
Interview mit von Repression betroffenen Jugendlichen
Am 6. Juni organisierte Die Linke Neukölln eine Kundgebung unter dem Motto “Für Frieden und ein Ende des Völkermords in Gaza!” vor dem Rathaus Neukölln. Im Anschluss kam es, wie so oft, zu Repressionen seitens der Berliner Polizei gegen Demonstrant*innen. Davon betroffen waren auch drei Genoss*innen der Sol und der Jugend für Sozialismus. Solidarität sprach mit Jay (Sol-Mitglied) und Käthe (Jugend für Sozialismus-Mitglied) über die Ereignisse.
Solidarität: Könnt ihr kurz schildern, was genau passiert ist?
Käthe: Am 6. Juni waren wir als Mitglieder von Jugend für Sozialismus und Sol gemeinsam auf der Kundgebung gegen den Krieg in Gaza. Nach Ende der Veranstaltung wurden wir von der Polizei festgenommen. Der genannte Grund war ein Patch auf unserer Fahne von Jugend für Sozialismus. Dieser Patch zeigte eine Faust. Wir hatten ihn am 8. März angebracht – als feministisches Symbol. Seitdem war er auf der Fahne geblieben. Die Polizei deutete diese Faust jedoch als sogenannte „Hirak-Faust“. Laut ihrer Aussage stellte das einen Verstoß gegen das Vereinsrecht dar.
Jay: Aus unserer Sicht war das Vorgehen der Polizei sehr willkürlich. Es gibt eine genaue Beschreibung der Hirak-Faust im Bundesanzeiger. Unsere Faust – sie war übrigens lila – entsprach dieser Beschreibung überhaupt nicht. Außerdem waren wir nicht die Einzigen, die festgenommen wurden. Auch die jüdische Aktivistin Iris Hefets von der „Jüdischen Stimme“ wurde festgenommen – zum bereits fünften Mal. Der Grund war erneut ihr Schild mit einem Davidstern aus zwei roten Dreiecken. Dieses Schild war jedoch mehrfach vom Landeskriminalamt geprüft und ausdrücklich freigegeben worden. Sie hatte die entsprechenden Gutachten dabei. Auf dem Schild klebte sogar noch der offizielle Freigabe-Sticker. Trotzdem wurde sie für über dreißig Minuten festgehalten, und das Schild wurde beschlagnahmt. Auch das empfinden wir als klare Willkür.
Solidarität: Warum denkt ihr, dass die Polizei so gehandelt hat?
Käthe: Unser Eindruck ist, dass die Polizei versucht, das demokratische Grundrecht auf Demonstration einzuschränken. Die Festnahmen sollten vermutlich abschreckend wirken. Menschen sollen verunsichert werden und dadurch weniger bereit sein, an Protesten teilzunehmen. So versucht die Polizei, Ruhe herzustellen und kritische Stimmen zu unterdrücken – besonders solche, die sich gegen die israelische Regierung und deren Unterstützung durch den deutschen Staat richten. Ziel ist es wohl, die Kritik an der israelischen Militärpolitik leiser werden zu lassen. Die Verbrechen der israelischen Armee sollen nicht so stark in die Öffentlichkeit gelangen.
Solidarität: Was müsste man eurer Meinung nach jetzt dagegen tun?
Jay: Für mich persönlich war die Festnahme belastend. Sie hat mein Gefühl verändert, mit dem ich auf Demonstrationen gehe. Aber es hilft sehr, in einer Organisation aktiv zu sein. So habe ich die Unterstützung von Genoss*innen und kann die Situation auch politisch besser einordnen. Ich verstehe, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern um Teil einer größeren Welle politischer Repression – vor allem gegen palästina-solidarische Proteste.
Oft sucht man bei sich selbst die Schuld, aber das führt in diesem Fall zu nichts. Wir dürfen uns von diesen Repressionen nicht einschüchtern lassen. Polizei und Staat wollen genau das erreichen – das sollten wir ihnen nicht ermöglichen.
Wir müssen weiterhin laut und sichtbar für einen gerechten Frieden im Nahen Osten eintreten. Ich finde auch, dass Die Linke und die Gewerkschaften jetzt reagieren sollten. Sie müssten Alarm schlagen. Denn hier sind demokratische Grundrechte in Gefahr. Sie sollten aktiv werden, Proteste unterstützen und Menschen schützen, die von Repression betroffen sind.
Solidarität: Vielen Dank für das Gespräch.
Solidaritätsadressen können an info@jugend-fuer-sozialismus geschickt werden. Eine ausführliche Stellungnahme findet sich unter jugend-fuer-sozialismus.de