DIE LINKE: So nicht!

Kurswechsel dringend nötig, sonst droht Bedeutungslosigkeit

DIE LINKE steckt in der Krise. Einmal mehr zeigt sich, dass innerhalb der Partei, ihrer Fraktionen und Führungsgremien, sich widersprechende programmatische und strategische Ansätze existieren. Das führt dazu, dass eine Gelegenheit nach der anderen verpasst wird und sich die Partei wieder in internen Kämpfen verliert, statt ihr Augenmerk auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren: den Kampf für die Interessen der abhängig Beschäftigten und sozial Benachteiligten. Ohne einen drastischen Kurswechsel droht die Partei ihren Gebrauchswert für die Arbeiter*innenklasse zu verlieren.

Von Sascha Staničić, Sol-Bundessprecher 

In Thüringen hat DIE LINKE den politischen Skandal der Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD nicht genutzt, um ihre gestärkte Position für die Propagierung und Umsetzung einer eindeutigen Politik im Interesse der Arbeiter*innenklasse zu gebrauchen. Stattdessen hat sie sich in parlamentarischer Taktik verloren, mit der CDU kooperiert und dieser durch eine Verschiebung von Neuwahlen in das Jahr 2021 den Arsch gerettet. Dann hat Bodo Ramelow auch noch alle linken Grundsätze über Bord geworfen, als er einen AfD-Kandidaten zum Landtagsvizepräsidenten mitgewählt hat. Damit wurde nicht nur eine Gelegenheit verpasst, deutlich zu machen, wie sozialistische Politik aussehen kann, sondern vor allem der Eindruck erweckt, dass es der LINKEN auch nur um Regierungsposten geht und sie nicht Opposition zum, sondern Teil des bestehenden Systems ist.

Strategiekonferenz

Die Strategiekonferenz am 29.2./1.3. war gut besucht und machte deutlich, dass DIE LINKE lebt. Die Parteiführung hat versucht, die Debatte zum Thema Regierungsbeteiligung auf die Frage zu reduzieren, wie solche aussehen sollen, statt grundsätzlich darüber zu diskutieren, ob die Partei überhaupt in Regierungsbündnisse mit prokapitalistischen Parteien gehen soll. Viele Teilnehmer*innen haben das aber in Frage gestellt und es gab eine lebendige Debatte zum Für und Wider solcher Koalitionen. Das war den Herrschenden und auch der Parteirechten ein Dorn im Auge und einzelne auf der Konferenz getätigten Aussagen wurden instrumentalisiert, um eine Kampagne gegen den Parteivorsitzenden Bernd Riexinger und die Parteilinke zu starten. Dabei wurden Positionen, die für Sozialist*innen selbstverständlich sein sollten, skandalisiert und fand eine Entsolidarisierung mit Genoss*innen statt, die – vielleicht in flapsigen und ungeschickten Worten – sich zum Beispiel dafür aussprachen, dass die Reichen sinnvolle Arbeit verrichten sollten (Parteivorsitzender Bernd Riexinger) oder DIE LINKE ihre parlamentarische Arbeit vor allem zur Unterstützung von Klassenkämpfen und sozialen Bewegungen einsetzen soll (AKL-Bundessprecher Tim Fürup). Letzteres hat viele Genoss*innen besonders verärgert, da sich auch Bundestagsabgeordnete, die dem linken Parteiflügel angehören, von Tim Fürups Aussagen gegenüber dem SPIEGEL distanziert haben, anstatt ihn zu verteidigen und deutlich zu machen, dass es richtig ist, dass parlamentarische Tätigkeit der LINKEN zum Ziel haben muss, gewerkschaftliche Kämpfe und soziale Bewegungen zu unterstützen. 

Reaktion auf die Corona-Krise 

Die Corona-Krise hat eine völlig neue gesellschaftliche Situation entstehen lassen. Millionen abhängig Beschäftigte und kleine Gewerbetreibende sind in ihrer Existenz bedroht. Die Weltwirtschaft droht einzubrechen und die Arbeiter*innenklasse wird dafür die Zeche zahlen, wenn sie keinen Kampf gegen die Politik von Regierung und Kapital aufnimmt. Dass es überhaupt zur aktuellen Situation gekommen ist, ist auch der viel zu späten und unangemessenen Reaktion der Herrschenden auf die Ausbreitung des Virus geschuldet. Dass weiterhin die Profitinteressen der Kapitalisten wichtiger sind, als die Gesundheit der abhängig Beschäftigten zeigt sich darin, dass immer noch Millionen von Menschen jeden Tag in ihre Betriebe fahren und Arbeit verrichten müssen, die nicht zur Aufrechterhaltung der notwendigen Grundversorgung und zum Kampf gegen die Pandemie nötig ist. 

In einer solchen Situation, die zweifellos für die Linke nicht einfach ist, wäre es Aufgabe einer sozialistischen Partei, die Arbeiter*innenklasse aufzuklären und ein antikapitalistisches Notprogramm zu propagieren, das keinen Zweifel daran lässt, dass nicht die Masse der Bevölkerung, sondern die Banken, Konzerne und Superreichen für die Folgen der Krise zahlen sollen. Stattdessen hat der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch seine Unterstützung für Regierungsmaßnahmen erklärt. Die programmatischen Vorschläge des geschäftsführenden Parteivorstands gehen zwar in die richtige Richtung, reichen aber bei weitem nicht aus, weil sie unter anderem darauf verzichten, jetzt offensiv die Forderung nach Rekommunalisierung von Krankenhäusern, eine Sonderabgabe auf Vermögen zur Bewältigung der Corona-Krise oder Verstaatlichungen von Unternehmen und Umstellung der Produktion auf die Herstellung der medizinisch notwendigen Produkte zu fordern – etwas, dass selbst in bürgerlichen Kreisen gerade diskutiert wird. 

Kurswechsel nötig

Eine linke Partei muss auf eine solche alles betreffende gesellschaftliche und ökonomische Krise anders reagieren. Sie muss den Finger in die Wunden der Herrschenden legen, Regierung und Kapital das Misstrauen aussprechen, deutlich machen, dass sie gegen jede einzelne Maßnahme kämpfen wird, die die Lebensverhältnisse der Arbeiter*innenklasse verschlechtern und sie muss radikale Systemkritik äußern und propagieren, dass diese Krise eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft nur noch drängender und notwendiger macht. Wenn DIE LINKE nicht einen Kurswechsel in diese Richtung vollzieht, droht sie auch ein Opfer des Virus zu werden. 

Sascha Staničić ist Mitglied des AKL-Länderrats und Bundessprecher der Sol.