Oscar für „Parasite“ von Bong Joon-ho

Foto: Kinocine PARKJEAHWAN4wiki (Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Erstmals gewinnt ein nicht-englischsprachiger Film die Trophäe

Was symbolisiert der Stein? Vorschläge bitte an die Redaktion! Parasite
ist ein übervoller Orkan an Anspielungen, Metaphern und Symbolen. Die
Handlung ist wendungsreich und die Darsteller spielen großartig.

von Johannes Bauer, Köln

Man wird hineingezogen in die Armut und Not der Familie Kim, die hier nicht existenziell und bitter, sondern voller Selbstironie inszeniert wird.
Unvermittelt kommt der Übertritt in die Luxuswelt der Familie Park, in
welcher der Wert von allem dessen Preis ist. Parasite ist ein
Sozialdrama und eine Tragikomödie. Bong Joon-ho wollte nicht den
Kapitalismus oder die Klassengesellschaft anklagen. Er feiert vielmehr
die ganze Bandbreite von Menschlichkeit und Unmenschlichkeit, die sich
aus sozialen Beziehungen in unserer Zeit ergeben kann. Wenn dieser Film
eine Botschaft hat, dann die, dass der Blitz durchaus zweimal in den
selben Baum einschlagen könnte, wenn dieser nur an einem hinreichend
exponierten Platz steht. Der Titel legt nahe, dass sich  ein Teil der
Protagonisten in parasitärer Weise verhält. Der Plot wird in den meisten
Besprechungen auch so dargestellt, dass sich die arme Familie in die
reiche einschleicht. Tatsächlich ist im Film die reiche Familie ebenso
auf der Suche nach der armen Familie, wie umgekehrt. Natürlich sind die
Suchparameter verschieden. Brechts Wort „Armer Mann und reicher Mann,
standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich ´Wär ich nicht
arm, wärst Du nicht reich`“ ist selten so schön bebildert worden.
Parasite hat soeben Kino-Geschichte geschrieben, weil er der erste nicht
englischsprachige Film ist, der den Oscar für den besten Film erhalten
hat. In der dialektischen Weise, wie die Frage des Parasitentums im Film
gestellt wird, könnte man auch formulieren, dass der Oscar 2020 für den
besten Film der erste ist, den sich ein koreanischer Film genommen hat.
Seit seinem Erscheinen hat er fast vierzig internationale Filmpreise
erhalten. Vielleicht ist es eine positive Auswirkung der Globalisierung,
dass der Kino-Horizont sich für die Kinogänger im Schlagschatten des
Hollywood-Mainstreams langsam erweitert. Aus Korea haben in den
vergangenen Jahren mehrere Filme eine gewisse Relevanz auch in
Deutschland erreicht, erinnert sei hier nur an „Burning“ von Lee
Chang-Dong, der ebenfalls den Gegensatz von Arm und Reich und die damit
verbundenen materiellen Handlungsspielräume auslotet. Parasite läuft
jetzt wieder in vielen Kinos als Wiederholung. Ansehen!

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