Italien: Streiks für Gaza

„Lasst uns alles blockieren“

Die italienische Arbeiter*innenklasse rückt zunehmend in den Mittelpunkt des Kampfes für ein Ende des brutalen Völkermords, den der israelische Staat an der Bevölkerung von Gaza verübt. Mitte August legte die Global Sumud Flotilla, die sich zum Ziel gesetzt hat, die israelische Blockade von Gaza zu durchbrechen, in Genua an. Arbeiter*innen aus der ganzen Stadt sammelten Tonnen von Hilfsgütern, um sie nach Gaza zu schicken, wo der israelische Staat neben seiner Politik der verbrannten Erde, bei der alles zerstört wird, auch die Aushungerung der Palästinenser*innen als militärische Taktik einsetzt.

Von Hugo Pierre, z.Zt. Italien

Am Montag, dem 22. September, rief die radikale Gewerkschaft USB zusammen mit anderen zu einem Generalstreik unter dem Motto „Lasst uns alles blockieren” auf, der die Häfen blockierte, insbesondere in den USB-Hochburgen Genua und Livorno, aber auch in vielen anderen Städten. Auch andere Beschäftigtengruppen traten in den Streik. Der Streik im Schienennetz begann am Sonntagabend um 21 Uhr und dauerte 24 Stunden. Der nationale Zugverkehr war stark beeinträchtigt, und in einigen Städten und Regionen fuhren überhaupt keine Nah- und Regionalzüge.

Die USB rief alle ihre Mitglieder im öffentlichen und privaten Sektor zum Streik auf. Andere Gewerkschaftsverbände, wie die CUB, taten dasselbe.

In Rom marschierten über 100.000 Menschen, und in 81 weiteren Städten fanden zahlreiche Demonstrationen statt, darunter 50.000 in Mailand, Florenz, Bologna, Turin und Venedig. Viele forderten, alles zu blockieren, wenn die Flottille ihre Mission nicht erfüllen dürfe. Diese Proteste fanden Unterstützung bei Schüler*innen und Studierenden.

Die Hafenarbeiter*innen, die dem Gewerkschaftsverband USB angehören, versprachen, dass sie keine kommerziellen oder militärischen Güter nach Israel verladen oder entladen würden, falls die Flottille angegriffen würde oder die Hilfsgüter nicht bei den Palästinenser*innen ankämen. Genua ist einer der wichtigsten Häfen Italiens. Dieses Versprechen wurde vor einer Massendemonstration der Genueser*innen abgegeben.

Zwei Wochen zuvor, am 30. August, marschierten über 50.000 Menschen durch die Straßen von Genua, um ihre Solidarität mit den Hafenarbeiter*innen und der Bevölkerung von Gaza zu bekunden.

Bei einem Treffen am 11. September kamen 600 Arbeiter*innen und Jugendliche zusammen, um Aktionen zu planen und sich von den Führer*innen der Hafenarbeiter*innen in der Stadt informieren zu lassen. Der USB-Führer Guido Lutrano forderte andere Gewerkschaften auf, „ihre Streiks auf den 22. September zu konzentrieren”.

Druck

Die massive Beteiligung der Arbeiter*innen an dem Streik übt Druck auf alle Bereiche der Gesellschaft aus. Eine der größten Gewerkschaftsverbände, die CGIL, unterstützte den Aufruf vom 22. September nicht, organisierte jedoch am Freitag, dem 19. September, eine vierstündige Aktion unter ihren Mitgliedern. In Neapel versammelten CGIL-Mitglieder am späten Nachmittag über tausend Menschen zu einer Kundgebung.

Die Arbeiter*innen üben nun zunehmenden Druck auf die rechtsgerichtete italienische Regierung aus. Sie forderten ein Ende aller militärischen Beziehungen zu Israel und die uneingeschränkte Unterstützung der Flottille, damit diese ihre Ziele erreichen kann. Wie ein USB-Führer der Lehrer*innen sagte: „Lasst uns unsere Regierung stoppen … dieser Tag gibt uns Hoffnung”. Der Streik erhöhte das Potenzial, alle Beschwerden der Arbeiter*innen gegen die Regierung in einem Massenkampf zu bündeln.

Dieser Generalstreik bot den Arbeiter*innen die Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie sie der brutalen rechten Meloni-Regierung ein Ende bereiten können, wie die Gewerkschaften eine Liste von Arbeiterkandidat*innen zusammenstellen können, um sie zu ersetzen, wie die Politik und das Programm aussehen sollten und welche zentrale Rolle die Ideen des Sozialismus spielen.

Sie haben auch Verbindungen zu Gewerkschaften in anderen Häfen im Mittelmeerraum geknüpft, beispielsweise nach Athen, Marseille und Tanger. Eine internationale Verbindung, nicht nur mit den Hafenarbeiter*innen im Mittelmeerraum, sondern auch mit den Arbeiter*innen, die den Suezkanal betreiben, den Öl-Exporthäfen am Golf und anderen Häfen auf der ganzen Welt, könnte mit ähnlichen Solidaritätsaktionen den Völkermordkrieg gegen Gaza beenden.

Der Generalstreik am 22. September kann den schlafenden Riesen der organisierten italienischen Arbeiter*innenklasse wiedererwecken, nicht nur in der Schlüsselfrage Palästina, sondern auch, um die Austerität zu beenden, indem sie ihre eigene Regierung absetzen und für eine Arbeiter*innenregierung kämpfen, die eine sozialistische Politik zum Wohle der Arbeiter*innenklasse einführt.