Gegen eine US-Intervention und für eine sozialistische Alternative
Der US-Imperialismus unter der Führung von Donald Trump hat eine seit Jahrzehnten beispiellose militärische Aufrüstung in der Karibik begonnen. Die Stationierung der USS Gerald R. Ford Strike Group, bestehend aus dem größten US-Flugzeugträger, einem Atom-U-Boot und über 10.000 Kampftruppen, ist eine klare Warnung, dass Trump und der US-Imperialismus es ernst meinen. Normalerweise sind zwei US-Kriegsschiffe in der Karibik stationiert, jetzt sind es mindestens zehn. Unter dem Vorwand, gegen die Drogenhändler vorgehen zu wollen, wurden über 20 Boote bombardiert, wobei über 80 Insass*innen getötet wurden, obwohl die meisten der in die USA geschmuggelten Drogen weder aus Venezuela stammen noch dort umgeschlagen werden.
Von Tony Saunois, CWI Sekretariat, zuerst veröffentlicht: 12. Dezember 2025
Nun wurde ein Öltanker von den USA in einem Akt imperialistischer Piraterie beschlagnahmt. Auf die Frage, was er mit dem beschlagnahmten Tanker tun werde, antwortete Trump: „Ich denke, wir werden ihn behalten.“ Doch es ist nicht nur ein Tanker, der offenbar für Kuba bestimmt war, den das US-Imperium im Visier hat. Es ist der Zugang zu den riesigen, weltweit größten Rohölreserven die sich in Venezuela befinden, die Trump und ihn unterstützende Ölbaron*innen wollen.
Venezuela verfügt über 303 Milliarden Barrel Rohölreserven, was 20 Prozent der weltweiten Gesamtreserven entspricht. Darüber hinaus sind die meisten US-Ölraffinerien für die Verarbeitung von „schwerem Rohöl“ ausgelegt, das die USA nur aus Venezuela, Kanada und Russland beziehen. Die Sicherung dieser Lieferungen sowie geschätzte Gewinne in Höhe von 1 Billion US-Dollar für US-Unternehmen stehen bevor, wenn sie diese Ressourcen in ihre Hände bekommen können.
Neben dem Ausbau der Marine wurde zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen die Militärbasis auf Puerto Rico, die nach Massenprotesten im Jahr 2004 geschlossen worden war, wiedereröffnet. Tausende US-Soldat*innen, amphibische Landungsboote, Panzer und Kampfflugzeuge werden zur Zeit auf die Basis geflogen.
Puerto Rico, die letzte verbliebene US-Kolonie, die 1898 erobert wurde, war historisch ein wichtiger Stützpunkt und Übungsplatz für das US-Militär. Auf der puertoricanischen Insel Vieques, wo Tausende der einheimischen Bevölkerung vertrieben und massakriert wurden, wurden Napalm, „Agent Orange“ und andere tödliche Massenvernichtungswaffen getestet, bevor sie im Vietnamkrieg eingesetzt wurden.
Militärisch gesehen war Puerto Rico für den US-Imperialismus schon immer von strategischer Bedeutung – aufgrund seiner Nähe zu Kuba und weniger als 100 km Entfernung zu Venezuela wurden die geschlossenen Militärstützpunkte nun wiedereröffnet, zum Entsetzen vieler Menschen auf der Insel.
Trump behauptet, sein Motiv sei die Bekämpfung von Drogenhändlern. Im Drogenhandel spielt Venezuela jedoch nur eine relativ geringe Rolle. Eines der eigentlichen Ziele Trumps ist ein Regimewechsel wegen des lukrativen schwarzen Goldes, das die Hauptstütze der Wirtschaft des Ölstaates Venezuela ist. Geopolitische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle bei Trumps Ziel eines Regimewechsels. Er warnt auch die rivalisierenden Mächte China und Russland davor, den Einfluss der USA in Amerika herauszufordern. Putin unterstützt Maduro, und beide Regime unterhalten Handelsbeziehungen, unter anderem im Hinblick auf Erdöl.
Der US-Imperialismus strebt seit der Wahl von Hugo Chávez im Jahr 1998 den Sturz der venezolanischen Regierung an. Ein Militärputschversuch zur Absetzung von Chávez, einem radikalen linken Populisten, schlug 2002 fehl, als Millionen Menschen auf die Straße gingen, den Putsch vereitelten und Chávez wieder ins Präsidentenamt brachten. Die darauf folgende soziale Massenexplosion trieb den radikalen, wohlmeinenden Chávez noch weiter nach links, er führte Teilverstaatlichungen durch, sprach vom „Sozialismus des 21. Jahrhunderts” und führte mit den Einnahmen aus dem Ölgeschäft umfassende soziale Reformen ein.
Bei jeder Wahl errang Chávez einen überwältigenden Sieg. Es entwickelte sich eine revolutionäre Bewegung. So beliebt Chávez’ Reformen und sein Regime auch waren, wie das CWI damals analysierte[1], führten die oft von oben verordneten bürokratischen Methoden der Regierung, Korruption, das Fehlen demokratischer Arbeiterkontrolle und -verwaltung und vor allem das Versäumnis, endgültig mit dem Kapitalismus zu brechen, dazu, dass die Revolution in eine Sackgasse geriet. Der Rückgang der weltweiten Ölpreise hatte verheerende Auswirkungen und führte zu Stagnation und schließlich zu einem wirtschaftlichen Niedergang. Chávez starb 2013 und wurde durch Nicolás Maduro ersetzt.
Mit dem Rückzug des revolutionären Prozesses verhängte der US-Imperialismus, auch unter Präsident Obama, lähmende Sanktionen: eine Wirtschaftsblockade, die unter Trump 1 und 2 verschärft wurde, mit dem Ziel, die Wirtschaft zu strangulieren und einen Regimewechsel zu erzwingen. Gleichzeitig setzte Maduro die radikalen Schritte von Chávez, die in den Kapitalismus eingriffen, nicht fort, sondern bewegte sich in die andere Richtung.
Von den 303 Milliarden Barrel Ölreserven konnte Venezuela aufgrund internationaler Sanktionen nur vier Milliarden Barrel verkaufen. Venezuela verfügt über 161 Tonnen Goldreserven – ein Großteil davon ist in der Bank of England eingeschlossen, da die Vermögenswerte des Landes von imperialistischen Mächten eingefroren wurden. Die durch fehlende Importe verursachten Engpässe haben verheerende Auswirkungen. Diese haben die Krise verschärft, die aufgrund von Misswirtschaft, Korruption, mangelnden Investitionen und anderen Faktoren bereits bestand. Venezuela ist nicht nur reich an Öl. Es verfügt über 80 Prozent der Erdgasreserven Lateinamerikas, nutzt jedoch nur 18 Prozent davon, was vor allem auf mangelnde Infrastruktur und Korruption zurückzuführen ist.
Hyperinflation und Versorgungsengpässe haben zu einem verheerenden sozialen Zusammenbruch geführt. Zwischen 2014 und 2021 ist das BIP um 75 Prozent eingebrochen. Die katastrophale soziale Lage hat zu einem dramatischen Rückgang der Unterstützung für das Regime geführt. Seit 2013 sind über 8 Millionen Menschen (von geschätzten 28 Millionen Einwohnern) aus dem Land geflohen, was zu einer der größten Flüchtlings- und Immigrationskrisen weltweit geführt hat.
Diese ausweglose Situation hat zu großem Widerstand gegen Maduros Regime geführt, das noch korrupter und autoritärer ist als das unter Chávez. Das Regime ist auch gegen linke Kritiker*innen vorgegangen, die den US-Imperialismus nicht unterstützen. Einigen Berichten zufolge wurden Vermögenswerte von Maduro im Wert von 700 Millionen US-Dollar in den USA beschlagnahmt. Die Abneigung gegen die reichen, rechten Oppositionellen und das Erbe des revolutionären Prozesses (auch wenn dieser in Stagnation und Niedergang endete) bedeuten jedoch, dass Maduro nach wie vor über eine bedeutende Unterstützer*innenbasis verfügt. Diese dürfte sich angesichts der Drohungen Trumps und der Angst vor einer Intervention der USA weiter festigen und sogar noch verstärken.
Rechte Opposition in Venezuela
Die rechte Opposition in Venezuela, eine brutale Thatcher-ähnliche herrschende Klasse, wird, wenn sie an die Macht kommt, rücksichtslos Rache nehmen und repressive Maßnahmen gegen die Arbeiter*innenklasse ergreifen. Sie bietet keine Lösung für die Arbeiter*klasse und die Armen. Die rechte Opposition hat ein Programm der Zusammenarbeit mit dem Imperialismus und der weiteren Bereicherung der reichen und mächtigen Kapitalist/innenklasse Venezuelas.
Der Gestank der Heuchelei des westlichen Kapitalismus bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an die Oppositionsführerin Maria Corina Machado war in Oslo und auf der ganzen Welt zu riechen. Dieselbe Machado drängte auf einen Staatsstreich, um das Maduro-Regime zu stürzen. Dieselbe Machado weigert sich, die Bombardierung von Booten in der Karibik durch die USA zu verurteilen oder Trump für seine rassistischen Angriffe auf Latinos und Latinas in den USA zu verurteilen, einschließlich der Deportation von Venezolaner*innen in Gefängnisse in El Salvador.
Trump strebt eindeutig einen Regimewechsel an. Die Aufstellung einer Militärmacht, die Venezuela bedroht, wird die starke antiimperialistische Strömung wecken, die in ganz Lateinamerika herrscht. Dies wird zu einer massiven Polarisierung führen. Es ist bemerkenswert, dass die rechtsgerichteten Präsident*innen Argentiniens, Ecuadors, Panamas und Paraguays nach Oslo gereist sind. Andere, wie Lula in Brasilien oder Boric in Chile, sind nicht gereist, was den Druck widerspiegelt, den die Massen der Region gegen den US-Imperialismus ausüben.
Derzeitig hat der US-Imperialismus noch nicht genügend Kräfte für eine vollständige Bodeninvasion aufgebracht, die zwar unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen ist. Dies würde das Risiko einer massiven Bewegung in ganz Lateinamerika und eines Krieges mit Anklängen an Vietnam bergen. Trump hofft möglicherweise auch, dass eine militärische Drohung ausreicht, um einen Teil des venezolanischen Militärs zu spalten und zum Aufstand zu provozieren. Dies hängt von der Situation innerhalb des venezolanischen Militärs ab, die unklar ist. Eine Bodeninvasion würde eine große Reaktion unter Trumps Anhänger*innenschaft in den USA hervorrufen, die sich generell gegen weitere militärische Interventionen der USA ausspricht. Bombardierungen, Drohnenangriffe, Attentate, Entführungen – einschließlich Maduro – sind jedoch nicht ausgeschlossen, sondern sogar eher wahrscheinlich. Der US-Imperialismus hat solche Interventionen in der Vergangenheit in Panama durchgeführt. Er hat den „strongman“ Noriega entführt. Und Mitglieder der Regierung von Saddam Hussein im Irak wurden entführt.
Das CWI verurteilt und lehnt jede imperialistische Intervention der USA in Venezuela oder anderswo ab. Die reaktionäre rechte Opposition in Venezuela darf nicht unterstützt werden. Die venezolanische Arbeiter*innenklasse steht vor der Herausforderung, einen Weg zu finden, um gegen die imperialistische Aggression zu kämpfen, sich der kapitalistischen rechten Strömung zu widersetzen und eine echte demokratische sozialistische Regierung der Arbeiter*innen und Armen zu errichten. Eine solche Arbeiter*innenregierung kann eine Lösung für die Katastrophe bieten, die die venezolanische Gesellschaft heimgesucht hat, mitsamt eines Aufrufs an die Massen in ganz Lateinamerika und den USA um Unterstützung und Solidarität.
[1] Siehe u.a.: Venezuela: Eine neue Phase in der Revolution: https://archiv.sozialismus.info/maschinenraum/2004/06/10904/; Venezuela: the revolution in danger: https://socialismtoday.org/archive/115/venezuela.html; Venezuela: Revolution and counter-revolution: https://www.socialistparty.org.uk/articles/7906/; What has happened to the ‘Bolivarian revolution’?: https://socialismtoday.org/archive/64/Venezuela%20.html