100 Jahre Novemberrevolution

Bundesarchiv, Bild 183-18594-0045 / CC BY-SA 3.0 DE [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Vor 100 Jahren Revolution in Deutschland

Im November 1918 stürzten die kriegsmüde deutsche Arbeiterklasse und meuternde Soldaten Kaiser Wilhelm II. und bildeten im ganzen Land Arbeiter- und Soldatenräte, die eine neue politische Macht darstellten.

Der Sozialismus stand auf der Tagesordnung und keine politische Kraft traute sich gegen die Räte oder gegen Sozialismus aufzutreten, so überwältigend war die Macht der revolutionären Bewegung. Und doch markiert die Novemberrevolution nicht den Sieg des Sozialismus und die Machtergreifung durch die Arbeiter- und Soldatenräte, sondern den Auftakt für eine fünf Jahre währende Periode von Revolution und Konterrevolution, die mit der vorübergehenden Erringung gewisser demokratischer und sozialer Rechte, aber auch der Festigung der Macht der Kapitalisten endete und den Weg für den Aufstieg und die Machteroberung der Nazis ebnete. Warum scheiterte diese Revolution? Hätte die Geschichte anders verlaufen können? Welche Lehren sind zu ziehen?

Von Sascha Stanicic

Man kann den Verlauf der Revolution von 1918/19 nicht verstehen, ohne die Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung in den Jahren zuvor zu untersuchen. Deutschland war keine bürgerlich-parlamentarische Demokratie, sondern ein Kaiserreich, in dem für das mit eingeschränkten Rechten und dem Kaiser statt dem Volk verantwortlichen Parlament ein Drei-Klassen-Wahlrecht bestand. Die Stimmen der Arbeiter (Frauen hatten ohnehin kein Wahlrecht) zählten weniger als die Stimmen des Bürgertums, der Großgrundbesitzer (Junker) und des Adels. Die deutsche Bourgeoisie (Kapitalistenklasse) war in der Revolution von 1848 zu zögerlich und zu feige gewesen, eine demokratische Republik zu erkämpfen – vor allem weil sie aus Angst vor der zu eigenständigem Klassenbewusstsein erwachenden Arbeiterschaft das Bündnis mit den alten Mächten vorzog. Die kapitalistische Entwicklung Deutschlands fand also in einem Staat statt, der weiterhin Elemente des Mittelalters trug. Diese Entwicklung von großer Industrie vollzog sich im Vergleich zu anderen kapitalistischen Mächten, vor allem England und Frankreich, verspätet, zum Ende des 19. Jahrhunderts aber sehr dynamisch.

Deutsche Industrieproduktion

  • 1867-1902 (1913=100)
  • 1867-1875: 20
  • 1876-1886: 27
  • 1887-1893: 39
  • 1893-1902: 57

SPD vor dem Krieg

Im Schoße dieser kapitalistischen Entwicklung entstand in Deutschland die stärkste Arbeiterbewegung aller Länder – SPD und Gewerkschaften. Der Versuch, die Sozialdemokratie durch ein Verbot („Sozialistengesetz“) unter Bismarck von 1878 bis 1890 vom Aufbau abzuhalten, schlug fehl. Die illegale Partei und ihre vielfältigen Vorfeldorganisationen wuchsen rapide an und sozialdemokratische Kandidaten erhielten von Wahl zu Wahl mehr Stimmen. Dies war Ausdruck des starken Wirtschaftsaufschwungs, der die Reihen der Arbeiterklasse wachsen ließ und ihr Selbstbewusstsen steigerte, aber auch der unerschrockenen und kämpferischen Tätigkeit der SPD.

Die Partei galt als Modell und leuchtendes Vorbild für ihre Bruderparteien in der 1889 gegründeten Sozialistischen Internationale. Sie berief sich auf den Marxismus, verstand sich als revolutionär und hatte sich die Erkämpfung einer sozialistischen Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab die SPD 90 Tageszeitungen heraus, die zusammen 1,4 Millionen Abonnenten hatten. Sie hatte insgesamt wahrscheinlich bis zu 15.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Sie leitete starke Arbeitersport-, Frauen- und Jugendbewegungen. In den Worten der späteren KPD-Führerin Ruth Fischer war die Sozialdemokratie für Millionen ArbeiterInnen eine „Art zu Leben“.

Doch die kontinuierlichen Fortschritte im Aufbau der Partei, die Erfolge bei der Verbesserung der Lage der arbeitenden Bevölkerung während des langen Wirtschaftsaufschwungs, die Herausbildung einer besser gestellten Schicht von Facharbeitern (so genannte Arbeiteraristokratie) und die Entwicklung eines materiell privilegierten und abgehobenen Parteiapparats ließen in der Sozialdemokratie eine reformistische Praxis entstehen, die sich ganz auf die unmittelbaren Tagesaufgaben konzentrierte und den Sozialismus nur noch als Fernziel propagierte. Das Programm der Partei unterteilte sich schematisch in ein Minimal- und ein Maximalprogramm. Eine Verbindung zwischen Lohnkämpfen oder dem Kampf gegen das Drei-Klassen-Wahlrecht mit dem Kampf für Sozialismus fand praktisch nicht statt. Es entwickelte sich die Illusion, dass der Sozialismus „automatisch“ am Ende des stetigen Wachstums der Sozialdemokratie erreicht würde. Diese Praxis fand ihren Ausdruck in der Theorie des Revisionismus, wie sie von Eduard Bernstein formuliert wurde. Dieser wollte den Marxismus revidieren. Seine Anschauungen spitzte er in der Aussage zu „Die Bewegung ist alles, das Ziel ist nichts.“

In der Partei führte das zum sogenannten Revisionsmusstreit, in dessen Verlauf sich drei Flügel heraus bildeten: die Revisionisten (rechter Flügel), das marxistische Zentrum um Karl Kautsky und die Linksradikalen um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Das marxistische Zentrum hielt in Worten am Marxismus fest, akzeptierte aber die reformistische Praxis der Partei. Kautsky war der international anerkannte Theoretiker des Marxismus nach dem Tode von Friedrich Engels und auch die russischen Bolschewiki um Lenin verstanden sich bis zum Jahr 1914 als Unterstützer Kautskys. Während Revisionisten und Zentrum im hauptamtlichen Parteiapparat und den Parlamentsfraktionen ein starkes organisiertes Rückgrat hatten, standen die Linksradikalen nur in lockerer Verbindung zueinander. Auch wenn die Partei auf ihren Kongressen 1901 und 1903 den Revisionismus zurück wies, änderte das nichts an ihrer reformistischen Praxis. Der SPD Sekretär Ignaz Auer drückte das in einem Brief an Bernstein mit den Worten aus, man sage solche Dinge, wie Bernstein sie vorschlage nicht, man mache sie einfach! Kautsky war der Meinung, die SPD sei zwar eine revolutionäre, aber keine revolutionmachende Partei.

Soldaten bei der Mobilmachung 1914 in Berlin Bundesarchiv, Bild 183-R25206 / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Erster Weltkrieg

Der deutsche Kapitalismus war bei der Aufteilung der Welt unter die Kolonialmächte zu spät gekommen. Mit der Macht der Großkonzerne aus der Eisen-, Stahl- und Chemieindustrie und den Schiffswerften war auch deren Drang nach Expansion gewachsen. Aufrüstung und Krieg versprachen einen Absatzmarkt für Rüstungsprodukte. Landeroberungen sollten den Zugang zu Rohstoffen, Absatzmärkten und billigen Arbeitskäften sichern. Der Erste Weltkrieg stand vor der Tür.

Bis zum Ausbruch des Krieges dominierte in der Arbeiterbewegung die Opposition gegen diesen. Noch am 25. Juli 1914 schrieb das SPD-Organ ‚Vorwärts‘: „Der Weltkrieg droht! Die herrschenden Klassen, die Euch im Frieden knebeln, verachten, ausnutzen, wollen Euch als Kanonenfutter missbrauchen. Überall muss den Gewalthabern in den Ohren klingen: Wir wollen keinen Krieg! (…) Hoch die internationale Völkerverbrüderung.“ Die Sozialistische Internationale hatte Beschlüsse gefasst, die ihre Mitgliedsparteien zur Opposition gegen den Krieg verpflichten sollten. Massendemonstrationen wurden organisiert. Doch als es so weit war, handelte die SPD- und Gewerkschaftsführung nach dem Motto ‚was schert mich mein Geschwätz von gestern‘ und reihte sich in die Reihen der Kriegsbefürworter und Vaterlandsverteidiger ein – in Deutschland und allen Ländern der Sozialistischen Internationale mit der Ausnahme von Russland, wo Lenins Bolschewiki dem Zarenreich die Unterstützung versagten, Serbien und Bulgarien. Am 4. August 1914 stimmte die sozialdemokratische Reichstagsfraktion den Kriegskrediten zu. In der Fraktionssitzung hatten noch 14 Abgeordnete gegen eine Zustimmung votiert. Aber sie alle, auch Karl Liebknecht, beugten sich bei dieser ersten Abstimmung der Fraktionsdisziplin und stimmten im Reichstag entgegen ihrer Überzeugung. Liebknecht wertete das später als schweren Fehler. Die Führungen der Gewerkschaften hatten schon am 2. August ihren Verzicht auf selbständige gewerkschaftliche Aktionen während des Krieges („Burgfrieden“) erklärt. Der Schock für die internationalistischen Kräfte der Arbeiterbewegung war groß. Selbst Lenin wollte die Nachricht aus Berlin nicht glauben und dachte, die entsprechende Ausgabe des ‚Vorwärts‘ sei eine Fälschung.

Diese Politik der SPD-Führung war logische Konsequenz aus der Preisgabe ihres revolutionären Charakters und ihrer Anpassung an den Kapitalismus. Die Bürokraten und Abgeordneten hatten in ihrer großen Mehrheit Frieden mit dem Kapitalismus geschlossen und die Perspektive einer Machtergreifung durch die Arbeiterklasse aufgegeben. Um ihre gut dotierten Pöstchen nicht zu verlieren, durften sie auch die herrschende Ordnung nicht gefährden.

Linke in der SPD

Diese Politik ihrer Führung ließ in der Arbeiterklasse ein hohes Maß an Verwirrung entstehen. Die einen ließen sich von der Kriegsbegeisterung und den Versprechen auf einen raschen Sieg mitreißen, andere waren geschockt.

Der russische Revolutionär Leo Trotzki, der bei Kriegsbeginn im Wiener Exil lebte, erklärt in seiner Autobiographie die Begeisterung für den Krieg unter den einfachen Leuten wie dem Halbtschechen Pospischl, so: „Solche Menschen, deren ganzes Leben, tagaus, tagein, in monotoner Hoffnungslosigkeit verläuft, gibt es viele auf der Welt. Auf ihnen beruht die heutige Gesellschaft. Die Alarmglocke der Mobilisierung dringt in ihr Leben ein wie eine Verheißung. Alles Gewohnte, das man tausendmal zum Teufel gewünscht hat, wird umgeworfen, es tritt etwas Neues, Ungewöhnliches auf. Und in der Ferne müssen noch unübersehbarere Veränderungen geschehen. Zum Besseren? Oder zum Schlimmeren? Selbstverständlich zum Besseren: kann es den Pospischl schlimmer ergehen als zu ‚normalen‘ Zeiten?

Ich wanderte durch die Hauptstraßen des mir so gut bekannten Wien und beobachtete die für den prunkvollen Ring so ungewöhnliche Menschenmenge, in der Hoffnungen lebendig wurden. Und hatte sich ein Teilchen dieser Hoffnungen nicht schon heute verwirklicht? Hätten sich zu einer anderen Zeit die Gepäckträger, Waschfrauen, Schuhmacher, Gehilfen und die Halbwüchsigen der Vorstadt auf der Ringstraße als Herren der Lage fühlen können? Der Krieg erfasst alle, und folglich fühlen sich die Unterdrückten, vom Leben betrogenen mit den Reichen und Mächtigen auf gleichem Fuße. (…) Wie die Revolution wirft auch der Krieg das ganze Leben, von oben bis unten, aus dem Geleise. Aber die Revolution richtet ihre Schläge gegen die bestehende Macht. Der Krieg dagegen festigt in der ersten Zeit die Staatsmacht, die in dem durch den Krieg entstandenen Chaos als die einzige sichere Stütze erscheint … bis derselbe Krieg sie untergräbt.“

In der SPD gab es von Anfang an Opposition gegen den Krieg, aber die BasisaktivistInnen, die ihre internationalistischen und sozialistischen Überzeugungen nicht über Bord werfen wollten waren konfrontiert mit einer Welle des Patriotismus, mit der Propaganda und der Einforderung von Disziplin durch ihre Führung und mit staatlicher Repression bzw. Einberufung zum Militär. Vor allem aber waren die KriegsgegnerInnen überhaupt nicht organisiert. Nun rächte sich, dass Luxemburg, Liebknecht und andere des linken Parteiflügels keine organisierte marxistische Fraktion aufgebaut hatten, wie Lenin es mit der bolschewistischen Fraktion in der russischen Sozialdemokratie seit 1903 gemacht hatte. Verbindungen mussten oftmals neu und mühsam aufgebaut werden. Es gab kein zentrales Organ der KriegsgegnerInnen, mit dem sie Gleichgesinnte hätten politisch und organisatorisch zusammen halten können.

Im September 1914 gaben Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, der Marx-Biograph Franz Mehring und die bedeutendste Führerin der proletarischen Frauenbewegung Clara Zetkin eine gemeinsame Erklärung in Opposition zur Politik der SPD-Führung ab. Am 22. Oktober forderten die sozialdemokratischen Abgeordneten im Preußischen Abgeordnetenhaus Frieden zu schließen und die fünf oppositionellen SPD-Abgeordneten verließen den Parlamentssaal in einem Akt des Protests vor der Schlussrede des Präsidenten. Und schließlich stellte sich Karl Liebknecht am 2. Dezember alleine im Reichstag gegen die Kriegstreiber und Sozialpatrioten (so nannten die Linken die sozialdemokratischen Kriegsbefürworter) und votierte als einziger gegen die Kriegskredite. Mit diesem Akt der Verweigerung wurde er für die Mehrheitssozialdemokraten und Kriegstreiber zum Vaterlandsverräter, für die wachsende Zahl der sich nach Frieden sehnenden ArbeiterInnen und Soldaten in Deutschland und international wurde er durch seinen einsamen Widerstand im Reichtstag zur Symbolfigur des Kampfes gegen den Krieg und für Sozialismus. In seiner schriftlichen Begründung erklärte er: „Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg. (…) Der Krieg ist kein deutscher Verteidigungskrieg. (…) Ein schleuniger, für keinen Teil demütigender Friede, ein Friede ohne Eroberungen ist zu fordern (…) Nur ein auf dem Boden der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse und der Freiheit aller Völker erwachsener Friede kann ein gesicherter sein. So gilt es für das Proletariat aller Länder, auch heute im Kriege gemeinsame sozialistische Arbeit für den Frieden zu leisten.“

Die Opposition gegen den Krieg wuchs in dem Maße, wie deutlich wurde, dass er länger dauern würde und wie sich die Lage der Massen unter den Kriegsbedingungen verschlechterte. In der SPD waren es nicht nur die Revolutionäre um Liebknecht und Luxemburg, die sich mehr und mehr gegen den Krieg äußerten, sondern auch Mitglieder des Zentrums. Im März 1915 stimmte neben Liebknecht auch Otto Rühle gegen die Kriegskredite und 30 weitere SPD-Abgeordnete verließen den Saal, um an der Abstimmung nicht teilzunehmen. Im Juni 1915 unterschrieben eintausend SPD-Funktionäre verschiedener Strömungen einen Protestbrief gegen die Politik der Parteiführung. Im April desselben Jahres hatten Rosa Luxemburg und Franz Mehring die erste und einzige Ausgabe der Zeitschrift ‚Die Internationale‘ herausgebracht. Sie sollte dazu dienen eine klare marxistische Analyse der Situation zu liefern und die marxistischen Kräfte zu sammeln. Diese nannten sich fortan ‚Gruppe Internationale‘. Die meisten AutorInnen, darunter auch Clara Zetkin, Käte Duncker und August Thalheimer, gehörten zu den späteren GründerInnen der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Rosa Luxemburg brachte die Haltung der revolutionären MarxistInnen auf den Punkt, indem sie argumentierte, dass nur der Weg zur Macht der Arbeiterklasse auch der Weg zu Frieden und zum Wiederaufbau der Sozialistischen Internationale sei. Diese Einschätzung bestätigte sich in den darauffolgenden Jahren, denn dem Weltkrieg wurde ein Ende bereitet durch die sozialistische Oktoberrevolution in Russland und endgültig durch die deutsche Revolution im November 1918.

Doch die Gruppe Internationale blieb ein loser Zusammenschluss, was auch damit zusammen hing, dass Rosa Luxemburg und andere aus dem bürokratischen Charakter der SPD zu weitgehende Schlussfolgerungen in die andere Richtung, gegen verbindliche Organisationsstrukturen und -disziplin, zogen. Hinzu kam staatliche Repression. Aufgrund der Zensur konnte ‚Die Internationale‘ nicht weiter erscheinen. Karl Liebknecht war im Februar 1915 zur Front eingezogen worden und Rosa Luxemburg wurde im selben Monat ins Gefängnis gesteckt.

So konnte keine dieser beiden wichtigsten Führungspersonen der marxistischen Linken in Deutschland an der ersten internationalen Zusammenkunft sozialistischer KriegsgegnerInnen im September 1915 im schweizerischen Zimmerwald teilnehmen.

Nach einer Konferenz der Gruppe Internationale im Januar 1916, auf der das Bekenntnis zum Sozialismus und Kampf gegen den Krieg genauso bestätigt wurde, wie die Bedeutung der Internationale als entscheidender Organisation für die Arbeiterklasse, kam es zu einem deutlicheren Bruch zwischen den revolutionären MarxistInnen und den schwankenden Kräften des Zentrums. Auf dieser Konferenz wurde auch beschlossen, eigenes Material regelmäßig heraus zu bringen. Dieses illegale Material wurde mit ‚Spartacus‘, in Anlehnung an den heroischen Führer der Sklavenaufstände im Römischen Reich, unterzeichnet. Fortan wurde die Gruppe Internationale als Spartakusgruppe bekannt.

Der Widerstand wächst

Im Jahr 1916 wuchs die Kriegsmüdigkeit in der Arbeiterklasse. Angesichts von 250.000 getöteten deutschen Soldaten vor Verdun und wachsender Lebensmittelknappheit entlud sich die Unzufriedenheit in ersten Protesten und Streiks. Am 1. Mai hatte die Spartakusgruppe zu einer Demonstration am Potsdamer Platz in Berlin aufgerufen. Liebknecht sprach zu 10.000 DemonstrantInnen und forderte ein Ende des Krieges und den Sturz der Regierung, woraufhin er verhaftet wurde. Am Tag seines Gerichtsprozesses kam es zu einem Proteststreik von über 50.000 ArbeiterInnen in Berlin und Demonstrationen in Stuttgart, Bremen und Braunschweig. Liebknecht wurde durch sein mutiges und entschlossenes Handeln gegen den Krieg zur internationalen Symbolfigur für Sozialismus, Internationalismus und den Kampf gegen den Weltkrieg. Seine Losung ‚Der Hauptfeind steht im eigenen Land‘ brachte die zentrale Aufgabe der Arbeiterklasse und der sozialistischen Kräfte in jedem kriegführenden imperialistischen Land zum Ausdruck: den Kampf gegen die ‚eigene‘ Kapitalistenklasse und für die internationale Macht der Arbeiterklasse führen, als einziges Mittel den Weltkrieg zu beenden.

Der Druck aus der Arbeiterklasse wirkte sich in der SPD aus und die Opposition gegen den Krieg wuchs sowohl unter den Abgeordneten, als auch in der gesamten Partei. Im Reichstag hatten die Kriegsgner in der SPD-Fraktion die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft gegründet. Diese wurde nach ihrer ersten Konferenz im Jahr 1917 aus der SPD ausgeschlossen und gründete dann die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Die Februarrevolution in Russland, die den Zaren stürzte, hatte große Auswirkungen auf Deutschland und heizte die Opposition gegen den Krieg weiter an. Der despotische Zar, der von den Kriegstreibern als Hauptfeind präsentiert worden war, war nicht mehr, aber der Krieg gegen Russland wurde trotzdem weiter geführt. Die USPD wuchs schnell zu einer Massenpartei, die mit 120.000 Mitgliedern fast die Hälfte der 1917 noch bestehenden SPD-Mitgliedschaft mit nahm. Sie war eine breite Partei, die unterschiedlichste Kräfte und Strömungen aus der Arbeiterklasse umfasste, selbst der Begründer des Revisionismus, Eduard Bernstein, fand sich aufgrund seiner pazifistisch motivierten Kriegsgenerschaft in der USPD wieder. Die zentristischen Führer, wie Hugo Haase und Karl Kautsky, wurden von den Ereignissen und dem Druck der Massen getrieben und bildeten die Partei eher widerwillig. Mit ihnen trat auch die Spartakusgruppe in die USPD ein und hielt darin eine selbständige Existenz als Zusammenschluss revolutionärer MarxistInnen aufrecht und setzte die eigenständige Publikationstätigkeit fort. Auch die Berliner revolutionären Obleute traten der neuen Partei bei. Diese waren ein klandestiner (geheimer) Zusammenschluss von ca. 80 sozialistischen und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten, die eine breite Basis in den Berliner Industriebetrieben hatten und neben Spartakus den linken Flügel der USPD bildeten. Die USPD war eine neue Massenpartei der deutschen Arbeiterklasse, ohne klare marxistische Programmatik, Strategie und Taktik, aber mit der Möglichkeit für revolutionäre Strömungen offen zu agieren und mit einer sich radikalisierenden Entwicklungsdynamik. Als Massenabspaltung aus der traditionellen Arbeiterpartei SPD hatte sie von Beginn an eine breite Massenbasis und tiefe Verankerung in der Arbeiterklasse. Manche Kräfte in der heutigen Partei DIE LINKE ziehen schon einmal den Vergleich mit der USPD. Doch damit würde man der LINKEn zu viel der Ehre antun. Bei allem Wankelmut ihrer Führer – Zentrismus definiert sich als ‚revolutionär in Worten, reformistisch in Taten‘ – war die USPD doch von ihrem Selbstverständnis eine klar sozialistische Partei, die für die Sozialisierung (Verstaatlichung) der großen Industrien und Banken und für die Machtergreifung durch die Arbeiterklasse eintrat. Und sie hatte eine tiefe Verankerung unter betrieblichen und gewerkschaftlichen AktivistInnen. DIE LINKE hat noch einen weiten Weg vor sich, um das zu erreichen und die dominierenden Teile ihrer Führung verteidigen die Marktwirtschaft und orientieren die Partei in eine andere Richtung.

Nur in einigen Städten, vor allem Bremen, Hamburg und Dresden, bildeten sich links von der USPD revolutionäre Oganisationen, die sich ‚Links-Radikale‘ nannten, mit einem gewissen Einfluss in der Arbeiterklasse. Diese bildeten im November 1918 die Internationalen Kommunisten Deutschlands und nahmen im Dezember an der Gründung der KPD teil. 1917 sahen die Führer der Spartakusgruppe noch die Notwendigkeit in der USPD zu agieren, um die sich radikalisierenden Massen, die in die USPD strömten oder sich an ihr orientierten zu erreichen und sich nicht zu isolieren.

Im Verlauf des Jahres 1917 verschlechterten sich die Lebensbedingungen der deutschen Arbeiterklasse dramatisch. In der Kälte des Winters 1917/18 starben tausende Kinder. Die Kindersterblichkeitsrate war seit 1913 um 50 Prozent gestiegen. Die Lebensmittelrationen wurden gekürzt. Im April 1917 streikten 300.000 ArbeiterInnen in Berlin und Leipzig. An der Front hatten die Soldaten die Nase voll vom Krieg, es kam zu einer ersten Meuterei von Matrosen.

Der Sieg der russischen Arbeiter- und Soldatenräte in der Oktoberrevolution 1917 hatte enorme Auswirkungen in Deutschland und verstäkte die Hoffnungen auf ein Ende des Kriegs. Die ersten Dekrete der neuen russischen Regierung unter Führung von Lenin und Trotzki enthielten ein Angebot zu einem sofortigen Waffenstillstand und einem demokratischen Frieden ohne Annexionen und unter Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Dann veröffentlichte die Arbeiterregierung die Geheimverträge der Vorgängerregierungen mit der Entente (den mit Russland verbündeten Mächten) und erklärte, dass sie auf alle in diesen Verträgen Russland versprochenen Gebiete verzichte. Im Januar entwickelten sich dann die bis dahin größten Massenstreiks in Deutschland, als über eine Million Streikende gegen die schrecklichen Bedingungen, die Deutschland dem russischen Arbeiterstaat im Frieden von Brest-Litowsk aufzwang, protestierten.

Prinz Max von Baden (1), Vizekanzler von Payer (2) und der Chef der Reichskanzlei, Freiherr von Radowitz (3) beim Verlassen des Reichstagsgebäudes, Berlin 3.10.1918 Bundesarchiv, Bild 146-1971-037-64 / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Reformen von oben

Unzufriedenheit und Unruhe in der Arbeiterklasse und unter Soldaten nahmen zu. Mit dem Eintritt der USA in den Krieg wurde immer deutlicher, dass Deutschland diesen nur verlieren konnte. Desertionen nahmen zu. Die Herrschenden ergriff Panik und sie versuchten, die sich entwickelnde Revolution von unten durch Reformen von oben zu verhindern. So wurde am 4. Oktober eine neue Regierung mit dem Prinzen Max von Baden als Kanzler eingesetzt, an der erstmals auch zwei Sozialdemokraten teilnahmen, Scheidemann und Bauer, und die erstmals dem Parlament gegenüber verantwortlich war. Eine Amnestie für politische Gefangene wurde erlassen, die Liebknecht die Freiheit brachte. Rosa Luxemburg wurde weiter in ‚Schutzhaft‘ fest gehalten. Doch diese Maßnahmen waren zu wenig und erfolgten zu spät. Als das deutsche Oberkommando der Hochseeflotte befahl, zu einer Seeschlacht mit der englischen Flotte auszufahren, die an der deutschen Niederlage nichts mehr hätte ändern können, aber den sicheren Tod von 80.000 Matrosen bedeutet hätte, revoltierten diese und weigerten sich auszufahren. Das war am 3. November der eigentliche Beginn der Revolution.

Es ist kein Zufall, dass der erste Widerstand in der Armee sich in der Marine entwickelte, wo es schon zuvor zu einer Meuterei gekommen war. In der ‚Illustrierten Geschichte der deutschen Revolution‘ heißt es dazu: „Die Bedienung eines so komplizierten Werkes der Technik, wie es ein modernes Kriegsschiff ist, erfordert entsprechend qualifizierte Mannschaften. Die Matrosen rekrutieren sich deshalb vorwiegend aus der Industriearbeiterschaft. Auch der Gegensatz zwischen dem Wohlleben der Offizier und dem Elend und der Rechtlosigkeit der Mannschaften trat nirgends so krass in Erscheinung wie auf den Kriegsschiffen.“

Die Meuterei begann in Kiel. Ein Arbeiter- und Soldatenrat übernahm die Kontrolle über die Stadt. Dieser entsandte Botschafter der Revolution in andere Städte und die Revolution breitete sich innerhalb weniger Tage auf das ganze Land aus. Am 4. November war die gesamte Flotte erfasst. Dann folgten Lübeck, Bremen, Hamburg und in den folgenden Tagen viele andere Städte von Leipzig bis Köln und von Frankfurt bis München.

In Berlin, wie auch in anderen Städten, hatten revolutionäre Arbeiter und Soldaten schon illegale Räte gebildet. Liebknecht nahm an den Sitzungen des Vollzugsausschuss genannten Leitungsgremiums dieser Räte teil. Hier wurde am 2. November diskutiert für den 4. November eine bewaffnete Demonstration durchzuführen, die den revolutionären Aufstand einleiten sollte. Kurze Zeit später, bei einer Vollversammlung der revolutionären Obleute, wurden Zweifel geäußert, ob die Arbeiter dafür bereit und eine solche Aktion ausreichend vorbereitet sei. Die Aktion wurde auf den 11. November vertagt. Liebknecht kritisierte in diesen Tagen die Haltung vieler USPD-Vertreter und revolutionärer Obleute, die ein zu großes Gewicht auf die technische Seite des Aufstandes legten und mit der Losung „alles oder nichts“ sich gegen Massendemonstrationen aussprachen. In seinen Aufzeichnungen sind folgende Notizen zu finden: „Unsere Auffassung, dass es zwischen den bisher üblichen Demonstrationen und dem revolutionären Endkampf Möglichkeiten, Zwischenstufen gäbe, in denen sich das Heranreifen für den Endkampf beschleunigen kann, wird wiederum, wie auch bei anderen Beratungen als revolutionäre Gymnastik ironisiert und abgelehnt. (…) Die Massenbewegung ist das allein Wesentliche. Große Massen auf den Straßen sind auch gegen Militär und Polizei das Stärkste, selbst wenn unbewaffnet. Sie erschweren den polizeilichen oder militärischen Waffengebrauch und sind der stärkste Druck zur Fraternisierung (Verbrüderung) oder doch Demoralisation der bewaffneten Macht.“

Bundesarchiv, Bild 183-B0527-0001-810 / UnknownUnknown author / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Revolution!

Letztlich überholte die in Kiel einsetzende Revolution die revolutionären Obleute, die dann unter dem Druck der Massen und aufgrund der Sorge, die Mehrheits-Sozialdemokratie könne Initiativen ergreifen, um eine Bewegung unter ihre Kontrolle zu bekommen, am 8. November den Entschluss fassten für den darauffolgenden 9. November zur Aktion aufzurufen. Und an diesem Tag nahmen die Arbeiter und Soldaten die Hauptstadt des Kaiserreichs ein und Kaiser Wilhelm II. dankte ab. Liest man Berichte über die letzten Tage und Stunden des Kaiserreichs, über die Weigerung des Kaisers abzudanken und den Entschluss des Prinzen Max von Baden dies ohne die Zustimmung Wilhelms II. zu verkünden und den SPD-Führer Friedrich Ebert zum Reichskanzler zu ernennen, bekommt man eine Vorstellung von der Machtlosigkeit der Mächtigen, wenn die Massen der Arbeiterklasse entschlossen in Aktion treten. Aus diesen Beratungen der SPD-Führer mit den Vertretern des Kapitalismus stammt der berühmte Ausspruch Eberts: „Wenn der Kaiser nicht abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich. Ich aber will sie nicht, ja ich hasse sie wie die Sünde.“ Die Annahme des Kanzleramtes aus den Händen des scheidenden Kaisers durch Ebert drückt aus, dass die SPD-Führung nicht nur die Revolution hasste, sondern es auch vorgezogen hätte, die Monarchie zu bewahren. Im Kampf gegen die Revolution bildete Ebert ein Bündnis mit dem Generalquartierhauptmeister Groener, zu dem er eine geheime Telefonverbindung unterhielt. Groener selber nannte es ein Bündnis „gegen die Gefahr der Bolschewiken und gegen das Rätesystem“.

Als Scheidemann um 14 Uhr vom Balkon des Reichstagsgebäudes vor demonstrierenden Arbeitermassen spontan, weil die Stimmung der Massen erfassend, die ‚deutsche Republik‘ ausrief, schlug Ebert mit der Faust auf den Tisch und schrie ihn an: „Du hast kein Recht die Republik auszurufen!“ Darin drückte sich aus, dass Ebert mit General Groener in Geheimabsprachen die Möglichkeit offen gehalten hatte, die Monarchie zu retten.

Zwei Stunden später proklamierte Karl Liebknecht vom Balkon des Berliner Schlosses ebenfalls die Republik – aber die sozialistische! Liebknecht wird mit diesen Worten zitiert: „Ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen. (…) Wenn auch das Alte niedergerissen ist, dürfen wir doch nicht glauben, dass unsere Aufgabe getan sei. Wir müssen alle Kräfte anspannen, um die Regierung der Arbeiter und Soldaten aufzubauen, um eine neue staatliche Ordnung des Proletariats zu schaffen, eine Ordnung des Friedens, des Glücks und der Freiheit unserer deutschen Brüder und unserer Brüder in der ganzen Welt. Wir reichen ihnen die Hände und rufen sie zur Vollendung der Weltrevolution auf. Wer von euch die freie sozialistische Republik Deutschland und die Weltrevolution erfüllt sehen will, erhebe seine Hand zum Schwur.“ Nicht ein Demonstrant erhob keine Hand. Der Ruf ‚Hoch die Republik‘ erschütterte den Schlossplatz.

Am 10. November schrieb ein Theodor Wolff im ‚Berliner Tageblatt‘ über die Revolution: „Die größte aller Revolutionen hat wie ein plötzlich losbrechender Sturmwind das kaiserliche Regime mit allem, was oben und unten dazu gehörte, gestürzt. Man kann sie die größte aller Revolutionen nennen, weil niemals eine so fest gebaute, mit soliden Mauern umgebene Bastille so in einem Anlauf genommen worden ist. Es gab noch vor einer Woche einen militärischen und zivilen Verwaltungsapparat, der so verzweigt, so ineinander verfädelt, so tief eingewurzelt war, dass er über den Wechsel der Zeiten hinaus seine Herrschaft gesichert zu haben schien. Durch die Straßen von Berlin jagten die grauen Autos der Offiziere, auf den Plätzen standen wie Säulen der Macht die Schutzleute, eine riesige Militärorganisation schien alles zu umfassen, in den Ämtern und Ministerien thronte eine scheinbar unbesiegbare Bureaukratie. Gestern früh war, in Berlin wenigstens, das alles noch da. Gestern nachmittag existierte nichts mehr davon …“

Doch Liebknecht sollte Recht behalten, die Aufgabe war noch nicht vollendet, auch wenn die alte Ordnung zusammen gebrochen war. Die überall entstehenden Räte der ArbeiterInnen und Soldaten waren die tatsächliche Machtinstanz in den Tagen der Revolution. Aber die ArbeiterInnen und Soldaten waren sich weder ihrer Macht bewusst, noch hatten sie ein Programm bzw. eine Vorstellung, wie der Sozialismus – den alle wollten – erreicht werden könnte. Sie hatten auch keine revolutionäre Führung in Form einer revolutionären Partei mit Massenbasis, die für ein solches Progamm in den Räten hätte eine Mehrheit gewinnen können, wie es die Bolschewiki ein Jahr zuvor in Russland getan hatten.

Der marxistische Historiker Pierre Broué, der die deutsche Revolution intensiv untersucht hat, schreibt: „Die Bewegung war so mächtig, dass sich ihr niemand offen entgegenzustellen versuchte: nicht nur gaben die Mehrheitssozialdemokraten ihre Zustimmung zu den Räten, sondern sogar die Führer des Generalstabs, an ihrer Spitze Hindenburg, akzeptierten sie. Die einzige Frage war, ob die Räte das bleiben würden, was sie praktisch am 9. November waren: die einzige Machtquelle, die alleinige Autorität, oder ob sie, nur als Übergangsgebilde geduldet, auf kurze oder lange Sicht durch eine andere Herrschaftsform abgelöst werden sollten, nämlich durch den mittels Wahl einer Nationalversammlung wieder hergestellten alten bürgerlichen Staat. Um die Räte und die Nationalversammlung ging der wahre Kampf – der des Staates: Arbeiterstaat oder bürgerlicher Staat, Rätestaat, Sowjetrepublik oder bürgerlich-parlamentarische Republik … Der revolutionäre Aufschwung, die unmittelbare Initiative der Massen war so stark, dass die Räte sich überall gebildet hatten, und in ihrem Schoße mussten die Vertreter der bürgerlichen Ordnung den Kampf führen, um sie zu beseitigen, indem sie sich in den Rahmen der Räteherrschaft, die sie vorab nicht zurückweisen konnten, erst einmal fügten, um sie dann von innen umso radikaler zu zerstören.“

Tatsächlich führten alle Feinde des Sozialismus den Sozialismus im Munde, um die Massen zu täuschen und zu lähmen. Selbst der Direktor der Nationalbank, ein gewisser Herr Goldschmidt, sagte: „Der wirtschaftliche Sozialismus, in vernünftigen Formen angewandt, wird heute auch von den führenden Stellen des Wirtschaftslebens als durchaus berechtigt angesehen.“ Zur Speerspitze der Konterrevolution wurde die Führung der Sozialdemokratischen Partei, zum größten Hindernis der Revolution aber die Führung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei.

Ausrufung der Bremer Räterepublik am 15. November 1918 vom Balkon des Bremer Rathauses By Barth (Staatsarchiv Bremen) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Doppelherrschaft

In den nächsten Tagen entwickelte sich eine Situation der Doppelherrschaft. Mit den Räten und deren am 10. November von einer Delegiertenversammlung der Berliner Räte gewählten Vollzugsrat gab es embryonale Organe eines Arbeiterstaates, der eine Entwicklung zu einer sozialistischen Gesellschaft einleiten könnte. Gleichzeitig wurde am 9. November, nach langen Verhandlungen zwischen den Arbeiterparteien eine Regierung gebildet. Liebknecht war an diesen Verhandlungen beteiligt gewesen. Er wurde von unzähligen Arbeiterdelegationen bedrängt, in eine Regierung einzutreten. In ihm, dem prinzipienfestesten aller Kriegsgegner, sahen sie einen Garanten für eine Regierung, die Arbeiterinteressen vertreten würde. Liebknecht war sich der Gefahren einer Regierungsbildung, die nicht aus den Räten selber erwachsen wäre, bewusst. Er spielte nur mit dem Gedanken, für wenige Tage einer Regierungsbildung zuzustimmen und daran teilzunehmen, um einen Waffenstillstand aushandeln zu können. Selbst dafür wurde er von seinen GenossInnen der Spartakusgruppe (die sich bald Spartakusbund nannte) scharf kritisiert, denn jedes Zusammengehen mit den Mehrheitssozialdemokraten konnte die Massen nur verwirren. Unter seinem Einfluss stellte die USPD verschiedene Bedingungen für eine Regierungsbildung mit Vertretern der Mehrheitssozialdemokratie, darunter folgende:

  1. Deutschland soll eine soziale Republik sein.
  2. In dieser Republik soll die gesamte exekutive, legislative und jurisdiktionelle (ausführende, gesetzgebende und rechtsprechende) Macht ausschließlich in den Händen von gewählten Vertrauensmännern der gesamten werktätigen Bevölkerung und der Soldaten sein.
  3. Ausschluss aller bürgerlichen Mitglieder aus der Regierung.
  4. Die Beteiligung der Unabhängigen gilt nur für drei Tage als ein Provisorium, um eine für den Abschluss des Waffenstillstands fähige Regierung zu schaffen.

Mit diesen Bedingungen sollte sich eine Übergangsregierung auf die Schaffung einer Republik der Arbeiter- und Soldatenräte verpflichten. Die Mehrheits-SPD lehnte diese Bedingungen ab, für Liebknecht kam ein Regierungsbeitritt nicht mehr in Frage. Die USPD-Vertreter aber einigten sich auf eine Regierungsbildung mit abgespeckten Bedingungen. Diese beinhalteten immerhin die Aussage, dass die „politische Gewalt in den Händen der Arbeiter- und Soldatenräte liegt“, aber auch einen Bezug zur Frage der Konstituierenden Versammlung. Diese solle „erst nach einer Konsolidierung der durch die Revolution geschaffenen Zustände“ erörtert werden. Aber damit war die Verfassunggebende Versammlung auf dem Tisch. Die Regierung bestand aus jeweils drei Vertretern von MSPD und USPD und nannte sich, in Anlehnung an die russische Arbeiterregierung, Rat der Volksbeauftragten. Es gab also zwei Machtzentren: den Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte und den Rat der Volksbeauftragten. Ersterer erkannte die Regierung an, letzterer erkannte die politische Macht der Räte an. Was zu keinem Zeitpunkt angetastet wurde war der eigentliche alte kapitalistische Staatsapparat. Minister und andere Staatsbeamte blieben im Amt, was auch für die Provinzen und Kommunen im ganzen Land, mit der Ausnahme von Bremen und Hamburg, galt.

Die Taktik der Feinde der Arbeitermacht, Mehrheits-SPD und Vertreter der alten Ordnung, war nun einerseits die Räte zu unterwandern und gleichzeitig handlungsunfähig zu machen und andererseits eine Kampagne für allgemeine Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung (auch Konstituante oder Nationalversammlung genannt) zu führen. Und das alles unter dem Banner des Sozialismus und der Sozialisierung der Industrie.

Vor allem die Soldatenräte sind von der Mehrheits-SPD und oftmals auch von Offizieren dominiert worden. Nicht selten ergriffen Mehrheits-SPD‘ler die Initiative zur Bildung eines Rats, um diesen unter Kontrolle zu bekommen. Der Vollzugsrat der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte war zur Hälfte von Arbeitern und zur anderen Hälfte von Soldaten besetzt. Unter den Arbeitern teilten sich MSPD und USPD die Sitze. Es gab also keine linke Mehrheit in diesem Gremium. Gleichzeitig wurde es, organisiert von den Gegnern der Revolution, mit Anfragen und Bittstellungen überflutet. Ohne Verwaltungsapparat ausgestattet führte das zu einer weitgehenden Lähmung der Räte und kam einer Sabotage gleich.

Der Vollzugsrat bestätigte den Rat der Volksbeauftragten, der nun also seine Legitimation sowohl von der alten Macht, als auch von der neuen Macht, erhalten hatte. Der kapitalistische Staats- und Verwaltungsapparat wurde jedoch von dem Rat der Volksbeauftragten nicht angetastet.

Rosa Luxemburg schrieb, dass die Räte „vor Unzulänglichkeiten, vor Schwächen, vor Mangel an eigener Initiative und Klarheit über ihre Aufgaben es fertiggebracht haben, beinahe am zweiten Tag nach der Revolution die Hälfte der Machtmittel sich wieder aus der Hand entgleiten zu lassen, die sie am 9. November erobert hatten.“ Ein nicht unwichtiger Faktor war auch, dass das wichtige Prinzip aus der Pariser Kommune und den russischen Sowjets (russisch für Räte), die jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit der Delegierten in den Räten faktisch nicht zur Anwendung kam. So konnten sich die vielfältigen Erfahrungen, die die Arbeiter und Soldaten in den Tagen der Revolution machten, nicht permanenten in der Zusammensetzung der Räte ausdrücken.

Räte oder Nationalversammlung

Die MSPD-Führer präsentierten sich als Verfechter des Sozialismus und die Revolution als siegreich. Sie griffen die Räte nicht frontal an, aber forderten die Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung – dies sei demokratischer, weil auf dem gleichen Wahlrecht für alle Staatsbürger basierend, als ein Rätestaat. Diese Argumentation ging einher mit heftiger Lügenpropaganda gegen die Spartakusgruppe und gegen die Bolschewiki. Unter anderem wurde behauptet, die Entente-Mächte würden Deutschland besetzen, sollten Liebknecht und Luxemburg an die Macht kommen. In Flugblättern der SPD hieß es: „Wer ernsthaft und dauernd vergesellschaften will, so dass der Kapitalismus nicht nach ein paar Jahren (wie es in Russland kommt) mächtiger und unbeschränkter dasteht als je zuvor, der muss die Konstituante wollen.“

Die Konstituante war das entscheidende Mittel der Konterrevolution, die Abschaffung des Kapitalismus zu verhindern. Damit nahm die Konterrevolution eine demokratische Form an (obwohl sie, wie wir noch sehen werden, auch zu brutaler Gewalt griff), was auch die Stärke der Arbeiterklasse ausdrückt. Aber die Konstituante war ein Mittel um die direkte Demokratie und Herrschaft der revolutionären ArbeiterInnen und Soldaten durch die indirekte, parlamentarische und bürgerliche Demokratie des Parlamentarismus zu ersetzen. Auf einer Versammlung der Arbeiterräte Berlins am 19. November sagte der Führer der revolutionären Obleute und Mitglied im Vollzugsausschuss der Räte, Richard Müller: „Niemand kann von uns verlangen, dass wir die von den Arbeitern und Soldaten erkämpften Freiheiten und Rechte konterrevolutionären Elementen überlassen. (…) Alles regt sich jetzt, alles will im Rate sitzen und mitregieren. Das schaffende Volk, ob Kopf- oder Handarbeiter soll vertreten sein. Aber nicht jene Parasiten, die am Marke des Volkes gezehrt haben. Genossen! Es bilden sich jetzt auch Räte der Hausbesitzer, es fehlt nur noch, dass sich Räte der Millionäre bilden. Diese Räte lehnen wir ab. Und was steckt hinter dem Schrei nach der Nationalversammlung, der jetzt alle Blätter der bürgerlichen Gesellschaft durchläuft? Warum verlangt man jetzt die Nationalversammlung? Man will auf diesem Wege die politische Gewalt in die Hände der Bourgeoisie zurückgeben.“ In der Illustrierten Geschichte der deutschen Revolution heißt es richtig: „Die Losung des allgemeinen Wahlrechts war zweifellos richtig gewesen, als sie die Reform des kapitalistischen Staates betraf. Sie wurde falsch im Augenblick der Revolution, die der kapitalistischen Herrschaft selber zu Leibe ging.“ Oder wie Rosa Luxemburg sagte: „Die von der Geschichte auf die Tagesordnung gestellte Frage lautet: bürgerliche Demokratie oder sozialistische Demokratie. Denn Diktatur des Proletariats ist Demokratie im sozialistischen Sinne. Diktatur des Proletariats, das sind nicht Bomben, Putsche, Krawalle, Anarchie, wie die Agenten des kapitalistischen Profits zielbewusst fälschen, sondern das ist der Gebrauch aller politischen Machtmittel zur Verwirklichung des Sozialismus (…) Ohne den bewussten Willen und die bewusste Tat der Mehrheit des Proletariats kein Sozialismus.“ Dieser Gedanke zog sich durch das Programm des Spartakusbundes: „Der Spartakus-Bund wird nie anders die Regierungsgewalt übernehmen als durch den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen Masse in ganz Deutschland, nie anders als kraft ihrer bewussten Zustimmung zu den Ansichten, Zielen und Kampfmethoden des Spartakus-Bundes.“

So weit aber war die Arbeiterklasse noch nicht. Sie hatte keine Klarheit über die Aufgaben der Revolution und setzte in der ersten Phase der Revolution in ihrer Mehrheit die Hoffnungen auf den Aufbau des Sozialismus durch ein einheitliches Agieren der Arbeiterparteien. Man darf dabei nicht vergessen, dass die MSPD zwar den Krieg unterstützt hatte, dies aber mit sozialistischen Phrasen begründet hatte und in Worten dem Sozialismus und der Vergesellschaftung der Industrie niemals, wie die heutige SPD, abgeschworen hatte (und selbst diese reklamiert den ‚demokratischen Sozialismus‘ noch für sich). So profitierte die SPD, als traditionelle Partei der ArbeiterInnen, auch am stärksten von der revolutionären Bewegung. Während erfahrenere Schichten der Arbeiterklasse sich in Richtung USPD und Spartakusbund orientierten, strömte die Mehrheit der neu in das politische Leben eingetretenen ArbeiterInnen in die MSPD und wählten deren Vertreter, die sie oftmals schon viele Jahre als Sozialdemokraten kannten, in die Arbeiter- und Soldatenräte. Die Begeisterung über den Sturz der alten Mächte kannte keine Grenzen und so verfing die geschickte Propaganda der MSPD, die unter der Losung für Einheit und Sicherung der erreichten Errungenschaften ihren Einfluss in der Arbeiterklasse ausweitete.

Rätekongress

Am 16. Dezember trat der Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands für acht Tage zusammen. Ebert und seine Gefolgsleute hatten eine absolute Mehrheit der Delegierten auf ihrer Seite. Von 492 Delegierten gehörten 298 zur MSPD und nur 101 zur USPD (davon bildeten zehn eine Gruppe von Spartakisten), der Rest waren Demokraten und Delegierte ohne Parteizugehörigkeit, die aber mehrheitlich mit der MSPD stimmten. Noch aufschlussreicher ist die Zusammensetzung des Kongresses nach Berufen, denn nur 179 Delegierte waren Arbeiter, Angestellte etc., 31 Unabhängige und 164 Mehrheitssozialdemokraten waren hauptamtliche Redakteure, Abgeordnete, Partei- und Gewerkschaftsangestellte und 71 Delegierte waren Intellektuelle. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg waren nicht zu Delegierten gewählt worden und der Kongress lehnte zwei Anträge ab, sie zu den Beratungen hinzu zu ziehen. Diese anti-sozialistische und gegenrevolutionäre Mehrheit der Delegierten repräsentierte jedoch nicht die Stimmung in der Arbeiterklasse.

Liebknecht führte Massendemonstrationen vor den Kongress, um die Delegierten unter Druck zu setzen. Doch auch das konnte nicht verhindern, dass sich dieses Revolutionsparlament selbst entmachtete, in dem er folgenden Antrag annahm: „Der Reichskongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands, der die gesamte politische Macht repräsentiert, überträgt bis zur anderweitigen Regelung durch die Nationalversammlung die gesetzgebende und vollziehende Gewalt dem Rat der Volksbeauftragten.“

Die tatsächliche Stimmung unter den Massen drückte sich trotzdem in anderen Beschlüssen des Kongresses aus, vor allem in einem als ‚Hamburger Antrag‘ bekannt gewordenen Beschluss zur Situation in der Armee. Dieser bekräftigte unter anderem die Kommandogewalt der Soldatenräte, die freie Wahl der Offiziere und forderte die beschleunigte Abschaffung des stehenden Heeres und die Errichtung der Volkswehr. Auch wurde ein Beschluss für den unverzüglichen Beginn der für die Sozialisierung reifen Industrien gefällt. Doch diese Beschlüsse blieben ohnmächtiges Papier und wurden niemals von der Regierung umgesetzt.

Die Armee handelt gegen die Revolution

Zehn Tage vor dem Rätekongress hatte es einen ersten Putschversuch der Konterrevolution gegeben. Die Oberste Heeresleitung hatte entsprechende Pläne mit Friedrich Ebert abgesprochen. Unter den regulären Truppen gab es noch der Obersten Heeresleitung loyale Verbände, in vielen Soldatenräten hatte die Mehrheits-SPD eine dominante Stellung. Dies änderte sich in manchen Fällen im Verlauf der Ereignisse, wie im Fall der Volksmarinedivision.

Am 6. Dezember riefen dann Reichswehr-Truppen Ebert zum Präsidenten aus – der nicht ablehnte, sondern sich Zeit zur Beratung mit seinem Kabinett erbat -, griffen eine Demonstration des Spartakusbundes an, töteten dabei 14 Demonstranten und versuchten den Vollzugsrat der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte zu verhaften. Spontaner Widerstand von Arbeitermassen vereitelte diesen ersten Putschversuch. Zwei Tage später demonstrierten 150.000 ArbeiterInnen unter Spartakus-Parolen gegen Ebert, Scheidemann und Co auf Berlins Straßen.

Zur nächsten Offensive der Konterrevolution kam es am 23. und 24. Dezember, als Reichswehrtruppen gegen die das Berliner Schloss besetzende Volksmarinedivision eingesetzt wurden und es zu heftigen Kämpfen mit 67 Todesopfern kam. Die Volksmarinedivision hatte sich im Laufe der Revolution zu einer besonders stark mit der Berliner Arbeiterklasse verbundenen Einheit entwickelt. Die Matrosen hatten sich nach dem 6. Dezember zwar wiederholt dem Rat der Volksbeauftragten verpflichtet, fügten aber einschränkend hinzu: „als der Regierung, die auf ihrem Program die sozialistische Republik stehen hat.“ Im Falle eines Auseinanderbrechens der Regierung, sollte die Marine die Unabhängigen Sozialdemokraten mit der Waffe in der Hand verteidigen. Das war für Ebert und Co eine ausreichend ernsthafte Bedrohung, um Truppen gegen die Volksmarinedivision zu senden. Doch die Matrosen gingen, nicht zuletzt aufgrund der aktiven Solidarität von Berliner ArbeiterInnen, die die Reichswehrtruppen direkt konfrontierten und sie politisch agitierten, als Sieger aus diesen Zusammenstößen hervor.

Als Reaktion auf diese Ereignisse und die Beteiligung Eberts und Scheidemanns traten die USPD-Minister aus der Regierung aus. Sie ersetzend trat unter anderem der rechte Mehrheitssozialdemokrat Gustav Noske in diese ein. Noske hatte nach dem Matrosenaufstand in Kiel den dortigen Arbeiter- und Soldatenrat unter seine Kontrolle gebracht und sollte im weiteren Verlauf der Revolution noch eine besonders unrühmliche Rolle spielen.

Gründung der KPD

Vor dem Hintergrund dieser Polarisierung zwischen einer sich radikalisierenden Berliner Arbeiterklasse und Regierung, Generalstab und Kapital auf der anderen Seite, fand vom 30.12.1918 bis zum 1.1.1919 der Kongress statt, bei dem Spartakusbund und IKD (Internationale Kommunisten Deutschlands, vormals Bremer und andere ‚Links-Radikale‘) die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gründeten. Der Spartakusbund hatte zwar politisch völlig selbständig agiert, mit der Roten Fahne ein eigenes Organ herausgebracht und keine Verantwortung für die Politik der USPD-Führung übernommen, war aber weiterhin Teil dieser Partei geblieben und nur sehr lose organisiert. Nun sahen die meisten Spartakisten, angesichts der Niederlagen beim Reichsrätekongress und des Wankelmuts der USPD, die Notwendigkeit eine eigene, straffer organisierte Partei zu bilden und den Bruch mit der USPD für alle Arbeiter sichtbar zu vollziehen.

So richtig die Gründung einer selbständigen und gut organisierten revolutionären Partei war, so schwer wog der Fehler, dass es Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in den Jahren zuvor versäumt hatten, ihre Mitstreiter einheitlich und kollektiv in einer revolutionären Organisation zusammen zu schließen. Der Spartakusbund bzw. seine Vorgängerin, die Gruppe Internationale, wurden erst nach dem Beginn des Krieges gegründet, obwohl Rosa Luxemburg früher als andere die Degeneration der SPD-Führung erkannt hatte. Unter den Kriegsbedingungen von Zensur und Repression war es ungleich schwerer eine einheitliche Kraft zu bilden, aber die Notwendigkeit einer solchen wurde auch von den Spartakus-Führern unterschätzt. Dieser Mangel an Organisation und Kollektivität führte nicht nur dazu, dass die revoltionären MarxistInnen nicht einheitlich und organisiert in die Revolution eingreifen konnten und so das Potenzial für den Ausbau ihres Einflusses in den Räten nicht ausgeschöpft wurde. Es führte auch zu einem Mangel an kollektiver politischer Diskussion und damit einem Mangel an politischer Klarheit. Erschwerend kam hinzu, dass die Delegierten des KPD-Gründungskongresses oftmals nicht die erfahrensten örtlichen Führer waren, sondern die Zusammensetzung aufgrund des Mangels an fester Organisation vor Ort zu einem gewissen Grad zufällig war. Das sollte sich nun rächen. Auf dem Kongress dominierten ultra-linke Kräfte, die voller revolutionärer Ungeduld nicht erkannten, dass nicht die Machteroberung durch die Arbeiterklasse als nächster Schritt auf der Tagesordnung stand, sondern es darum ging erst einmal die Massen für ein Programm der Arbeitermacht zu gewinnen. So wurde gegen den Willen von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Leo Jogiches und anderen Führungspersonen beschlossen, die Wahlen zur Nationalversammlung zu boykottieren. Aus der korrekten grundsätzlichen Position ‚Rätedemokratie statt bürgerlich-parlamentarischer Demokratie‘ zogen die KPD-Delegierten einen falschen taktischen Schluss. Sie unterschätzten die Illusionen, die in der Arbeiterklasse in die Nationalversammlung bestanden und verkannten die Notwendigkeit den Wahlkampf und die Tribüne des Parlaments für revolutionäre Propaganda zu nutzen. Rosa Luxemburg betonte, dass man vor einem langwierigen Kampf stehe und sagte: „Ich spreche von den gewaltigen Massen, nicht von Gruppen, die zu uns gehören. Es kommen Millionen in Betracht, Männer, Frauen, junge Leute, Soldaten. Ich frage Sie, ob Sie mit gutem Gewissen sagen können, dass diese Massen, wenn wir hier beschließen die Nationalversammlung zu boykottieren, den Wahlen den Rücken kehren werden oder, noch besser, ihre Fäuste gegen die Nationalversammlung richten werden? Das könnt Ihr nicht mit gutem Gewissen behaupten (…) In welcher Weise wollen Sie die Wahlen beeinflussen, wenn Sie von vornherein erklären, wir halten die Wahlen für null und nichtig? Wir müssen den Massen zeigen, dass es keine bessere Antwort gibt auf den gegenrevolutionären Beschluss gegen das Rätesystem, als eine gewaltige Kundgebung der Wähler zustande zu bringen, indem sie gerade die Leute wählen, die gegen die Nationalversammlung und für das Rätesystem sind.“

Mit 62 zu 23 Stimmen wurde jedoch der Boykott beschlossen. Das war ein entscheidender Grund für die revolutionären Obleute, der neuen Partei nicht beizutreten, sondern in der USPD zu bleiben. Weitere ultralinke Positionen wurden zu den Gewerkschaften eingenommen, wenn auch nicht formal beschlossen. Aber die Mehrheit der Delegierten erkannte den Zustrom von Arbeitern in die Gewerkschaften nicht und vertrat die Auffassung, dass Kommunisten nicht in den Gewerkschaften arbeiten sollten. Die KPD isolierte sich von den Massen. An den Wahlen zur Nationalversammlung nahmen 83 Prozent der Wahlberechtigten teil. 11,5 Millionen (37,9 Prozent) wählten SPD und 2,3 Millionen (7,6 Prozent) USPD. Bürgerliche Parteien stellten die Mehrheit. Das Projekt von Kapitalisten und SPD-Führeren, das kapitalistische System durch die Nationalversammlung zu retten, war erst einmal geglückt.

Januaraufstand By Alfred Grohs (Scan vom Original: Bernd Schwabe in Hannover) [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Januaraufstand

Doch noch bevor die Wahlen zur Nationalversammlung stattfanden, wurde die revolutionäre Arbeiterschaft Berlins in eine Schlacht hinein provoziert, die zu einer schweren Niederlage und einem großen Rückschlag für die Revolution führte.

Die Kräfte der Konterrevolution, unter anderem die auch von Sozialdemokraten unterstützte Anti-Bolschewistische Liga, entwickelten im Dezember und Januar eine immer aggressivere Hetze gegen den Spartakusbund. Offen wurde auf Plakaten und Flugblättern zum Mord an Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und anderen Spartakus-Führern aufgerufen.

Armeeführung und die MSPD-Regierung bereiteten sich auf einen entscheidenden Schlag gegen die Revolution vor. Dazu konnten sie die, in den Wochen zuvor gebildeten, Freiwilligenverbände (Freikorps) nutzen. Das waren Verbände, die aus den reaktionärsten Teilen der alten Armee bestanden. Nicht zufällig finden sich viele Freikorps-Mitglieder später in den Reihen von SA, SS und NSDAP wieder.

Es wurde eine Provokation organisiert, die die KPD, USPD und die revolutionären ArbeiterInnen zu Aktionen verleiten sollte, welche wiederum als Anlass zu militärischer Unterdrückung dienen sollten. Die Provokation war die Absetzung des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn, eines USPD-Manns, der 2.000 Arbeiter und Soldaten zu einer ‚linken‘ Polizeieinheit zusammen gefasst hatte. Eichhorn wurde am 3. Januar vom Innenministerium zum Rücktritt aufgefordert und weigerte sich erwartungsgemäß.

USPD, revolutionäre Obleute und KPD riefen darauf hin zu einer Demonstration zur Verteidigung Eichhorns auf. Dies sollte eine friedliche Demonstration des Willens zum Widerstand sein. Hunderttausende beteiligten sich am 5. Januar daran. Die Massen drängten zur Aktion und als ein Provokateur dazu aufrief das Gebäude der Vorwärts-Redaktion zu besetzen, folgten sie. Der Vorwärts hatte sich als Zentralorgan der SPD oftmals mit anti-revolutionären Artikeln hervor getan und war schon im Dezember für kurze Zeit von revolutionären Arbeitern besetzt worden. Die Führer der USPD, die in Berlin vom linken Flügel dominiert wurde, die revolutionären Obleute und Karl Liebknecht und Wilhelm Pieck von der KPD versammelten sich und entschieden sich dafür, den Kampf zum Sturz der Regierung aufzunehmen und bildeten einen Revolutions-Ausschuss. Das war eine folgenschwere Fehlentscheidung. Selbst wenn die Berliner Arbeiterklasse möglicherweise bereit und fähig zum Regierungssturz gewesen wäre, so galt das ganz sicher nicht für den Rest Deutschlands.

Die Situation erinnerte an die so genannten Juli-Tage in Russland 1917. Auch hier preschte das Proletariat Petrograds, die Speerspitze der revolutionären Bewegung, voller Ungeduld und revolutionärem Elan vor und versuchte die Regierung zu stürzen. Hier erkannten die Bolschewiki, dass ein solcher Schritt verfrüht gewesen wäre. Als sie die ArbeiterInnen nicht von einer bewaffneten Demonstration abhalten konnten, stellten sie sich an deren Spitze, um dafür zu sorgen, dass diese als Protestdemonstration friedlich und organisiert durchgeführt wurde. Damit gelang es ihnen, die entscheidenden Kräfte der russischen Arbeiterklasse, die Arbeiter Petrograds, nicht ins offene Messer rennen zu lassen und diese Kräfte intakt zu halten für den Moment der Machtergreifung, der im Oktober 1917 gekommen war.

Rosa Luxemburg und die Mehrheit der KPD-Führung erkannte den Fehler und unterstützte Liebknechts Handeln nicht, hielt ihn aber auch nicht davon ab, in den Revolutions-Ausschuss einzutreten und Berlins Arbeiter zum Kampf aufzurufen.

Karl Radek, der in diesen Tagen für die Bolschewiki den Kontakt zur KPD unterhielt, schrieb am 9. Januar an das Zentralkomitee der KPD: „In ihrer Programmbroschüre ‚Was will der Spartakusbund?‘ erklären Sie, die Regierung erst dann übernehmen zu wollen, wenn Sie die Mehrheit der Arbeiterklasse hinter sich haben. Dieser vollkommen richtige Standpunkt findet seine Begründung in der einfachen Tatsache, dass die Arbeiterregierung ohne Massenorganisationen des Proletariats undenkbar ist. Nun sind diese einzig in Betracht kommenden Massenorganisationen, die Arbeiterräte, fast nur nominell vorhanden. Sie haben noch keine Kämpfe geführt, die Massenkräfte auslösen könnten. Und dementsprechend hat in ihnen nicht die Partei des Kampfes die Oberhand, die Kommunistische Partei, sondern die Sozialpatrioten oder die Unabhängigen. In dieser Situation ist an die Machtergreifung des Proletariats gar nicht zu denken. Würde sie, die Regierung, durch einen Putsch in eure Hände fallen, sie würde in ein paar Tagen von der Provinz abgeschnürt und erdrosselt werden. In dieser Situation durfte die Samstag von den revolutionären Obleuten beschlossene Aktion wegen des Anschlags der sozialpatriotischen Regierung auf das Polizeipräsidium nur den Charakter einer Protestaktion tragen. Die Vorderreihe des Proletariats, erbittert durch die Politik der Regierung, missleitet durch die revolutionären Obleute, die ohne jede politische Erfahrung, nicht imstande sind, das ganze Kräfteverhältnis im ganzen Reich zu übersehen, haben in ihrem Elan die Bewegung aus einer Protestbewegung zu einem Kampf um die Gewalt ausgestaltet. Das erlaubt den Ebert und Scheidemann, der Berliner Bewegung einen Schlag zu versetzen, der die ganze Bewegung auf Monate schwächen kann.“

Radek und auch Rosa Luxemburg schlugen Schritte zum organisierten Rückzug vor und orientierten auf eine Neuwahl der Arbeiter- und Soldatenräte. Aber es war zu spät, der Kampf hatte begonnen. Der Revolutions-Ausschuss beging darauf hin den noch unverzeihlicheren Fehler, den von ihm ausgerufenen Kampf nicht entschlossen zu führen, keine der notwendigen Maßnahmen zur Erreichung des Ziels zu ergreifen und auf dem Höhepunkt der Mobilisierungen nur die Losung zu Demonstrationen auszugeben. Für zwei Tage, am 5. und 6. Januar, war die Regierung handlungsunfähig. Der 6. Januar sah einen Generalstreik und eine halbe Million ArbeiterInnen auf Berlins Straßen. Selbst Noske gab zu, dass mit einer entschlossenen Führung die Massen Berlin in ihre Hände hätten bekommen können. Aber selbst das geschah nicht. Aufgrund der Untätigkeit der USPD zogen sich Liebknecht und Pieck wieder aus dem Revolutions-Ausschuss zurück. Noch während Verhandlungen mit der Regierung stattfanden, schlug diese zu.

Noske wurde am 6. Januar zum Oberbefehlshaber ernannt. In seinen Erinnerungen schreibt er über die Beratungen der Regierung an diesem Tag: „Meiner Meinung, dass nun versucht werden müsse, mit Waffengewalt Ordnung zu schaffen, wurde nicht widersprochen. Der Kriegsminister, Oberst Reinhardt, formulierte einen Befehl, durch den die Regierung und der Zentralrat den Generalleutnant von Hoffmann, der mit einigen Formationen nicht weit von Berlin war, zum Oberbefehlshaber ernannte. Dagegen wurde eingewendet, dass die Arbeiter gegen einen General die größten Bedenken hegen würden. In ziemlicher Aufregung, denn die Zeit drängte, auf den Straßen riefen unsere Leute nach Waffen, stand man im Arbeitszimmer Eberts umher. Ich forderte, dass ein Entschluss gefasst werde. Darauf sagte jemand: ‚Dann mach du doch die Sache!‘ Worauf ich kurz entschlossen erwiderte: ‚Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!‘“

Der Bluthund führte die Freikorps gegen die kämpfenden Arbeiter in den besetzten Zeitungsredaktionen (mittlerweile waren mehrere Zeitungsgebäude besetzt worden) und schlug den Januaraufstand brutal nieder. Die Kämpfe hielten bis zum 12. Januar an. Nach offiziellen Angaben sind in diesen Tagen 156 Menschen ums Leben gekommen, tatsächlich werden es viel mehr gewesen sein. Die Freikorps wüteten mit unmenschlicher Bestialität. Im USPD-Organ ‚Freiheit‘ berichtete ein Gefangener: „Als der Gefangenentransport vor die Alexanderkaserne kam, wurden fünf davon … auf offener Straße an die Wand gestellt und von Regierungssoldaten … niedergeschossen … Die übrigen Gefangenen wurden, während sie durch das Tor in den Kasernenhof transportiert wurden, in unerhörter Weise von Regierungssoldaten, sogenannten ‚Maikäfern‘, misshandelt und mit Kolbenschlägen traktiert … Ein sechzehnjähriger Knabe, der sich unter den Gefangenen befand, natürlich Zivilist, rief auf dem Kasernenhof ‚Hoch Liebknecht‘ und erhielt … mit dem Kolben einen Schlag auf den Kopf, der ihm den Schädel spaltete.“

Die Hetze gegen die KPD erreichte neue Höhen. Im Vorwärts erschien folgendes Gedicht:

Vielhundert Tote in einer Reih –

Proletarier!

Karl, Rosa, Radek und Kumpanei

– es ist keiner dabei,

es ist keiner dabei!

Proletarier!

Am 15. Januar wurde der vielfache Aufruf zur Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknecht von Freikorps-Soldaten in die Tat umgesetzt. Die beiden wichtigsten revolutionären Führungspersönlichkeiten der deutschen Arbeiterklasse versteckten sich zwar, wollten aber nicht völlig untertauchen und die Berliner ArbeiterInnen, aus ihrer Sicht, nicht im Stich lassen. Sie wurden von Freikorps aufgespürt und ermordet.

Die Januar-Niederlage und die Ermordung von Liebknecht und Luxemburg schließen die erste Phase der deutschen Revolution der Jahre 1918 bis 1923 ab. Mit dem Verlust von Liebknecht und Luxemburg war die KPD schwer getroffen. Ihrer stärksten intellektuellen Führerin und ihres in der Arbeiterklasse angesehensten Führers beraubt, war die KPD über Jahre nicht in der Lage sich eine Massenbasis aufzubauen und unfähig die sich in den folgenden Jahren ergebenden Möglichkeiten zum Sturz der kapitalistischen Ordnung zu ergreifen.

Nach der Niederschlagung des Aufstands in Berlin, zogen die Freikorps durch Deutschland und stellten in einer Stadt nach der anderen ‚Ruhe und Ordnung‘ her und zerschlugen die revolutionären Räte, wo es sie gab. Im Mai fiel als letztes die Bayrische Räterepublik. Der dortige kommunistische Führer Eugen Leviné wird vor seiner Hinrichtung mit den heroischen Worten zitiert: „Wir Kommunisten sind nur Tote auf Urlaub. (…) Sie mögen mich töten – meine Ideen werden weiter leben!“

Die Arbeiterklasse hatte einen schweren Rückschlag erlitten, aber sie war nicht besiegt. Ende Februar führten Neuwahlen zu den Berliner Arbeiterräten zu einer deutlichen Stärkung von USPD und KPD. Hunderttausende traten in den nächsten Monaten in ganz Deutschland in die USPD ein. Streikwellen für Sozialisierung der Industrie und wirtschaftliche Forderungen der Arbeiterklasse duchzogen das Land. In Berlin kam es im am 4. März zu einem von der Vollversammlung der Arbeiterräte ausgerufenen Generalstreik für die Anerkennung der Arbeiter- und Soldatenräte, die Freilassung aller politischer Gefangenen, die Verhaftung der Mörder von Luxemburg und Liebknecht, die Auflösung der Freikorpsverbände und ähnliches. Noske ließ Berlin von 30.000 Freikorps-Söldnern besetzen und unterdrückte den bis zum 8. März dauernden Streik brutal. In diesen Tagen wurde der Nachfolger von Luxemburg und Liebknecht an der Spitze der KPD, Leo Jogiches, ermordet. Doch auch diese Rückschläge markierten keine dauerhafte Niederlage für die Arbeiterklasse. Die Konterrevolution musste, trotz aller Brutalität der Freikorps, sich eine demokratische Form geben. Die Novemberrevolution erkämpfte wichtige Errungenschaften, wie den 8-Stunden-Tag, staatliche Arbeitslosenversicherung, die Festschreibung von Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen, das freie und gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen und andere.

Weitere Gelegenheiten zur erfolgreichen Revolution sollten sich schon 1920 und 1923 entwickeln. Und so bestätigten sich Rosa Luxemburgs Worte in ihrem letzten Artikel vom 14. Januar 1918: „‘Ordnung herrscht in Berlin!‘ Ihr stumpfen Schergen! Eure ‚Ordnung‘ ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon ‚rasselnd wieder in die Höh‘ richten‘ und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!“