DIE LINKE in Dresden: Na denn mal weiter so!

Stadtparteitag über die Ursachen der Niederlage bei den Landtagswahlen

Am Samstag, den 14.09. trafen sich etwa 120 Mitglieder der LINKEN in der sächsischen Landeshauptstadt. Neben einer Generaldebatte über die Wahlergebnisse stand auch eine leider nur sehr kurze Beratung über die geplante Fortsetzung der Kooperation mit SPD und Grünen auf der Tagesordnung.

von Sol-Mitgliedern in Dresden

Mit Anne Holowenko und Jens Matthis eröffnete die Doppelspitze des Kreisverbandes im Plenarsaal des Dresdner Rathauses die Diskussion. Dabei forderte Matthis die längst nötige Besinnung auf „den Kern unserer Programmatik“. Der bestünde, so Matthis, in der „Infragestellung der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise“. Gesellschaftlich fände DIE LINKE „mehr als genug“ Anknüpfungspunkte für ihre Ideen. Immerhin sei der Neoliberalismus dabei gescheitert die Gesundheitsvorsorge und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Der Kapitalismus sei weder in der Lage den öffentlichen Verkehr zu organisieren, noch das Klima zu retten. „In allen Lebensbereichen werden nichtkapitalistische Lösungsansätze dringend gebraucht“, so Matthis vor den Genossinnen und Genossen.

Immer wieder forderten Mitglieder, man müsse dringend die Wahrnehmung der LINKEN in außerparlamentarischen Bewegungen stärken. Man solle in Vereinen, Verbänden, in den Wohngebieten und bei „Fridays for Future“ präsent sein. Dorit Hollasky, Sprecherin der ver.di-Betriebsgruppe im Städtischen Klinikum und aktiv bei Sol, forderte von den Mitgliedern der Partei endlich auch gewerkschaftlich aktiv zu werden. Das hieße vor allem praktische Arbeit zu machen und wenn nötig gewerkschaftliche Betriebsgruppen selbst ins Leben zu rufen. Bislang üben sich weite Teile des Kreisverbandes in gewerkschaftspolitischer Abstinenz.

Uwe Schaarschmidt vom Stadtvorstand bemängelte in seinem Beitrag, dass die gesellschaftliche Linke nicht mehr als „Festung gegen soziale Angriffe“, dafür aber als Nische ihres Spitzenpersonals wahrgenommen werde.

Steve Hollasky, ebenfalls aktiv bei Sol, erklärte, die LINKE müsse den „Klassenkampf von unten“ organisieren. Und das hieße, sie müsse Angebote für jene schaffen, die noch immer montags gegen PEGIDA kämpfen, für die Aktiven, die sich gegen Mietenwahnsinn zur Wehr setzen und all jene, die unter den Auswirkungen des Kapitalismus zu leiden haben. Dieser Schritt sei insofern wichtig, weil AfD und CDU unter anderem mit ihren Forderungen nach „Sonderwirtschaftszonen“ nach chinesischem Vorbild, in denen „die Rechte der Lohnabhängigen geschliffen“ würden, den „Klassenkampf von oben“ organisieren würden.

Das ginge jedoch nur dann, wenn DIE LINKE endlich Schluss machen würde „mit dem Kuschelkurs mit prokapitalistischen Parteien“, wie SPD und Grüne und rangehen würde an die Kämpfe der lohnabhängig Beschäftigten.

Andre Schollbach, Vorsitzender der bei den Kommunalwahlen im Mai geschrumpften Stadtratsfraktion und ehemaliges Mitglied des Landtages, entschuldigte sich bei den Anwesenden dafür, dass er kein weiteres Landtagsmandat geholt habe. Er wolle aber keine „Durchhalteparolen“ hören und auch keine Ratschläge, wohin sich die Partei bewegen solle. Dass Schollbach gleichzeitig selbst eine Agenda für seine Partei im Kopf hat, zeigte sein positiver Bezug auf die Regierungsbeteiligungen in Thüringen und Bremen.

Auch Tilo Kießling vom Stadtvorstand, der als Vorsitzender des Kreisverbandes vor einigen Jahren zurückgetreten war, forderte personelle Konsequenzen. Der LINKEN ein antikapitalistisches Auftreten zu verpassen könnte, so Kießling, auch Probleme mit sich bringen. Schließlich könnte es ja sein, dass die AfD auf das gleiche Pferd setzen würde. „Das ist bei Faschisten ja nichts Ungewöhnliches.“ Dabei klammerte Kießling aus, dass der angebliche Antikapitalismus rechter Kräfte bestenfalls propagandistische Züge trägt. Mit dem Kapital haben sich Rechte noch nie angelegt. Dafür trägt ihr Rassismus künstliche Spaltungslinien in die Klasse der Lohnabhängigen und schwächt sie daher.

Dass der Kreisverband trotz aller Debatten an diesem Tag fürs Erste wohl auf „Weiter so“ setzt, zeigt auch die nur kurze Debatte über die angestrebte Fortsetzung der Kooperation zwischen SPD, Grünen und LINKEN im Dresdner Stadtrat. Zusammen mit drei fraktionslosen Abgeordneten haben diese Parteien die Mehrheit im Parlament der Landeshauptstadt. Im Oktober solle das Kooperationsabkommen unterschriftsreif sein. Lediglich die Mitglieder von Sol und einige wenige Andere traten gegen die Fortsetzung der Kooperation auf. Man koaliere auf Stadtebene mit Parteien, die auf Landesebene mit der CDU zusammen in den nächsten Jahren Angriffe auf soziale Standards fahren würden, so die Darstellung der Sol-Mitglieder.

Zudem sei der große Wurf, der Angriff auf das kapitalistische Eigentum, in dieser Konstellation unmöglich. Man müsse die Rekommunalisierung der privatisierten Wohnungen durchsetzen und das ginge nur mit Druck von unten.

Ein Antrag von Sol-Mitgliedern für eine Kampagne gegen Mietenwahnsinn und zur Rekommunalisierung von Wohnungen wurde mit einem sehr knappen Ergebnis auf November vertagt. Damit hat sich der Parteitag zunächst dafür entschieden die bisherige Politik der Dresdner LINKEN fortzusetzen. Dennoch war auf dem Stadtparteitag weit mehr Unzufriedenheit mit dem Kurs der LINKEN spürbar als bisher. Ob das allein allerdings reichen wird, muss bezweifelt werden.

Wenn DIE LINKE weiterhin vorrangig parlamentarisch denkt und agiert; wenn sie weiter mit vermeintlich linken Parteien, die Kürzungen sozialer Leistungen mittragen und Abschiebungen vornehmen, koaliert; wenn sie weiter „demokratischen Sozialismus“ nur auf Plakate schreibt und den Begriff nicht mit Leben erfüllt; wenn sie nicht das kapitalistische Eigentum aktiv infragestellt und die Lohnabhängigen nicht organisiert, droht ihr der Weg in die Bedeutungslosigkeit.

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