Selbstbestimmung für Kurd*innen nur auf sozialistischem Weg möglich
Der vom türkischen Präsidenten Erdoğan gestartete Einmarsch der türkischen Armee in den von Kurdinnen verwalteten Gebieten Nordsyriens ist ein Überfall auf das kurdische Volk. Damit versucht er einerseits von seinen wachsenden innenpolitischen Problemen abzulenken und gleichzeitig verfolgt er das strategische Ziel, die kurdische Bewegung für nationale Selbstbestimmung zu zerschlagen. Sein Plan, Millionen syrisch-arabische Geflüchtete, die sich zur Zeit in der Türkei aufhalten, in den kurdischen Gebieten anzusiedeln, ist ein Rezept für ethnische Spannungen, Bürgerkrieg und ein Wiedererstarken rechts-islamistischer Kräfte nach der militärischen Niederlage des Islamischen Staats in Syrien.
Deshalb: Nein zur Invasion der türkischen Armee in Nordsyrien!
Gleichzeitig hatte der US-Präsident Trump den Rückzug der US-Truppen aus der Region angekündigt und damit Erdoğan grünes Licht für einen Überfall auf die Kurdinnen gegeben. Dies geschieht nachdem die kurdischen Militäreinheiten der YPG im Kampf gegen den IS ein Bündnis mit den US-Streitkräften eingegangen waren. Nun lässt Trump seine vormaligen Verbündeten im Stich – etwas wovor wir in den letzten Jahren oftmals gewarnt haben. Dass nun Teile des US-Establishments Trump deswegen kritisieren ist nicht Ausdruck ihrer Verlässlichkeit oder einer grundlegend anderen Haltung, sondern der innenpolitischen Auseinandersetzungen in den USA.
Deshalb: Die Kurdinnen und Kurden können sich im Kampf für ihre nationalen Rechte nicht auf imperialistische Mächte verlassen und Bündnisse mit diesen werden sich rächen.
Aber auch die Bundesregierung ist Komplizin Erdoğans. Das türkische Militär ist auch mit Waffen und Technologie deutscher Konzerne ausgerüstet. Bundeswehrsoldaten sind auf dem in Jordanien gelegen NATO-Stützpunkt bei al-Azraq stationiert und man muss davon ausgehen, dass ihre bei den Tornado-Aufklärungsflügen gewonnenen Erkenntnisse gehen auch an den NATO-Partner Türkei, die dieser dann bei seinem Vorgehen gegen die Kurdinnen verwenden kann. Gleichzeitig werden kurdische Aktivistinnen in Deutschland weiterhin kriminalisiert, ist die PKK verboten und kurdische Symbole dürfen nicht gezeigt werden. Damit muss Schluss sein!
Deshalb fordern wir den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Jordanien wie auch von allen Auslandseinsätzen, sowie die Aufhebung des PKK-Verbots und der Repression gegen Kurd*innen in der Bundesrepublik.
Vor diesem Hintergrund ist es auch die Aufgabe der Partei DIE LINKE und von Gewerkschaften in der Bundesrepublik, klare Stellung gegen die Kriegspläne Erdoğans und die Komplizenschaft der Bundesregierung zu beziehen.
Deshalb: Für die Organisierung von Protesten und Demonstrationen in Solidarität mit den Kurd*innen durch LINKE, Gewerkschaften und Antikriegsbewegung in Deutschland!
Die kurdische Autonomiebewegung in Rojava hat in den letzten Jahren viele Sympathien in der internationalen Linken und Arbeiterinnenbewegung gewonnen. Sie hat heldenhaft gegen die Verbrecherbanden des Islamischen Staates gekämpft, die Jesidinnen verteidigt und sich für demokratische Rechte, Frauenbefreiung und gegen ethnische und nationale Spaltung und Diskriminierung eingesetzt. Viele sprachen von einer Revolution in Rojava, manche Linke verglichen die Entwicklungen mit dem Spanischen Bürgerkrieg.
Rojava war ein Licht in der Dunkelheit des Mittleren Ostens, der von Bürgerkriegen, dem Vormarsch des rechten politischen Islam und der Dominanz reaktionärer Kräfte geprägt war. Wir als revolutionäre Sozialistinnen haben die Kurdinnen gegen die Angriffe des IS und anderer reaktionärer Feinde verteidigt, aber auch darauf hingewiesen, dass die dominierenden politischen Kräfte der kurdischen Bewegung – PYD, YPG und letztlich die PKK – kein Programm und keine Strategie anbieten, die zu einer erfolgreichen nationalen und sozialen Befreiung für die kurdischen Arbeiter*innen und Bauern/Bäuerinnen führen werden.
Statt die politische und militärische Macht in Rojava zu nutzen, um mit den Grundübeln von kapitalistischem Privateigentum und Großgrundbesitz Schluss zu machen, wurde dies nicht angetastet. Gleichzeitig wurde ein Militärbündnis mit den US-Streitkräften eingegangen und sprachen PYD Führer von gemeinsamen demokratischen Zielen mit den USA. Militärische Aktionen wurden nicht auf die Verteidigung der kurdischen Gebiete beschränkt, sondern auch arabisch bewohnte Gebiete, wie die Stadt Raqqa, eingenommen. Das muss in der arabischen Bevölkerung Nordsyriens zu Fragen und Zweifeln zum Charakter und den Zielen der YPG geführt haben und hat der kurdischen Bewegung politisch geschadet. Es darf keinen Zweifel darüber geben, dass in den von den Kurdinnen selbstverwalteten Gebieten die kulturellen und religiösen Rechte von Minderheiten gewahrt werden, es keine Diskriminierung und ethnisch motivierte Politik geben darf. Ziel muss die Einheit der Arbeiterinnenklasse und Unterdrückten unabhängig von Nationalität und Religionszugehörigkeit sein.
Daraus – und aus dem Vorgehen der USA – müssen nun die Lehren gezogen werden. Um eine Alternative zu rechtem politischen Islam, Diktaturen, imperialistischer Dominanz zu entwickeln, ist der Aufbau einer unabhängigen, multi-ethnischen und konfessionsübergreifenden, sozialistischen Arbeiterinnenbewegung nötig. Die aktuelle Massenbewegung im Irak, die Proteste in Ägypten, die Streiks in Jordanien zeigen, dass die soziale Frage wieder in den Vordergrund rücken kann. Das bietet die Chance für die Entwicklung eines Klassenkampfs von unten. Dazu sind der Aufbau von Gewerkschaften und sozialistischen Arbeiterinnenparteien nötig. Der Kampf für nationale Befreiung und kulturelle Rechte muss verbunden werden mit dem Kampf gegen Ausbeutung und für soziale Befreiung. Das ist im Rahmen der kapitalistischen Verhältnisse in einer vom Imperialismus dominierten Welt unmöglich. Jeder Versuch mit den regionalen korrupten Eliten einen Weg zu wirklicher nationaler Selbstbestimmung zu finden, ist zum Scheitern verurteilt. Jede Hoffnung, die USA oder andere imperialistische Mächte, wie Russland, könnten im Interesse der Unterdrückten handeln, ebenfalls. Es gibt keine Alternative zum Kampf für eine sozialistische Veränderung. Und nur der Kampf für eine sozialistische Alternative kann die Arbeiter*innen und Unterdrückten des Nahen und Mittleren Ostens unabhängig von Nationalität und Religionszugehörigkeit vereinen.