
Argumente gegen die Pläne von Merz und Co.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Vorschläge gemacht werden, wie Sozialleistungen gedrückt werden und wir alle zu mehr Arbeit gezwungen werden können. Angeblich hätte der Sozialstaat unerhörte Ausmaße erreicht und wir alle würden über unsere Verhältnisse leben. Doch stimmt das? Sind Sozialkürzungen wie Merz und Co. sie planen unumgänglich? Ein paar Argumente gegen die Forderung, dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen.
von Caspar Loettgers, Sol-Bundesleitung
Zwingt die Wirtschaftskrise uns alle, auf mehr zu verzichten?
Merz behauptet: “Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist so nicht mehr finanzierbar” (1).Doch alleine im ersten Quartal 2025 betrugen die Unternehmensgewinne 211,46 Milliarden Euro. Im letzten Jahr allein stieg die Zahl an Menschen mit einem Vermögen von über hundert Millionen Euro um 500 auf 3900 (2). Während einerseits eine Debatte um Kürzungen geführt wird, bleiben die Vermögen der Reichen unangetastet. Nicht wir müssen den Gürtel enger schnallen, sondern die da oben! Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Sozialausgaben seit 2015 nicht einmal gestiegen. (3)
Sind Kürzungen beim Bürgergeld nötig, um mehr Menschen zur Arbeit zu bringen?
Merz behauptet, er sähe Einsparungspotenzial von fünf Milliarden Euro beim Bürgergeld, indem noch drakonischere Sanktionen auferlegt werden und so Arbeitslose zur Arbeit gezwungen werden.
Selbst bürgerliche Wirtschaftsforscher*innen bezweifeln, dass fünf Milliarden eingespart werden können und nennen eher eine Summe von 170 Millionen (4).
Denn anders als Merz behauptet sind viele Bürgergeldbezieher*innen Aufstocker*innen (insgesamt 826.000), müssen also Bürgergeld beziehen, da ihre Löhne nicht zum Überleben ausreichen. Die Anzahl an tatsächlichen “Totalverweigerern” liegt laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im “niedrigen zweistelligen Bereich”(5). Drakonische Strafen (die jetzt schon existieren) werden also nicht mehr Menschen in Arbeit bringen. Sie werden der Arbeiter*innenklasse als ganzes aber erheblich schaden. Wer nämlich Sorge hat, bei Verlust seiner Arbeit in Armut abzurutschen, nimmt Verschlechterungen auch eher hin. Diese Sorge wird mit weiteren Angriffen aufs Bürgergeld verschärft.
Insofern sind Kürzungen beim Bürgergeld alleine im Interesse der Bosse und werden Arbeiter*innen (mit oder ohne Arbeit) nur schaden.
Ist eine Erhöhung des Renteneintrittsalters unumgänglich?
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) fordert das Renteneintrittsalter zu erhöhen. (6) Sie begründet das mit dem “demographischen Wandel”. Statistik-Professor Gerd Bosbach weist hingegen darauf hin, dass diese demographische Wandel gar nicht so klar ist, wie immer behauptet wird. Die Erwerbsquote steigt nämlich etwa durch Migration stetig. 2025 lebten so viele Menschen wie noch nie in Deutschland. Ihm nach dienen die angeblich objektiven Demografie-Argumente vielmehr dazu Rentenkürzungen und neoliberale Rentenreformen als unvermeidbar darzustellen. (7)
Durch Lohnerhöhungen und somit auch steigende Rentenbeiträge, sowie eine drastische Besteuerung der Reichen und Unternehmensgewinne, hingegen wären sogar Rentenerhöhungen möglich. Doch dazu müsste man sich mit den Reichen anlegen, etwas was CDU und SPD natürlich nie machen würden.
Muss die Arbeitszeit erhöht werden bzw. braucht es die versprochene Arbeitszeitflexibilisierung?
Merz behauptet: “Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten.” Mit “Wir” meint er natürlich nicht sich selbst, sondern uns. Wir arbeiten jedoch jetzt schon so viel wie noch nie. Im letzten Jahr leisteten Arbeiter*innen 124,8 Millionen Überstunden und 149,5 Millionen Stunden unbezahlter Arbeit. (8) Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass die Tageshöchstarbeitszeit mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit ersetzt wird. Die Rosa Luxemburg Stiftung rechnet aus, dass mit dem Vorgehen zukünftig tägliche Arbeitszeit von zwölf Stunden und 15 Minuten möglich sind (9). Damit wird klar, was die eigentliche Intention von Merz ist: Wir sollen alle länger arbeiten für die Profite der Reichen. Im Übrigen sinkt die Effizienz nachweislich mit steigender Arbeitszeit.
Quellen:
(2) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/superreiche-vermoegen-finanzen-aktien-100.html
(3) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/ausgaben-sozialstaat-bip-100.html
(4) https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/buergergeld-merz-bas-102.html
(7) https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Argumente/lux_argu_18_Altersarmut.pdf
(8) https://www.rosalux.de/news/id/53730/eine-gesellschaft-unter-faulheits-verdacht
(9) https://www.rosalux.de/news/id/53730/eine-gesellschaft-unter-faulheits-verdacht