55.000 auf der Straße gegen das Wehrdienstgesetz

Bereits am 1. Mai 2025 waren Mitglieder der Sol und der Linksjugend auf der Straße gegen Kürzungen und Wehrpflicht wie hier in Berlin

Bundesweiter Schulstreik zeigt Potenzial für Kampf gegen Militarismus

Während am Morgen des 5. Dezember im Bundestag das neue Wehrdienstgesetz abgestimmt wurde, gingen bundesweit Schüler*innen auf die Straße. Insgesamt sollen 55.000 Menschen auf der Straße gewesen sein, in über 90 Städten. 

von Caspar Loettgers und Chiara Stenger, Sol-Bundesleitung

Sol-Mitglieder haben in vielen Orten Proteste und Schulstreiks mitorganisiert oder unterstützt und bei den Protesten eingegriffen. Dabei haben wir Vorschläge gemacht, wie die Bewegung weiter aufgebaut werden kann und wie die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius mit der allgemeinen Aufrüstung und der Krise des Kapitalismus zusammenhängen. 

Denn auch wenn das neue Wehrdienstgesetz beschlossen wurde, wird der Kampf auch im neuen Jahr weitergehen. Vorerst sollen alle 18-jährigen Männer gemustert und verpflichtet werden, einen Fragebogen auszufüllen. Sollen sich darüber nicht genug Freiwillige melden, soll über eine “Bedarfswehrpflicht” abgestimmt werden. Aktuell sagen alle Umfragen aus, dass diese “Freiwilligen” nicht in ausreichender Zahl gefunden werden. 

Die Bundesregierung versucht deswegen auch jetzt schon, neben einer Propagandaoffensive in Form von Unterrichtsbesuchen, YouTube-Miniserien und Plakaten Jugendliche mit materiellen Argumenten zu überzeugen. So wurde der Sold für Wehrpflichtige auf 2700 Euro erhöht (bislang 1800 bis 2200 Euro). Außerdem soll der Führerschein mit 3.500 Euro bezuschusst werden.

Umso wichtiger, dass in Zukunft der Kampf gegen die Wehrpflicht verbunden wird mit dem Kampf für Soziales, gute Ausbildungsplätze- und -vergütungen und Investitionen in unsere Schulen und Unis. Jeder Euro, der nämlich in die Bundeswehr fließt, fehlt an anderer Stelle. 

Auch wenn die Schulstreiks kleiner ausfielen als in der Vergangenheit (z.B. Fridays for Future 2019 oder gegen den Irak-Krieg 2003) zeigt die örtliche Ausdehnung (in über 90 Städten), in wie vielen Schulklassen das Thema diskutiert wurde und Unsicherheit herrscht.

Wie weiter nach den Schulstreiks?

Es wäre daher gut, wenn sich Schüler*innen und Studierende nun in lokalen Gruppen gegen die Wehrpflicht weiter organisieren, Diskussions- und Infoveranstaltungen planen, Aufklärungsmaterial schreiben und Proteste vorbereiten: zum Beispiel für Jugendclubs statt Musterungszentren und Kasernen oder gegen Bundeswehrwerbung an Schulen und im öffentlichen Raum. 

Zur Vernetzung lokaler Gruppen wäre etwa eine bundesweite Konferenz hilfreich, bei der gemeinsam diskutiert werden kann, wie der weitere Widerstand gegen Militarisierung & Wehrpflicht, aber auch gegen Sozialabbau und Kürzungen umgesetzt werden könnte. Ausgehend davon könnten weitere bundesweite Proteste stattfinden und eine Kampagne gegen die Umsetzung der „Bedarfswehrpflicht“ vorbereitet werden. Darin sollte der direkte Zusammenhang zwischen Militarisierung und Sozialabbau aufgezeigt werden, um auch diejenigen, die gerade noch unsicher oder skeptisch sind, eher zu erreichen, um so den Protest noch zu vergrößern. 

Flugblatt der Sol: https://solidaritaet.info/2025/11/kein-sterben-fuer-ihre-profite/ 


Berichte von Sol-Aktivitäten vor Ort:

Aachen

In Aachen war eine Demo mit mehreren Reden angemeldet, unter anderem eine Rede von uns. Es waren um die 200 Leute da, davon der Großteil Schüler*innen. Wir konnten auch eine Person kennenlernen, die mit uns weiter diskutieren will. Die Stimmung war sehr kämpferisch, kritisch und antikapitalistisch.

(Joshua, Student und Sol-Mitglied)

Freiburg  

In Freiburg sind am 05. Dezember ca. 800 Demonstrant*innen und Streikende auf die Straße gegangen. Es sind deutlich mehr Schüler*innen gekommen (laut Redner*innen), als erwartet wurden. Die Mobilisierung ist also sehr gut gelaufen. Hauptsächlich wurde an 6 großen Schulen im Vorhinein mobilisiert, an weiteren Schulen auch am selben Tag im Vorlauf zur Kundgebung und Demo, welche um 10 Uhr begonnen hat. Viele jüngere Schüler*innen, aber auch Familien mit Kindern, sowie einige ältere Leute haben teilgenommen. Die Reden sowie die Stimmung auf der Kundgebung waren kämpferisch. Im Anschluss an die Demo gab es auch ein Streikcafé, in dem man sich über die Demo und politische Erfahrungen austauschen konnte. Es sind ein paar gute Gespräche zustande gekommen und ich konnte auch ein paar Ausgaben der “Solidarität” verkaufen.

(Pia, Studentin und Sol-Mitglied)

Hamm 

In Hamm beteiligten sich ca. 50 Personen am Schulstreik, viele von ihnen streikende Schüler*innen. In der Rede unseres Genossen wurde auf den Kapitalismus als Ursache für Kriege eingegangen, sowie darauf, dass wir kein Interesse daran haben, für die Profite der Reichen zu sterben. Darüber hinaus hielt der örtliche Kreisverband der Linken eine Rede, neben einer Vielzahl spontaner Beiträge am Open Mic.

(Merlin, Sol-Mitglied und aktiv bei der linksjugend Hamm)

Kassel

Am Freitag haben sich in Kassel über 1200 Schüler*innen und Antimilitarist*innen versammelt, um gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu demonstrieren. 

Auch wir waren bei der Planung und Mobilisierung für den Streik beteiligt und haben uns dafür eingesetzt, dass der Kapitalismus als Ursache von Krieg und Wehrpflicht benannt wird. In einem Redebeitrag bei einer Zubringer-Demo hat ein Genosse von uns betont, dass der Kampf dagegen mit dem Kampf gegen die Haushaltskürzungen verbunden werden muss, weil diese Haushaltskürzungen nicht von den Milliarden für die Bundeswehr losgelöst werden können.

(Max, Sol-Mitglied und aktiv bei der linksjugend Kassel)

Mainz

Die bundesweite Dynamik, Schulstreiks zu veranstalten, wirkte sich auch auf Mainz aus. In Mainz war erst kein Schulstreik, sondern eine Demonstration am Abend geplant, doch knapp eine Woche vorher kontaktierten Schüler*innen das “Mainz gegen Wehrpflicht Bündnis” mit dem Interesse, auch in Mainz einen Schulstreik zu veranstalten. So kam es dazu, dass Mittags Schulstreiks mit einer Beteiligung von über 150 Schüler*innen stattfanden, und bei der Demonstration am Abend mehrere Hundert Menschen demonstrierten.

(Laurens, Sol-Mitglied und aktiv bei der linksjugend Mainz)

Stuttgart

Etwa 1000 streikende Schüler*innen waren bei der Kundgebung am Kronprinzplatz. Wir konnten mit Flyern und Zeitungen viele Menschen erreichen und haben allgemein Offenheit für antikapitalistische Ideen erlebt. Am Dienstag organisieren wir eine Veranstaltung, um über den weiteren Kampf gegen Militarisierung und Kapitalismus zu diskutieren, zu der wir mobilisieren konnten.

(Leo, Sol-Mitglied)

Rostock

In Rostock haben laut Veranstalter*innen zum Höhepunkt ca. 500, hauptsächlich junge Menschen an der Demo teilgenommen. Wir waren als Sol mit einem Stand vertreten und haben auch die Möglichkeit bekommen, eine Rede zu halten. Es wurde in Rostock erst recht spät für den Streik und die Demo mobilisiert, für welche bei der Anmeldung bürokratische Hürden aufgebaut wurden, weshalb die Demo statt wie geplant um 11 Uhr, auf 13:30 Uhr (nach der Unterrichtszeit verschoben) wurde. Es wird jetzt wichtig sein, diese Bewegung in Rostock gegen die Wehrpflicht weiter aufzubauen, denn es ist noch viel Potential in der Jugend Rostocks.

(Julian, Schüler, Sol-Mitglied und aktiv bei Jugend für Sozialismus Rostock)