter*innen zu ermöglichen. Und das für circa 45 Minuten“, sagt Lucas Munzke, betreuender ver.di-Gewerkschaftssekretär, der auch im Kessel festgehalten wurde.2

Das Kölner Komitee für Grundrechte und Demokratie berichtet von etwa 20 bis 30 Personen, die im Nachgang ärztlich behandelt werden mussten. Mindestens eine Person musste mit einem Krankenwagen abtransportiert werden.3

Repressionen durch den Staatsapparat sind nichts Neues, sie dienen der Einschüchterung und Unterdrückung von Bewegungen und Protesten. Deswegen ist beim Kampf gegen Rechts kein Verlass auf den Staat.

Wir fordern eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes und der Gewalt durch Gewerkschafter*innen und Antifaschist*innen, um Transparenz in der Öffentlichkeit darüber zu schaffen und Konsequenzen für Polizeibeamte und politisch Verantwortliche davon abzuleiten.

Kampf gegen Rechts

Genoss*innen der Sol aus Aachen, Berlin, Dortmund, Dresden, Mainz, Stuttgart und Thüringen beteiligten sich auch an den Blockaden. Der Hauptfokus an diesem Tag lag jedoch auf der erfolgreichen Teilnahme an der Kundgebung vor der Sporthalle. Mit unseren Plakaten zur bevorstehenden Bundestagswahl, unserer Zeitung, Literatur, Buttons und Stickern konnten wir viele Interessierte an unseren Infostand locken. Das Interesse an sozialistischen Ideen als Alternative zu Rassismus, Sexismus und Arbeiter*innenfeindlichkeit war groß.

Proteste gegen die AfD dürfen sich nicht einfach auf eine moralische Empörung über deren rassistische und reaktionäre Ideen beschränken. Sie müssen auch die Politik der etablierten pro-kapitalistischen Parteien angreifen, welche für ihren Aufstieg verantwortlich sind. Nach dem Motto: „Gemeinsam gegen die AfD – und gegen die Politik für Banken und Konzerne. Für bezahlbaren Wohnraum, höhere Löhne und massive Investitionen in Gesundheit, Bildung, Klimaschutz und Soziales.“

Wie wir in unserem Flugblatt schrieben:

„Natürlich ist die AfD selbst eine Unternehmer- und Aristokratenpartei, die Politik gegen alle Lohnabhängigen, Jugendlichen und sozial Benachteiligten macht. Diese unsoziale Seite muss man immer wieder entlarven, weil sie lügt, wenn sie sich als „Partei der kleinen Leute“ darstellt. Aber wenn man die AfD stoppen will, muss man auch die Ursachen ihres Erstarkens bekämpfen, die außerhalb von ihr liegen. Und das geht nicht gemeinsam mit den Verursacher*innen.“

Für eine linke politische Alternative

„Das beste Mittel im Kampf gegen Rassismus und die AfD ist der gemeinsame Kampf von deutschen und nicht-deutschen Lohnabhängigen, Jugendlichen und sozial Benachteiligten für ihre gemeinsamen Interessen, also für auskömmliche Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, günstigen Wohnraum, Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales; gegen Stellenabbau und Kürzungen, die gerade um sich greifen. Die Gewerkschaften haben die Aufgabe, diesen Kampf zu organisieren und migrantische Kolleg*innen dabei bewusst einzubeziehen. Es braucht eine massenhafte politische Alternative von links, eine politische Interessenvertretung der arbeitenden Klasse, die deutlich macht, dass die wirklichen Trennlinien zwischen „oben“ und „unten“ verlaufen und nicht Migrant*innen für die die sozialen Probleme verantwortlich sind, sondern der Kapitalismus und die Parteien, die ihn verteidigen. Bei den Bundestagswahlen sollte man deshalb sein Kreuz bei der Linken machen, doch das allein wird keineswegs reichen. Die Anpassung der Linken an Teile dieses Establishment – zum Beispiel in Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen – ist eine der Ursachen, dass die AfD den Protest gegen „die da oben“ hinter sich sammeln kann.“

Eine Bewegung im oben beschriebenen Sinne könnte die AfD tatsächlich schwächen. Doch das Grundproblem lautet: „Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus“ (Malcolm X). Dieser ist dem System inhärent und die bestehenden Verhältnisse werden vom Staatsapparat verteidigt. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir unsere aktuelle Klassengesellschaft, die Ungleichverteilung von Reichtum und damit das System, in dem wir leben, überwinden müssen. Wer Antirassismus will, muss auch antikapitalistisch denken. Für eine sozialistische Alternative kämpft die Sol in Deutschland und das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale weltweit. Wenn du mit uns zu diesem Thema diskutieren willst, kontaktiere uns und mach mit im Kampf!

1 AfD-Parteitag in Riesa: Scharfe Kritik an Polizeieinsatz | tagesschau.de

2 Riesa: Einschränkung der Pressefreiheit – M – Menschen Machen Medien (ver.di)

3 Riesa: 30 verletzte Polizisten und 10 kaputte Einsatzwagen