Verursacher müssen bezahlen – nicht Verbraucher*innen
Durch die von der Bundesregierung beschlossene CO2-Bepreisung soll das Individuum zum sparsamen Umgang mit Heizöl, Gas, Kohle, Benzin, Diesel gebracht werden. In Wirklichkeit werden wir für eine Alibiveranstaltung des umweltschädlichen Profitsystems abgezockt.
von Alexander Brandner, Stuttgart
Angesichts des oft miserablen öffentlichen Personenverkehrs sind viele Berufstätige weiter auf ein Auto angewiesen. Dazu kommt, dass durch größere Entfernungen zwischen Wohnen einerseits und Arbeiten und Einkaufen andererseits die Wege zugenommen haben und bei einem schlechten öffentlichen Nahverkehr der Zwang zum Autofahren bei vielen zugenommen hat. Da die Erhöhung der Pendlerpauschale nicht für den Ausgleich des CO2-Preises von drei Cent pro Liter ab 2021 und 15 Cent im Jahr 2026 ausreicht, bezahlen Autofahrer*innen drauf. Mieter*innen sind den Heizungen ausgesetzt, die die Hausverwaltung installiert hat. Entweder sie bezahlen künftig bei Heizungen mit fossilen Energien CO2-Steuer, oder, wenn die Ölheizung durch eine andere ersetzt wird, durch den Modernisierungsaufschlag eine höhere Miete. Die Vermieter erhalten zusätzlich vierzig Prozent der Investitionskosten als staatlichen Zuschuss und können ihre Steuerschuld in drei Jahren um zwanzig Prozent kürzen. Auch hier geht es offensichtlich vorrangig darum, die Profite der Immobilienbesitzenden und Hersteller von Heizungsanlagen zu bedienen. Wodurch werden diese Heizanlagen ersetzt? Dafür gibt es keine Vorgaben. Werden alle 5,8 Millionen Ölheizungen durch Gasheizungen ersetzt, sinkt die CO2-Emmission bei Gebäuden um sieben bis zehn Prozent. Das Abwracken noch gut funktionierender Heizung ist nicht gerade ökologisch. Eine Ergänzung von Ölheizungen mit Wärmepumpen wäre eine ökologische Alternative. Aber den Zuschuss aus dem Klimapaket gibt es nur für das Abwracken alter und den Einbau neuer Heizungen.
Ökosteuern sind Ökobetrug
Die CO2-Steuer ist nicht die erste Ökosteuer, die vorgibt, etwas zu sein, das sie faktisch nicht ist. Bereits 1999 wurde von der SPD-Grüne-Regierung neue Ökosteuern eingeführt. Eine auf Sprit und eine auf nicht erneuerbaren Strom. Industriebetriebe wurden davon mit der Begründung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit befreit. Die Steigerung des Benzinpreises sollte angeblich dazu führen, dass die Menschen weniger mit dem Auto fahren. Gleichzeitig sollte mit der Ökosteuer die gesetzliche Rente mitfinanziert werden. Der Effekt war das genaue Gegenteil: Es gibt mehr Autos und trotzdem mehr Altersarmut denn je. Der PKW-Bestand ist in Deutschland von 1999 bis heute von 49 Millionen auf 54 Millionen gestiegen, darunter fast eine Million CO2-intensive SUVs. Der LKW-Bestand hat von 1999 bis heute von 2,4 Millionen auf 2,8 Millionen zugenommen. Der CO2-Ausstoß durch den Verkehr ist nicht zurückgegangen, sondern gestiegen.
CO2-Steuern international
In Finnland, Frankreich und anderen Ländern, in denen es bereits seit Jahren eine CO2-Steuer gibt, zeigt sich dass der CO2-Ausstoß nicht zurückgeht. In Schweden ist der CO2-Rückgang nicht auf die CO2-Steuer zurückzuführen, sondern auf einen höheren Anteil an Atomstrom. Bereits der 2005 von der EU eingeführte Emissionshandel mit CO2 ist total gescheitert. Die CO2-Bepreisung der Bundesregierung ist genauso wenig ein Beitrag zum Klimaschutz.
Die Absicht der Merkel-Regierung eine Tonne CO2 ab 2021 mit zehn Euro und dann stufenweise bis 2025 mit 35 Euro zu versteuern, wird von vielen Kräften der Umweltbewegung und den Grünen als zu niedrig betrachtet. So erklärt Fridays for Future: „Der Preis für den Ausstoß von Treibausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180€ pro Tonne CO2.“ Die Zahl von 180 Euro Schaden pro Tonne CO2 mag stimmen. Aber diese Kosten dürfen nicht denjenigen aufgedrückt werden, die nicht darüber entscheiden, wie Energie produziert, wie der Verkehr organisiert und welche Heizsysteme in Wohnungen eingebaut werden.
Gegen Massensteuern!
Die Verbraucher*innen haben diese Kosten nicht verursacht. Sie sind das letzte Glied in nicht von ihnen bestimmten Verhältnissen. Laut dem CDP Carbon Major Report von 2017 sind die Verursacher von CO2 jedoch zum größten Teil die Industrie. Öl- und Kohleindustrie machen die Hauptsache der Verschmutzung aus. Weiter sind Massentierhaltung und die Rodung des (Regen-)Waldes für landwirtschaftliche Monokulturen mit dafür verantwortlich. Seit 1988 sind einhundert Konzerne für siebzig Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Umweltbewegung, Gewerkschaften und DIE LINKE sollten sich klar und deutlich gegen die CO2-Bepreisung aussprechen, wenn über eine „Verkehrsumlage“ als zusätzliche Massensteuer die Hauptverantwortlichen wiederum geschont werden. Das macht das Beispiel der bereits durch den Dieselbetrug enteigneten Dieselbesitzer*innen deutlich. Diese finanzieren bisher de facto die staatlichen Subventionen für die Umstellung auf E-Autos, die dann mit Strom aus Braunkohle fahren und als Null-Emissions-Auto eingestuft werden. Und wer sich in den nächsten Jahren kein E-Auto kauft und immer noch einen Verbrenner fährt, der muss dann durch die ständige Erhöhung der CO2-Steuer richtig bluten. Das ist der helle Wahnsinn. Er hat System und heißt Kapitalismus. Nicht das Konsumverhalten der Einzelnen ist verantwortlich für die Klimakatastrophe, sondern die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, in der Konzerne Wirtschaft und Politik diktieren und auf fossile Energie- und Ressourcenverschwendung nicht verzichten können.