Corona-Virus: die Angst geht um

Foto: China News Service/中国新闻网 (Creative Commons Attribution 3.0 Unported)

Über die Schwächen eines weltweiten profitorientierten Systems im Umgang mit Epidemien und wie es besseren Schutz geben könnte

„Was ist, wenn der Corona-Virus hier auch herkommt und mich erwischt?“ Diese bange Frage stellen sich gerade vom Kindergartenkind bis zur Rentnerin Millionen Menschen angesichts des sich ausdehnenden Virus und der massiven Medienberichterstattung darüber.

Von Angelika Teweleit, Berlin

Es ist das dritte Mal, innerhalb der letzte zwanzig Jahre, dass ein Virus von einem Tier auf einen Menschen übergeht und es reiht sich ein in eine ganze Reihe von Viruserkrankungen, die sich weltweit ausbreiten. Bisher sind weltweit mehr als 2800 Menschen – vor allem Alte und solche mit Vorerkrankungen – an den Folgen der Infektion gestorben, wobei nicht klar einzuschätzen ist, wie hoch die Zahl der Infizierten tatsächlich ist. Klar ist dennoch leider, je mehr Infizierte, umso mehr Tote, auch wenn die Rate eines tödlichen Verlaufs wahrscheinlich zwischen 0,5 und 2,7 Prozent beträgt. Die drohende oder bereits begonnene Pandemie (eine Pandemie bezeichnet eine weltweite Epidemie) hat massive Auswirkungen auf das gesamte öffentliche Leben wie auch die Wirtschaft. Das Sars-Virus hatte damals zu weltweiten Verlusten von vierzig bis fünfzig Milliarden US-Dollar geführt. Schon jetzt sind in Reaktion auf die Nachrichten des neuerlichen Anstiegs weltweiter Infizierung mit dem Viurs die Aktienmärkte eingebrochen. An einem Tag allein wurden Aktienwerte in Höhe von circa zwei Billionen US Dollar gemeldet.

Suche nach Impfstoff

Sicherlich laufen die Anstrengungen in verschiedenen Laboren gerade auf Hochtouren, um einen Impfstoff gegen das neuartige Virus zu finden. Jeder Pharmakonzern will der erste sein, denn damit ließen sich riesige Profite einfahren. Allerdings wäre es falsch, daraus zu schlussfolgern, dass das Konkurrenzprinzip hier von Vorteil ist. Erstens werden aufgrunddessen alle Erkenntnisse, die dabei helfen könnten, geheim gehalten, anstatt gemeinsam und durch Austausch relevanter Informationen zu einer Lösung zu kommen. Zweitens ist es versäumt worden, an der Erforschung eines Impfstoffs gegen den verwandten Sars-Virus weiter zu kommen. Der Grund ist, dass die Infektionen mit diesem Virus damals aufhörten. Die Forschung daran lohnte sich nicht mehr. Drittens müsste, wenn ein Impfstoff gefunden wird, die Versorgung damit schnell, planmäßig und nach Bedarf vonstatten gehen und nicht da, wo ein Konzern die beste Rendite einfahren kann.

Verstaatlichung der Pharmaindustrie

Daraus leitet sich ab, dass die Pharmaindustrie verstaatlicht gehört. Auch die Forschung an Universitäten wäre dann nicht mehr unter dem Einfluss der Pharmalobby, sondern könnte rein nach medizinischen Erfordernissen ausgerichtet werden. Forschung nach neuen Medikamenten, deren Produktion und Verteilung müssen demokratisch kontrolliert und organisiert werden, zum Beispiel aus demokratisch gewählten Gremien von Mediziner*innen, Forscher*innen, Patient*innenvertretungen, Gewerkschaften. Dann könnten Impfstoffe und Medikamente endlich nach den Erfordernissen der Gesellschaft, der Patient*innen und des Erhalts der Gesundheit produziert werden.

Krankenhäuser – es fehlt am Personal

Gesundheitsminister Spahn und der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft versichern, man sei bestens vorbereitet. Vor dem Hintergrund des eklatanten Personalmangels, über den seit Jahren diskutiert wird, ohne dass die Situation sich real verändert hat, klingt das wie Hohn. Auch an der Berliner Charité, der größten Uniklinik Europas, an der die Beschäftigten vor fünf Jahren mit der Forderung nach mehr Personal den ersten zehntägigen Streik organisierten, berichten Krankenpfleger*innen nach wie vor von unhaltbaren Zuständen. Schon jetzt klagt das Personal allerorten darüber, dass nicht mal die vorgeschriebene Zeit für Händedesinfektion eingehalten werden kann. Dazu kommt, dass die so genannten Facility Dienste, also auch die Reinigung, oft von privaten, profitorientierten Konzernen übernommen wird. Das führt dazu, dass die Beschäftigten, die meist sehr schlecht bezahlt werden, zu wenig Zeit für die Reinigung der Zimmer haben, was schon im Normalfall dazu beiträgt, dass Menschen mit geschwächtem Immunsystem sich gerade im Krankenhaus vermeidbare Infektion zuziehen.

Private raus aus den Krankenhäusern

Die Auswirkungen einer Epidemie, die jederzeit möglich ist, macht deutlich, wie nötig es ist, das gesamte Gesundheitssystem zu revolutionieren. Alle privaten Profiteure und Unternehmen müssen raus aus dem Gesundheitswesen. Auch die profitorientierten Fallpauschalen, die dafür gesorgt haben, dass ein massiver Personalnotstand in den Kliniken entstanden ist, müssen komplett abgeschafft werden. Stattdessen braucht es massive Investitionen in ein Netz öffentlicher Krankenhäuser und einen gezielten Personalaufbau. Auch das gelingt am besten, wenn es unter demokratischen Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung, insbesondere der in den Krankenhäusern Beschäftigten, Patient*innenvertretungen, Gewerkschaften geschieht.

Überlastete Arztpraxen

Aber nicht nur in den Krankenhäusern gibt es Überlastung. Auch die Praxen von Allgemein- und Kinderärzt*innen sind in der Grippesaison Januar/Februar ohnehin extrem ausgelastet. Auch hier wird der permanente Personalmangel dadurch nur noch schlimmer, wenn auch der Krankenstand unter den Mitarbeiter*innen steigt. Ein bayrischer Kinderarzt äußerte in der SZ online am 27.2. „Wir niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte, die Klinikambulanzen und Bereitschaftspraxen können den Ansturm so schon kaum bewältigen. Eine zusätzliche Coronavirus-Welle könnten wir meiner Meinung nach in keinster Weise auffangen.“ Dieser Arzt appelliert an die Eltern, mit ihren hustenden Kindern zu Hause zu bleiben, weil es die Risiken eher erhöht. Das mag fachlich richtig sein. Andererseits ist klar, dass in der jetzigen Situation, in der auch durch die Medienberichterstattung zusätzlich eine Panik entsteht, sich wenige Menschen daran halten werden.

Mangel an Schutzkleidung

Gerade das Personal in den Arztpraxen und Kliniken sowie Ärzt*innen sind gefährdet, sich anzustecken oder das Virus weiterzugeben. Hier müsste bei einer wirklichen Gefährdung Schutzkleidung bereit gestellt werden. Es gibt aber derzeit einen Lieferengpass und laut dem oben zitierten Arzt kostet eine Schutzbekleidung, die tatsächlich etwas bewirken kann, pro Person pro Tag 100 bis 200 Euro, was die meisten kleineren Arztpraxen sicher nicht ausgeben können.

Sozialistische Demokratie

Insgesamt macht die Situation deutlich, dass die Menschheit zwar einen Stand der Technik erreicht hat, mit dem es möglich ist, eine große Zahl von Krankheiten zu besiegen und viele Dinge zu erforschen. Andererseits ist das derzeitige Gesellschaftssystem, der Kapitalismus, ein völlig chaotisches System, welches den Umgang mit Katastrophen, Viren und Epidemien enorm erschwert. Neue Viren und Katastrophen wie durch die Klimaveränderung werden eher zunehmen als abnehmen. Um die Menschen wirklich zu schützen, muss es ein Ende des profitorientierten Systems geben, in der die Profite einiger großer Konzerne die Triebfeder für alle politischen Entscheidungen sind. In einer sozialistischen Demokratie, in der stattdessen auf der Grundlage von Gemeineigentum an Produktionsmitteln in allen Bereichen, demokratisch organisiert wird, ist es möglich die Interessen der Masse der Bevölkerung an erste Stelle zu setzen und somit auch in Krisensituationen besonnen, geplant und effektiv zu reagieren und die negativen Folgen auf ein Minimum zu begrenzen.

Einige Forderungen aus dem Programm der Sol für ein bedarfsgerechtes Gesundheitswesen:

  • Sofortige und nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern durch die Schaffung von mindestens den fehlenden 162.000 Stellen bundesweit und ein massives staatliches Investitionsprogramm zur Sanierung von Krankenhäusern. Deutliche Lohnerhöhungen für Krankenpfleger*innen!
  • Für eine bedarfsgerechte gesetzliche Personalbemesssung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
  • Wettbewerbs- und Profitprinzip haben in Krankenhäusern und im Gesundheitswesen nichts zu suchen. Weg mit den Fallpauschalen. Rücknahme aller Medikamentenzuzahlungen – alle sinnvollen medizinischen und gesundheitsfördernden Maßnahmen müssen von den Krankenkassen übernommen werden.
  • Für den Aufbau kommunaler Gesundheitszentren in Städten und im ländlichen Raum
  • Keine Privatisierung. Rekommunalisierung privatisierter Häuser und Wiedereingliederung ausgegliederter Betriebsteile. Überführung privater Klinik-, Pflege- und Pharmakonzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten und Patient*innen.
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