Südafrika: neue sozialistische Partei gegründet

Fördert sie die Einheit der Arbeiter*innenklasse?

Am 7. April 2019 begingen tausend Delegierte sowie Besucher*innen aus Argentinien, Brasilien, Marokko, Tunesien, Sambia, Namibia, Schweden, Spanien, den USA und Nepal den dreitägigen Gründungskongress der Sozialistischen Revolutionären Arbeiter*innenpartei (SRWP).

von Weizmann Hamilton, WASP (Partei der Arbeiter*innen und Sozialist*innen, CWI in Südafrika)

Die SRWP entsteht in der wohl tiefsten politischen Krise des ANC (Afrikanischer Nationalkongress) und des gesamten politischen Systems nach dem Ende der Apartheid. Zum ersten Mal seit 1994 könnte der Stimmenanteil des ANC unter fünfzig Prozent fallen, was eine Koalitionsregierung notwendig machen und einen Wendepunkt darstellen würde.

Gleichzeitig ist Südafrika auch mit der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Ende der Apartheid konfrontiert. Die Wirtschaft wächst langsamer als die Bevölkerung, Armut erfasst inzwischen 55 Prozent, die Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Millionen und die Weltbank erklärt Südafrika zur ungleichsten Gesellschaft der Welt. Das führt zu einer scharfen Polarisierung zwischen den Klassen und der Zunahme sozialer Konflikte. Die Anzahl sozialer Proteste hat neue Rekordhöhen erreicht, und die Streiks sind auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Aufzeichnung durch das Arbeitsministerium.

Die EFF (Kämpfer für wirtschaftliche Freiheit), die erste Oppositionspartei, die links vom ANC in das Parlament einziehen konnte, hat sich in der Wirtschaftspolitik stark nach rechts bewegt und ist im Korruptionssumpf versunken. In der organisierten Arbeiter*innenklasse sind sie völlig diskreditiert. Das Vakuum auf der Linken hat sich weiter vergrößert.

Die Frage ist, ob die SRWP die Arbeiter*innenklasse ideologisch, programmatisch und im Kampf über alle drei Bereiche hinweg vereinen kann: am Arbeitsplatz, in den Nachbarschaften und im Bildungsbereich. Wird sie demokratisch durch Arbeiter*innen kontrolliert und wirklich sozialistisch sein? Leider weckt der Ansatz der SRWP in diesen Fragen kein Vertrauen.

Erste Schritte zur Massenpartei

Das Massaker von Marikana 2012 (Ermordung streikender Bergarbeiter*innen durch Sicherheitskräfte) war ein Wendepunkt in der politischen Situation Südafrikas. Es führte zu Massenaustritten aus der Nationalen Bergarbeiter*innengewerkschaft, der größten Spaltung im Kongress der südafrikanischen Gewerkschaften mit dem Ausschluss von Numsa (Metallarbeiter*innengewerkschaft), die den Prozess zur Gründung einer neuen Gewerkschaftsföderation anführte.

Innerhalb eines Jahres nach der Gründung setzte die neue Südafrikanische Föderation der Gewerkschaften (Saftu) im Einklang mit ihrer Resolution zum Gründungskongress eine politische und ideologische Kommission ein, die am 21. und 22. Juli 2018 ein Gipfelkonferenz der Arbeiter*innenklasse organisierte, um einen Prozess in Richtung dem Aufbau einer Arbeiter*innenpartei einzuleiten. Über tausend Vertreter*innen von 147 Gemeinschaftsorganisationen, Saftu-Mitgliedsgewerkschaften und Studierendenverbänden beteiligten sich bei der Gipfelkonferenz und nahmen die vorgeschlagene Resolution einstimmig an.

Die Gründung der SRWP

Diese Betonung der demokratischen Kontrolle und Rechenschaftspflicht, die diese ersten Schritte zur Gründung einer Massenarbeiter*innenpartei markierte, stehen in scharfem Gegensatz zu der Art und Weise, wie die SRWP ins Leben gerufen wurde. Es ist nicht die Art Partei, die sich die Saftu-Delegierten auf der Gipfelkonferenz vorgestellt hatten.

Obwohl sie an die Beschlüsse der Gründungskonferenz von Saftu zum Aufbau einer Massenarbeiter*-innenpartei gebunden ist, hat die Numsa-Führung sich nicht daran gehalten. Sie haben nicht einmal einen offiziellen Aufruf zur Unterstützung der SRWP innerhalb von Saftu eingebracht. Stattdessen wurden die Saftu-Führungsmitglieder dazu angehalten, sich individuell anzuschließen.

Tatsächlich spricht der öffentliche Start der SRWP im April 2019 für sich. Die Delegierten wurden aus ausgewählten Numsa-Strukturen auf fraktioneller Basis handverlesen ausgewählt, unterstützt durch Lobeshymnen aus kleinen linken Gruppen und einigen selbsternannten Gemeindevertreter*innen. Obwohl es sich um einen Wahlkongress handeln sollte, wurden die Delegierten mit einer vorgefertigten Wahlliste konfrontiert, die von einer selbsternannten Bürokratie zusammengestellt worden war und der sie nur noch zustimmen sollten.

Erstaunlicherweise soll der erste stellvertretende Präsident von Numsa zur Unterstützung für die Liste aufgefordert haben mit der Begründung, die SRWP sei eine sozialistische Partei und deshalb gäbe es keine Notwendigkeit für Wahlen. Das ist Stalinismus, nicht Leninismus. In dem darauf folgenden Aufruhr protestierten mehrere Regionen und forderten die Einberufung der Unabhängigen Wahlkommission.

Wie sollen wir 2019 wählen?

WASP wird bei den anstehenden Wahlen nicht selbst antreten. Gleichzeitig sind wir gegen den Boykott von Wahlen. Das ist ist eine passive, individuelle Taktik, die keine Auswirkung darauf hat, wer das Land regiert. Für die Wahlen 2019 rufen wir zu einer kritischen Stimme für die SRWP auf, um die kapitalistischen Parteien zu schwächen, ihre Krisen zu vertiefen und ihren Untergang zu unterstützen.

Unabhängig vom Ausgang der Wahlen wird die Notwendigkeit einer Massenarbeiter*innenpartei mit einem sozialistisches Programm nach der Wahl am 8. Mai noch größer sein als davor. Auf ihrem gegenwärtigen Weg steht die SRWP der Einheit der Arbeiter*innenklasse im Weg, die wichtiger ist als die individuellen Interessen linker politischer Parteien.

Wir fordern die SRWP auf, ab dem 9. Mai den bei der Saftu-Gipfelkonferenz beschlossenen Prozess zu unterstützen und alle ihre Ressourcen und Energien in die Bildung einer föderalen Massen-arbeiter*innenpartei mit einem sozialistisches Programm zu stecken.

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