„Die Kolleg*innen haben Ketchup im Blut“

Warnstreik der McDonalds-Beschäftigten der Berliner Clayallee

Um 12 Uhr versammelten sich an diesem Mittwoch Kolleg*innen an der Berliner Clayallee vor der dortigen Filiale des US-Milliardenkonzerns McDonald‘s. Ihr Warnstreik fand im Rahmen der Tarifauseinandersetzung in der Systemgastronomie statt.

von Tom Hoffmann, Berlin

Zur Uhrzeit passt die Forderung der Beschäftigten: 12 Euro wollen sie als Mindestlohn für alle circa 120.000 Kolleg*innen in der Branche. Dabei stellen sie sich auf eine harte Auseinandersetzung ein. Denn die Angebote des Bundesverbands der Systemgastronomie aus den bisher zwei Verhandlungsterminen sind gleichzeitig eine Frechheit und eine Ansage. 13 Cent über dem gesetzlichen Mindestlohn reichen nach Meinung der Chefs für die Einstiegslöhne. Dabei hat allein Marktführer McDonald‘s in Deutschland den Umsatz in den letzten Jahren auf Rekordsummen steigern können (3,5 Milliarden Euro in 2018).

Geschäftsmodell: Armutslohn“

„Die paar Cent sind ein Witz, wir wollen 12 Euro!“, sagt auch Walid. Er arbeitet seit über dreißig Jahren in der Filiale. Seit dem übernehmen die Beschäftigten auch mehr Aufgaben, wie er berichtet. Es gibt mehr Stationen, mittlerweile gehört auch das Bedienen als Service zu den Aufgaben. Mehr Kolleg*innen bleiben wie Walid heutzutage über einen längeren Zeitraum in der Systemgastronomie beschäftigt. Die mickrigen Löhne bedeuten bei ihnen später Rentenbelege, von denen man nicht leben kann. Darauf weist auch Funda Römer hin, zuständige Gewerkschaftssekretärin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Berlin. Neben einem Mindestlohn von 12 Euro geht es auch um Respekt vor dem Beruf und die Arbeitsbedingungen: „Die Arbeitgeberverbände sagen: ‚Naja, hättest du mal was besseres gelernt, müsstest du nicht bei McDonald‘s arbeiten‘. Aber die Kolleg*innen haben Ketchup im Blut und machen ihren Beruf gerne.“ Das Angebot der Unternehmer nennt sie „beschämend und respektlos.“ „Die Kolleg*innen machen bis zu 140 Burger in der Stunde. Das ist Knochenarbeit. Gearbeitet wird an Feiertagen, nachts und im Schichtsystem – das muss ein Ende haben.“ 70 Cent Lohnerhöhung für drei Jahre hat für sie einen Namen: „Geschäftsmodell: Armutslohn“.

Solidarität nötig

Wo mit solchen harten Bandagen gekämpft wird, brauchen die Kolleg*innen jede Unterstützung aus der Arbeiterbewegung. Mitglieder der Sol waren ebenso wie Vertreter*innen des LINKE-Studierendenverbandes SDS vor Ort und sprachen ihre Solidarität und Unterstützung aus. Alexandra Arnsburg verlas die Solidaritätserklärung der Berliner Sol (unten dokumentiert).

Auch in anderen Städten finden Aktionen statt. In Dortmund beteiligten sich LINKE, Linksjugend [‘solid] und Mitglieder der Sol ebenfalls an Protesten. Mehr Gelegenheiten dafür wird es auch in den kommenden Wochen geben. Bundesweit sind Warnstreiks und Aktionen geplant. Solidarität sollten dabei auch die anderen Gewerkschaften des DGB organisieren. Auf der Website der NGG und auf Facebook unter „Fast Food Workers United“ findet man zudem Informationen zur aktuellen Auseinandersetzung und anstehenden Terminen. Am 13. und 14. Februar finden die nächsten Verhandlungen in Stuttgart statt. Funda Römer zieht eine klare Linie: „Wir sagen mindestens 12 Euro und die wollen wir auch haben. Ansonsten können wir streiken und das werden wir dann auch tun.“

Schluss mit der Ausbeutung mit System!

Solidaritätserklärung der Sol – Sozialistische Organisation Solidarität Berlin

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir erklären unsere volle Unterstützung und Solidarität mit Eurem Kampf für einen 12 Euro Mindestlohn in der Systemgastronomie.

Eure Unternehmen fahren seit Jahren Milliardengewinne ein – auf Eure Kosten! Für die meisten von Euch bedeuten die niedrigen Löhne, dass noch durch Sozialleistungen aufgestockt werden muss. Gewinne werden hier privatisiert und Eure Verluste verstaatlicht.

Ihr arbeitet in Schicht, am Tag und in der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen, in Befristung und oft unter Dauerstress und Verletzungsgefahr. Oft sind es die, die selbst rund um die Uhr zu geringen Löhnen arbeiten müssen, die auf die Versorgung durch Euch angewiesen sind. Die ablehnende Haltung der Unternehmer ist eine Frechheit! Eure Antwort ist die einzig richtige: Streik! Ihr seid es, die die Gewinne erwirtschaften.

Für Euren Kampf wünschen wir Euch weiterhin viel Kraft, Mut und einen langen Atem! Euer Kampf für einen 12 Euro Mindestlohn ist ein Beispiel für viele andere Beschäftigte in prekären Verhältnissen und mit Niedriglöhnen und sollte deshalb von allen Gewerkschaften aktiv unterstützt werden.

Darüber hinaus sind wir der Meinung: Es gibt genug Arbeit und Ressourcen für alle, sie muss nur gerecht verteilt werden! Billigjobs müssen in Vollzeitjobs mit guter tariflicher Bezahlung und Absicherung umgewandelt werden, die Arbeitzeit auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich reduziert werden. Arbeit und die Arbeitsverhältnisse müssen nach den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt ausgerichtet werden. Die Voraussetzung dafür ist die Überwindung dieser profitorientierten Wirtschaft, des Kapitalismus und die Schaffung einer Gesellschaft mit einer geplanten Wirtschaft ohne Privateigentum an Produktionsmitteln, Profitinteressen und Ausbeutung.

Mit solidarischen Grüßen

Sol Berlin

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