Militärregime in der Sahelzone: keine Befreiung im Rahmen des Kapitalismus

Munion, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Ein Ende der französischen Vorherrschaft wird ohne die Abschaffung des Kapitalismus Arbeiter*Innen nicht befreien

Nur eine Regierung der Arbeiter*innen und Armen mit einem sozialistischen Programm kann einen neuen Aufbruch einleiten

In den letzten Jahren ist in der westafrikanischen Sahelzone, die sich von Mali, Burkina Faso und Niger bis hin zu Teilen des Tschad und Guineas erstreckt, eine wachsende Welle antiimperialistischer Bewegungen zu beobachten, die sich in einer Reihe von Militärputschen ausdrückt, die in jüngster Zeit in der Region stattgefunden haben. Diese Putsche wurden von ihren Initiator*innen als Revolten gegen die französische neokoloniale Vorherrschaft und das Versagen der korrupten lokalen Zivilregime gerechtfertigt. In den Augen vieler unterdrückter Massen bedeuten die Militärjuntas einen Bruch mit der jahrzehntelangen Unterwerfung durch das Ausland und der nationalen Demütigung unter dem Stiefel des französischen Imperialismus und den lokalen Kompradoreneliten. International werden sie von einigen als mutige Herausforderer des westlichen Imperialismus und der Überbleibsel des Kolonialismus angesehen. Ende April gab es neben Kundgebungen in Burkina Faso auch internationale Proteste gegen einen drohenden Staatsstreich gegen die von Traoré geführte Regierung.

Von Abbey Trotsky, Democratic Socialist Movement (DSM -CWI) Nigeria, zuerst veröffentlicht im Juni 2025

Diese Entwicklungen spiegeln zwar eine tief verwurzelte gesellschaftliche und politische Unzufriedenheit unter den Massen wider, sie unterstreichen aber auch eine ausschlaggebende Lücke, die durch das Fehlen einer glaubwürdigen, organisierten und in der Arbeiter*innenklasse verwurzelten politischen Alternative entstanden ist. Diese Lücke hat es den Militärs offensichtlich ermöglicht, den Volkszorn der Unterdrückten, insbesondere gegen korrupte zivile Eliten und die anhaltende Präsenz ausländischer Truppen, zu nutzen, um ihre Intervention zu rechtfertigen und die bestehenden Regime zu stürzen. Die
Geschichte hat jedoch wiederholt gezeigt, dass Militärjuntas ohne einen entscheidenden Bruch mit dem kapitalistischen System, das von Ausbeutung, Ungleichheit und Korruption lebt, keine echte Emanzipation für Arbeiter*innen bringen können. Trotz der Angriffe auf Kolonialismus und Imperialismus werden auch sie früher oder später ihre Grenzen offenbaren und sich mit denselben unterdrückerischen Interessen verbünden, die sie zu bekämpfen vorgeben. Wenn dies nicht eintritt, werden sie von Elementen ersetzt, die bewusster für die Interessen des Kapitalismus funktionieren. Daher ist die Einsetzung von Arbeiter*innen- und Armenregierungen, die demokratisch von unten kontrolliert werden und mit einem revolutionären sozialistischen Programm ausgestattet sind, dringend erforderlich. Dafür müssen sie in der Lage sein, die imperialistische Vorherrschaft zu brechen und die kapitalistische Ausbeutung in der Sahelzone und darüber hinaus abzuschaffen.

Der Mythos der Souveränität

Die Militärführer*innen, die derzeit Mali, Burkina Faso und Niger regieren, haben einige radikale Schritte unternommen, indem sie die französischen Truppen ausgewiesen, den CFA-Franc aufgekündigt, sich aus der ECOWAS (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, Anm. d. Übers.) zurückgezogen und ein neues Sicherheitsbündnis im Rahmen der so genannten Allianz der Sahel-Staaten gegründet haben. Diese Aktionen finden zwar bei den unterdrückten Völkern und ihren antiimperialistischen Bestrebungen Anklang, werden aber höchstwahrscheinlich als politische Gesten enden, wenn sie nicht von einem Bruch mit dem Kapitalismus und der imperialistischen Abhängigkeit begleitet werden. Es stimmt, dass die Wirtschaft der Sahelzone seit mehr als einem Jahrhundert auf die Bedürfnisse des französischen Kapitalismus ausgerichtet ist, vor allem was die Versorgung mit Rohstoffen, Uran, Gold und billigen Arbeitskräften angeht. Währenddessen leistet der vom französischen Schatzamt kontrollierte CFA-Franc die monetäre Unterwerfung Gewähr. Französische multinationale Konzerne wie Areva, Total und Bolloré haben enormen Reichtum aus der Region geschöpft und die arbeitende Bevölkerung in ständiger Armut belassen, mit einigen der niedrigsten menschlichen Entwicklungsindizes der Welt.

Die Junta-geführten Regierungen mögen die formale französische Militärpräsenz abgelehnt haben, aber sie bleiben im Rahmen einer globalen kapitalistischen Wirtschaft, die weiterhin den afrikanischen Reichtum plündert. Ihre zunehmenden Flirtversuche mit neuen kapitalistischen Weltmächten, insbesondere Russland und China, zeigen, dass sich nichts grundlegend geändert hat. Dies ist nicht weit entfernt von einer bloßen Ersetzung einer imperialistischen Beziehung durch eine andere und damit einer Umschichtung von Abhängigkeiten und Ausbeutung.

Nationalismus allein ist unzureichend

Die Geschichte hat die Grenzen nationalistischer Aufstände gezeigt, die nicht auf der unabhängigen Macht der Arbeiter*innenklasse beruhen. In der Zeit nach der Unabhängigkeit in den 1960er und 1970er Jahren versuchten einige afrikanische Staaten – Guinea, Ghana und Burkina Faso unter Thomas Sankara -, die nationale Kontrolle über ihre Wirtschaft durchzusetzen. Diese Regierungen wurden oft durch eine Kombination aus inneren Widersprüchen, mangelnder sozialistischer Planung, dem Fehlen demokratischer Masseninstitutionen und imperialistischem Druck gestürzt oder sabotiert. Die heutigen Juntas sind noch weniger vielversprechend. Ihnen fehlt ein kohärentes Programm für den wirtschaftlichen Wandel, und sie verlassen sich auf autoritäre Methoden, die unabhängige Massenbewegungen unterdrücken, anstatt sie aufzubauen. Ihr seichter Populismus, ihre nationalistische Rhetorik und ihre strategischen Bündnisse mit rivalisierenden imperialistischen Blöcken sind kein Ersatz für eine echte revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft.

In der Tat ist ihre Herrschaft zunehmend repressiv. In Burkina Faso und Mali wurden Journalist*innen inhaftiert, Gewerkschaften bedroht und die bürgerlichen Freiheiten beschnitten – alles im Namen der nationalen Einheit und Sicherheit. In Niger unterdrückt die Junta weiterhin Arbeiter*innenorganisationen und Jugendproteste, die es wagen, Forderungen zu stellen, die über die vom Militär diktierten hinausgehen.

Ein neuer Aufbruch erfordert eine sozialistische Revolution

Nur die Arbeiter*innenklasse kann im Bündnis mit den armen Bäuer*innen und der Jugend die Sahelzone von imperialistischer Vorherrschaft und kapitalistischer Unterdrückung befreien. Die Massen in der Region bringen ihre Bereitschaft zum Wandel bereits zum Ausdruck, wie mehrere spontane Mobilisierungen, Gewerkschaftsaktionen und Jugendproteste in den letzten Jahren überall in der Region gezeigt haben. Ohne eine klare politische Richtung und ein revolutionäres sozialistisches Programm besteht jedoch die
Gefahr, dass sich diese Energie in Luft auflöst, fehlgeleitet wird und unter dem autoritären Militarismus zerbricht. Was wir also brauchen, ist eine Arbeiter*innen- und Armenregierung, die sich auf eine unabhängige Organisation der Massen stützt, wie z.B. demokratische Räte (Sowjets) von Arbeiter*innen, Jugendlichen, Frauen und Bäuer*innen in Nachbarschaften, an Arbeitsplätzen und in Gemeinden.

Eine solche Regierung muss ein ehrgeiziges sozialistisches Programm verabschieden, Schlüsselsektoren der Wirtschaft wie Industrie, Banken und natürliche Ressourcen unter demokratischer Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung verstaatlichen und Auslandsschulden ablehnen, die von internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF und der Weltbank auferlegt wurden. Sie muss auch einen demokratischen Produktionsplan aufstellen, der sich an den sozialen Bedürfnissen und nicht am Profit orientiert und durch organisierte Umverteilung des Reichtums und geplante Entwicklung in öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheitsfürsorge, Bildung, Wohnraum und Arbeitsplätze investiert. Sie müssen ich auch bewusst darum bemühen, eine demokratische und auf Freiwilligkeit basierende Selbstverteidigungskraft aufzubauen, die sich aus Arbeiter*innen, Jugendlichen und Gemeindemitgliedern zusammensetzt, um die kapitalistische Militärstruktur zu ersetzen. Militärangehörige können sich daran beteiligen, die Macht des Kapitalismus zu brechen und eine neue, wirklich demokratische Gesellschaft als gleichberechtigte Partner*innen an der Seite von Arbeiter*innen, Jugendlichen und Armen aufzubauen, jedoch nicht als privilegierte Gruppe. Am wichtigsten ist es, in einem oder mehreren Ländern mit gutem Beispiel voranzugehen und bewusst daran zu arbeiten, die Kämpfe der Arbeiter*innen und Armen über die Grenzen hinweg zu vereinen, um die Grundlagen für eine sozialistische Föderation Westafrikas und letztlich Afrikas zu schaffen.

Die Rolle revolutionärer Sozialist*innen

Um dies zu erreichen, ist die Bildung von revolutionären sozialistischen Parteien, die in der Arbeiter*innenklasse verwurzelt sind, von entscheidender Bedeutung. Diese Parteien müssen sich nicht nur dem Imperialismus und den lokalen kapitalistischen Eliten entgegenstellen, sondern auch die Illusion zurückweisen, dass Militärjuntas oder sogenannte „antiimperialistische“ Machthaber einen Weg nach vorne bieten können. Deshalb müssen die Sozialist*innen in der Sahelzone die Sackgasse der Militärherrschaft aufzeigen und die Bedeutung einer demokratischen Führung der Arbeiter*Innenklasse im Kampf für die Befreiung betonen. Sie müssen für unmittelbare demokratische Rechte wie Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit, unabhängige Gewerkschaften und regelmäßige, freie Wahlen kämpfen und gleichzeitig die Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution als einzigen Weg zu wahrer Emanzipation hervorheben.

Auch die internationale Solidarität ist unerlässlich. Die Kämpfe in Mali, Niger und Burkina Faso sind nicht isoliert, sie sind Teil eines globalen Aufstands der Unterdrückten gegen Ungleichheit, Krieg und neokoloniale Herrschaft. Die Arbeiter*innen in Nigeria, Südafrika, Senegal, Ghana, Frankreich und darüber hinaus müssen ihre Solidarität ausdrücken und ihre Kämpfe mit denen in der Sahelzone verbinden, um eine vereinte internationale Bewegung für den Sozialismus aufzubauen.

Im Großen und Ganzen mag die Ablehnung des französischen Imperialismus durch die Militärjuntas der Sahelzone von vielen begrüßt werden, aber ohne einen vollständigen Bruch mit dem kapitalistischen System werden die Massen in Ketten bleiben. Die Ersetzung einer Gruppe von Ausbeuter*innen durch eine andere – ob westlich, russisch oder chinesisch – wird die Arbeiter*innen in der Sahelzone nicht von Hunger, Armut und Unterdrückung befreien.

Nur die revolutionäre Aktion der Arbeiter*innenklasse und der armen Massen, bewaffnet mit einem sozialistischen Programm und organisiert durch demokratische Strukturen der Werktätigen, kann einen neuen Aufbruch einleiten. Dies ist natürlich ein schwieriger Weg, aber es ist der einzige Weg, der zu echter Freiheit, Frieden und Wohlstand für die Menschen in der Sahelzone und auf dem gesamten afrikanischen Kontinent führen kann.


Übersetzung aus dem Englischen: https://www.socialistworld.net/2025/06/26/sahel-military-regimes-an-end-to-french-domination-without-a-break-with-capitalism-will-not-liberate-working-people/