
Heldenhafter Arbeitskampf an der Charité
Laut der Gewerkschaft ver.di ist rund ein Fünftel des Krankenhauspersonals in Deutschland in ausgelagerten Tochterfirmen oder bei Fremdanbietern beschäftigt, um die Löhne zu drücken. In Berlin leisten die Kolleg*innen der CFM (Charité Facility Management) Widerstand. Sie fordern die vollständige Angleichung an den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst, da der Lohnunterschied nach der 2006 erfolgten Ausgliederung aus der Charité mehrere hundert Euro beträgt. Anfang April traten sie in einen unbefristeten Streik.
Von Caspar Loettgers, Berlin
Seitdem schlossen sich immer mehr Kolleg*innen dem Streik an. Die Geschäftsführung der CFM verweigerte anfangs ernsthafte Verhandlungen und versuchte stattdessen, den Streik zu brechen. Dann wurde verhandelt, aber kein ernsthaftes Angebot vorgelegt. Einen für den 15. Mai angesetzten Verhandlungstermin sagte sie kurzfristig ab. Spontan demonstrierten über hundert Kolleg*innen vor dem Berliner Abgeordnetenhaus und erhöhten so den Druck auf den Senat, der ja die Rückführung der landeseigenen CFM in die Charité versprochen hatte.
Wenig später wurde bekannt, dass der Berliner Senat und die Leitung der Charité ein Gespräch angeboten hatten, welches dann von einem kleinen Kreis von ver.di-Hauptamtlichen und einem Betriebsrat geführt wurde. Dass dies nicht von der gewählten Tarifkommission und hinter verschlossenen Türen geführt wurde, führte verständlicherweise zu Irritationen unter Kolleg*innen, denn grundsätzlich sollten Verhandlungen transparent und mindestens durch die gewählten Gremien geführt werden.
Der Senat versprach, sich für eine Verhandlungslösung über eine schrittweise Lohnangleichung an den TVöD über sechs Jahre starkzumachen und dafür Gelder zur Verfügung stellen würde. Für die Fortsetzung von Verhandlungen wurde die Aussetzung des Streiks zur Bedingung gemacht.
Streikaussetzung
An Streikposten und in Versammlungen wurde die Streikaussetzung kontrovers diskutiert. Kolleg*innen äußerten Bedenken, dass die Geschäftsleitung am Verhandlungstisch dann weniger unter Druck stehen würde. Andere fragten, warum dieses Zugeständnis nun nötig sei, wo das Unternehmen sich offensichtlich zu Zugeständnissen gezwungen sieht. Nach Beratungen in den einzelnen Bereichen stimmten rund zwei Drittel der Streikenden dafür, den Streik für vier Verhandlungstage auszusetzen. Diese führten allerdings zu keinem akzeptablen Ergebnis, und die ver.di-Tarifkommission entschied, den Streik am 30. Mai wieder aufzunehmen.
Streikdemokratie
Es ist ratsam, den Streik nicht für weitere Verhandlungen zu unterbrechen. Die Geschäftsleitung hatte genug Zeit, um ein akzeptables Angebot zu unterbreiten. Weitere Verhandlungsergebnisse sollten immer demokratisch in Streikversammlungen diskutiert werden. Der Druck sollte durch Streik aufrecht erhalten bleiben. Eine Annahme eines Ergebnisses sollte nur nach demokratischen Diskussionen in Streikversammlungen erfolgen.
Solidarität
Der Streik braucht breite Unterstützung aus der gesamten Gewerkschaftsbewegung, inklusive einer fortgesetzten Spendenkampagne. Solidaritätsarbeit wie durch das Bündnis “Berlin steht zusammen” zeigt das Potenzial – doch solche Initiativen sollten ausgeweitet und durch ver.di und alle DGB-Gewerkschaften in die Betriebe getragen werden. Durch eine breite Informationskampagne in Betrieben und auf der Straße sollte auch die Öffentlichkeit über die Relevanz des Streiks aufgeklärt und Soli-Aktionen einschließlich einer Demonstration organisiert werden. Der Streik der CFM betrifft nicht nur die CFM Kolleg*innen, sondern es geht auch um die Gesundheitsversorgung in der Stadt. Ein Sieg der CFM Kolleg*innen würde zudem ein Leuchtfeuer für andere Beschäftigte im ganzen Bundesgebiet sein.