Lohnabhängige und Jugendliche brauchen eine Partei!

Für eine politische Interessenvertretung der Arbeiter*innenklasse

„Welcher Partei trauen Sie zu, mit den Problemen in Deutschland am besten fertig zu werden?“ Das fragt regelmäßig das Forsa-Institut. Bei den repräsentativen Antworten gibt es immer einen klaren „Sieger“. Mindestens fünfzig Prozent der Teilnehmer*innen sagen: keine Partei. Das ist Ausdruck der so weit verbreiteten Unzufriedenheit und Desillusionierung mit dem Angebot der politischen Parteien.

von Tom Hoffmann, Sol-Bundesleitung

Lohnabhängige dürfen sich auch mit keiner der existierenden Parteien zufriedengeben. Es gibt den etablierten Block aus CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, der seit Jahrzehnten auf allen Ebenen in verschiedenen Konstellationen durchregiert und Politik für Banken und Konzerne macht. Es gibt die rassistische und nationalistische AfD, die sich zwar als Partei „des kleinen Mannes“ profiliert, aber neben ihrer Hetze gegen Migrant*innen auch ein neoliberales und arbeiter*innenfeindliches Programm vertritt. Das neue BSW posiert als Alternative, aber ist nach nicht einmal einem Jahr seiner Existenz schon in einer Regierung mit der CDU – und vertritt ein migrant*innenfeindliches und kapitalismusfreundliches Programm. Nur Die Linke hat den Anspruch, sozialistische Politik für die Arbeitenden und Erwerbslosen und gegen die Banken und Konzerne zu machen. Doch sie wird diesem seit Jahren nicht gerecht und ist deshalb im Überlebenskampf.

Egal, wer nach den Wahlen regiert: Die nächste Regierung wird den Wunsch nach einer Alternative zu den pro-kapitalistischen Parteien nur verstärken. Angesichts der ökonomischen Krise und den Forderungen aus „der Wirtschaft“ nach einer neuen „Agenda“ ist klar, dass sie Klassenkampf von oben betreiben wird – im Einklang mit Konzernen, die schon jetzt mit Stellenabbau und Verzichtsforderungen versuchen, die Wirtschaftskrise auf dem Rücken der Beschäftigten abzuladen.

Widerstand zusammenfassen

Das wird Widerstand provozieren. Die Sol setzt sich dafür ein, diesen auf allen Ebenen zu organisieren – ob in von Kürzungen betroffenen Kommunen, von Stellenabbau und Werksschließungen betroffenen Betrieben oder wenn eine Bundesregierung die Hand ans Streikrecht oder die Arbeitszeitgesetzgebung legt. Die Gewerkschaften als millionenstarke Organisationen haben aufgrund ihrer potenziellen Macht eine besondere Rolle dabei zu spielen.

Aber um letztlich erfolgreich zu sein, braucht dieser Widerstand auch eine politische Organisation: eine Partei VON Lohnabhängigen, Jugendlichen, Rentner*innen und sozial Benachteiligten und FÜR Lohnabhängige, Jugendliche, Rentner*innen und sozial Benachteiligte und deren Klasseninteressen. Eine solche politische Kraft ist nötig, um die verschiedenen Kämpfe der Arbeiter*innenklasse zu bündeln und in einem Programm mit gemeinsamen Forderungen und einer Alternative zum Kapitalismus zu vereinen, um sie den Konzernparteien gegenüberzustellen.

Anders als die anderen

Viele Menschen verbinden mit Parteien nachvollziehbarerweise schlechte Eigenschaften: Klüngelei, Karrierismus, Bürokratismus … Eine Arbeiter*innenpartei müsste anders sein als die anderen – zum Beispiel, indem sich ihre Abgeordneten und Funktionär*innen verpflichten, nicht mehr als ein durchschnittliches Facharbeiter*innengehalt zu beziehen. Die Partei sollte eine demokratische Mitgliederpartei und Funktionär*innen sollten jederzeit wähl- und abwählbar sowie rechenschaftspflichtig sein.

Vor allem aber müsste die Partei ihre Hauptaufgabe im Aufbau von Widerstand auf der Straße, in den Betrieben, Nachbarschaften und Unis sehen, statt im parlamentarischen Klein-Klein zu versinken. Sie sollte auch zu Wahlen antreten, aber ihre Positionen in den Dienst sozialer Kämpfe stellen, das heißt streikende Beschäftigte, wütende Mieter*innen oder protestierende Geflüchtete unterstützen. Und sie sollte deutlich machen, dass sich die Gesellschaft nur grundlegend ändern wird, wenn die arbeitende Mehrheit sich gegen die Macht der Banken und Konzerne organisiert.

Solch eine Partei könnte deutlich machen, wo die wirklichen Trennlinien in der Gesellschaft verlaufen – zwischen oben und unten. Deutliche Mehrheiten in Deutschland sind für eine Besteuerung der Super-Reichen, gegen Privatisierungen oder für Investitionen ins marode Bildungswesen. Eine Arbeiter*innenpartei wäre das effektivste Mittel gegen Rassismus und das Erstarken der AfD, weil sie den Kampf dagegen mit dem Kampf gegen die unsoziale Politik verbinden würde, auf deren Boden die AfD erst stark werden kann.

Die Linke

Sol-Mitglieder haben viele Jahre die Partei Die Linke mit aufgebaut und sich in der Partei für einen Kurswechsel in diesem Sinne eingesetzt. Die Linke hat aber, besonders wo sie sich an Regierungen mit SPD und Grünen beteiligt hat, allzu oft kapitalistische Sachzwänge akzeptiert und sich an Privatisierungen und Kürzungen beteiligt. Deshalb kämpft sie nun mit der 5-Prozent-Hürde. Die Sol ruft dennoch zur Wahl der Linken auf und unterstützt ihren Wahlkampf, weil es eine linke Opposition im Bundestag braucht. Wir denken aber auch, dass Die Linke sich nicht einfach zu einer sozialistischen Massenpartei von Arbeiter*innen und Jugendlichen entwickeln wird. In der Partei muss eine Debatte dazu stattfinden, wie ihr Beitrag zur Bildung einer solchen Massenpartei aussehen kann, und um einen dafür nötigen Kurswechsel gerungen werden. Aber auch Gewerkschafter*innen müssen diese Frage in ihre Organisationen tragen und überall wo es Kämpfe gibt, werden Aktivist*innen die Erfahrung machen, dass man eine politische Vertretung braucht. Eine Partei, die aus solchen Kämpfen und Quellen entsteht, wird in der Lage sein, Millionen zu begeistern und zu aktivieren. Die Sol wird – ohne es zu einer Bedingung für unsere Mitarbeit zu machen – für ein sozialistisches Programm solch einer Kraft eintreten.